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ZNER 2023, 369
Tigges 
ZNER 2023, Heft 05, Umschlagteil S. 369 (I)

Editorial

Zum Gelingen der Energiewende setzt der Gesetzgeber vor allem auf Strom aus Wind und Sonne. Während der PV-Ausbau nahezu nach Plan zu laufen scheint, zeigen die Daten für die Windenergie ein erschreckend großes Ausbaudefizit, ein Zeichen dafür, dass die Windenergie nach wie vor deutlich größere Akzeptanzprobleme hat. Die vielfältigen Gesetzesinitiativen der letzten zwölf Monate, allen voran der in § 2 EEG geregelte Vorrang des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes und das Windenergieflächenbedarfsgesetz zielen daher – direkt oder indirekt – konsequenterweise auf eine Verbesserung der Situation der Windenergie.

Die ZNER widmet sich dem Thema in dieser Ausgabe mit zwei Aufsätzen. Birkhölzer legt eine erste Rechtsprechungsübersicht zu § 2 EEG vor. Bünte spricht speziell die Konfliktlage zwischen Windenergieausbau und Luftverkehr an. Beide kommen zu dem Schluss, dass gerade § 2 EEG entscheidend neue Impulse gesetzt hat und noch setzen kann.

Deutlich wird bei der ersten Analyse aber auch, dass der Vorrang der Erneuerbaren von einigen Gerichten durchaus zurückhaltender, wenn nicht skeptischer gesehen wird. Birkhölzer zitiert dazu mehrfach die Entscheidungspraxis des OVG Lüneburg und Purwins setzt sich in diesem Heft zusätzlich und – zu Recht – kritisch mit einem aktuellen Beschluss dieses Gerichts auseinander.

Trotz der Verlagerung der erstinstanzlichen Zuständigkeit auf die Obergerichte zeigt die Rechtsprechungsanalyse indes auch, dass bisher erst recht wenige Entscheidungen zum neuen Recht vorliegen und auch diese nur von wenigen Gerichten, allen voran dem OVG Münster, wo es gelang, die Zuständigkeit für Windenergiesachen von vormals einem Senat auf insgesamt drei Senate zu verteilen, darunter ein ausschließlich für Windenergie zuständiger. Bei allem sollte klar sein, dass zu lange Verfahrenslaufzeiten auch die Vollzugspraxis verderben. Je länger eine gerichtliche Korrektur von zu langwierigem oder gar willkürlichem Verwaltungshandeln dauert, umso eher versagen natürlich die eigentlich zur Beschleunigung gedachten verwaltungsprozessualen Instrumente, allen voran die sogenannte Untätigkeitsklage. Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn die nach wie vor zahlreichen Anfechtungsklagen von Nachbarn oder zugelassenen Umweltverbänden nicht schnell genug entschieden werden. Die Forderung der jüngsten VwGO-Novelle, solche Verfahren zu priorisieren, wird uns daher alle noch zu beschäftigen haben. Verfahrenslaufzeiten von deutlich über einem Jahr sind jedenfalls, durchaus auch „im Lichte“ des Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichts, kaum zu akzeptieren.

Last but not least: Der BGH hat sich mit einer erst jetzt bekannt gewordenen Entscheidung aus März zum sehr umstrittenen Thema der Reservierung von Einspeisekapazitäten bei bestehender Anschlusskonkurrenz geäußert. Dem widmet sich Altrock in einer ersten Analyse.

Franz-Josef Tigges

 
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