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NUR 2009, 1
Buchmann/Hirschmann 

Widerrufsrecht bei Energielieferverträgen?

Zur Nichtanwendbarkeit der fernabsatzrechtlichen Widerrufsvorschriften bei homogenen leitungsgebundenen Gütern

von Dr. Felix Buchmann und Matthias Hirschmann

Das Widerrufsrecht für Verbraucher bei Haustür- und Fernabsatzgeschäften ist im Rahmen des Verbraucherschutzes von zentraler Bedeutung. Gleichwohl ist das Widerrufsrecht insbesondere in den liberalisierten Märkten Energie und Telekommunikation bislang nicht näher beleuchtet worden, obwohl gerade solche Verträge mittlerweile häufig im Wege eines Fernabsatzgeschäftes geschlossen werden. Historisch bedingt gilt dies insbesondere für die leitungsgebundene Energie- und Wasserversorgung. Der Beitrag befasst sich mit der Frage, wie bzw. ob überhaupt die Vorschriften über die besonderen Vertriebsformen auf solche Verträge anzuwenden sind.

INHALT

I.

Problemaufriss und Praxisrelevanz

1

1.

Neuerungen in der Energieversorgung

2

2.

Wandel im Recht der Fernabsatzgeschäfte

2

II.

Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften über Energielieferverträge

3

1.

Vorliegen eines Fernabsatzgeschäfts

3

2.

Anwendbarkeit der fernabsatzrechtlichen Bestimmungen auf Energielieferverträge

3

a)

Einordnung von Energielieferverträgen unter der Geltung des EnWG 2005

3

b)

Unanwendbarkeit der fernabsatzrechtlichen Regelungen bei Energielieferverträgen

4

aa)

Schutzzweck des Widerrufsrechts

4

bb)

Keine Schutzzweckerreichung bei homogenen Gütern

4

cc)

Besonderheiten des Versendungskaufs nicht erfüllt

5

dd)

Regelung der Transportkosten

5

ee)

Rechtsfolgen des Widerrufs

5

ff)

Belehrungspflichten

6

c)

Teleologische Reduktion des Warenbegriffs bei homogenen leitungsgebundenen Gütern

6

d)

Zwischenergebnis

6

III.

Eingreifen der Ausnahmeregelungen für Fernabsatzgeschäfte

6

1.

Ausschluss des Fernabsatzrechts

6

2.

Ausschluss des Widerrufsrechts

7

a)

Tatbestandsmerkmal der Rücksendung

7

b)

Tatbestandsmerkmal der Ungeeignetheit und der Beschaffenheit

7

aa)

Wirtschaftliche Betrachtung als Ausgangspunkt

7

bb)

Ungeeignetheit aufgrund des sofortigen Verbrauchs von Strom

7

cc)

Relevanz des Gebrauchs für die Frage nach der Geeignetheit der Rücksendung

7

IV.

Fazit

8

I. Problemaufriss und Praxisrelevanz

Im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes und angesichts der Fülle der am Markt bestehenden neuen Angebote wechseln immer mehr Verbraucher ihren Strom- bzw. Gasanbieter oder schließen mit dem bestehenden Anbieter neue (Sonder-) Kundenverträge ab, um die teureren Grundversorgungstarife1 zu vermeiden. Diese Verträge werden überwiegend im Wege des Fernabsatzes geschlossen und nicht in einem Ladengeschäft. Dies ist historisch bedingt, da es früher für die Vorhaltung einer solchen Infrastruktur für die Anbieter keinen Grund gab. Vor der Liberalisierung des Marktes war jeder Haushalt an das Netz des regionalen Monopolisten angeschlossen und wurde über ihn versorgt. Wettbewerb ist auf dem Energiemarkt erst im Zeitalter der Verbreitung des Internet richtig in Gang gekommen; Strom und Gas können auch in einem Ladengeschäft nicht angesehen oder ausprobiert werden, so dass ein Filialnetz für den Absatz – anders als beispielsweise im Telekommunikationssektor wegen der Endgeräte – weder erforderlich war noch ist. Folge ist, dass Energielieferverträge von Verbrauchern üblicherweise mit den Mitteln des Fernabsatzes2 geschlossen werden.

N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (2)

Bislang ist ungeklärt, wie i.S.v. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB „ordnungsgemäß“ über das Bestehen eines Widerrufsrechts bei Energielieferverträgen zu belehren ist. Da bei einer nicht oder fehlerhaft erfolgten Belehrung über das Widerrufsrecht keine Widerrufsfrist läuft und damit ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht besteht, sehen sich Energieversorgungsunternehmen der erheblichen Rechtsunsicherheit ausgesetzt, ob die abgeschlossenen Verträge tatsächlich für die gesamte Laufzeit Bestand haben. Niedrigere Preise konkurrierender Energieanbieter könnten bei den Verbrauchern die Begehrlichkeit wecken, sich von ihrem bestehenden Versorgungsvertrag zu lösen.

Hinsichtlich der Belehrungspflichten und der verschiedenen Rechtsfolgen unterscheidet das BGB nach der Art der besonderen Vertriebsform und dem Inhalt des Geschäftes. Entscheidend ist danach, ob es sich um ein Fernabsatzgeschäft i. S. d. § 312b Abs. 1 BGB handelt, dem Inhalt nach also um ein entgeltliches Warengeschäft, eine Dienstleistung oder Finanzdienstleistung, oder um ein Geschäft, auf das die Regelungen der §§ 312b ff. BGB keine Anwendung finden.3 Der Gesetzgeber hat damit eine Kategorisierung vorgenommen, die insbesondere bei Verträgen, die sich nicht eindeutig unter dieses Schema fassen lassen, zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann. Mit den rechtlichen Vorgaben für die besondere Vertriebsform des Fernabsatzgeschäftes und dem Energierecht treffen zudem zwei Rechtsmaterien aufeinander, die gegenwärtig beide einem erheblichen Wandel unterliegen.4

1. Neuerungen in der Energieversorgung

Seit der Liberalisierung des Energiemarktes, die in Deutschland in Umsetzung der EG-Elektrizitätsrichtlinie5 durch die Novelle des EnWG 1998 und die erneute Novellierung im Jahr 20056 (EnWG 2005) in Gang gesetzt wurde, hat sich der Rechtsrahmen für die Energieversorgungsunternehmen auf allen Stufen (Erzeugung, Transport, Verteilung) mehrfach erheblich verändert. Auf die Deregulierung des Marktes erfolgte eine Re-Regulierung, da sich insbesondere nach Ansicht der Kommission der Markt nicht so entwickelte, wie es sich der europäische Normgeber vorstellte.7 Dies fand insbesondere in den Beschleunigungsrichtlinien Elektrizität8 und Gas9 Ausdruck, die eine rechtliche Trennung von Energieerzeugung und Transport verlangten.10 Mit dem EnWG 2005 führte der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung dieser Richtlinien die rechtliche Entflechtung („legal unbundling“) ein. Gemäß § 7 EnWG 2005 sind Unternehmen, die mehr als 100 000 Endkunden mit Energie versorgen, spätestens seit dem 1. Juli 2007 verpflichtet, den Netzbetrieb in eine eigene Gesellschaft zu überführen.11 Endkunden schließen nunmehr zwei Verträge ab: einen Versorgungsvertrag mit dem jeweiligen Versorgungsunternehmen und einen Netzanschlussvertrag mit dem lokalen Netzbetreiber.12 Gleichwohl hat die Kommission, ohne auf gesicherte Erkenntnisse über die Auswirkungen der rechtlichen Entflechtung zurückgreifen zu können, bereits im September 2007 einen Vorschlag für ein drittes Richtlinienpaket veröffentlicht.13 Dessen Kern ist die umstrittene eigentumsrechtliche Entflechtung („ownership unbundling“), wonach ein Netzbetreiber zukünftig auch eigentumsrechtlich von der Versorgung bzw. der Erzeugungsstufe getrennt sein muss.14 Wenn dieser Vorschlag in nationales Recht umgesetzt würde, müssten sich die am Markt tätigen Unternehmen entscheiden, ob sie weiter im Bereich der Erzeugung bzw. auf der Verteilungsebene oder auf der Transportebene tätig bleiben. Eine solche eigentumsrechtliche Entflechtung hat es seit den Dekartellierungsgesetzen in Deutschland nicht mehr gegeben.15

2. Wandel im Recht der Fernabsatzgeschäfte

In der Praxis hat sich das vom Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie16 eingeführte Widerrufsrecht als nicht immer gelungen erwiesen. Insbesondere die Widerrufsfristen und die Folgen des Widerrufs sind Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen17 geworden und wurden in der Literatur18 kritisch diskutiert. Zu besonderen Problemen hat auch die vom Verordnungsgeber in Anhang 1 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV zur Verfügung gestellte Musterwiderrufsbelehrung geführt.19 Am 1. April 2008 ist ein neues Muster des Verordnungsgebers in die BGB-InfoV eingeführt worden.20 Gegenwärtig plant der nationale Gesetzgeber eine Änderung der Widerrufsvorschriften; insbesondere soll das Muster Geset¬N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (3)zeskraft erlangen.21 Bereits zuvor hat die Kommission einen Entwurf für eine neue Richtlinie vorgelegt.22

Unklar bleibt allerdings nach wie vor die nationale Rechtslage für Geschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die sich nicht eindeutig als Warengeschäft oder Dienstleistung einordnen lassen und die sonst besonderen Bedingungen, wie z. B. der Leitungsgebundenheit, unterliegen. Dem Wortlaut des § 312b Abs. 1 S. 1 BGB nach liegt ein Fernabsatzvertrag vor, wenn sich der Gegenstand der Vereinbarung auf die Lieferung von Waren oder die Erbringung einer Dienstleistung richtet, wenn der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung eines Fernkommunikationsmittels abgeschlossen wurde und wenn keiner der jeweiligen Ausschlusstatbestände erfüllt ist.23

II. Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften über Energielieferverträge

1. Vorliegen eines Fernabsatzgeschäfts

Tatbestandsmäßige Voraussetzung für ein Widerrufsrecht ist zunächst, dass ein Fernabsatzgeschäft vorliegt. Fernabsatzverträge sind in § 312b Abs. 1 und 2 BGB geregelt.24 Umfasst sind Geschäfte zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, der Vertragsschluss erfolgt nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems. Fernkommunikationsmittel sind nach Absatz 2 solche Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können. Beispielhaft aufgezählt werden Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste. Schutzzweck der Norm ist es, den Verbraucher vor längerfristig bindenden Entscheidungen zu bewahren, die er möglicherweise aufgrund mangelnder Information bezüglich der Ware oder des Verkäufers trifft.25 Dem Verbraucher soll daher die Möglichkeit eröffnet werden, die Ware selbst in Augenschein zu nehmen und dann noch einmal seine Entscheidung zu überdenken.26 Die §§ 312b ff. BGB dienen damit insbesondere dem Ausgleich eines technisch-strukturellen Informationsdefizits27 des Verbrauchers gegenüber dem Verkäufer.

2. Anwendbarkeit der fernabsatzrechtlichen Bestimmungen auf Energielieferverträge

Die Regelungen zum Widerruf und die Belehrung darüber unterliegen unterschiedlichen Bedingungen, je nachdem, um welche besondere Vertriebsform und um welche vertragliche Leistung es sich handelt und wie diese Leistung rechtssystematisch einzuordnen ist. Entscheidende Bedeutung für die Anwendbarkeit der genannten Regelungen kommt daher der rechtlichen Einordnung der Energielieferverträge nach dem Inkrafttreten des EnWG 2005 und der damit verbundenen rechtlichen Entflechtung in § 7 EnWG 2005 zu.

a) Einordnung von Energielieferverträgen unter der Geltung des EnWG 2005

In Rechtsprechung und Literatur wurden zur alten Rechtslage verschiedene Ansätze diskutiert, wie ein Energieliefervertrag rechtlich einzuordnen ist: Unstreitig ist, dass es sich um einen zivilrechtlichen Vertrag handelt, bei dem die Lieferung der Energie durch den Versorger und deren Bezahlung durch den Kunden im synallagmatischen Verhältnis stehen.28 Die herrschende Lehre29 und der BGH30 befürworteten die Einordnung als Kaufvertrag oder ziehen die hierauf bezogenen Regelungen des BGB jedenfalls entsprechend31 heran. Die Gegenansicht32 nahm hingegen einen Vertrag sui generis an. Auch die Qualifizierung als Dienstleistungsvertrag war unter der alten Rechtslage nicht völlig fernliegend, da auch der Netzanschluss Teil des Energieliefervertrages war.

Nach der neuen Rechtslage umfasst der Energieliefervertrag aufgrund der rechtlichen Entflechtung ausschließlich die Lieferung von Energie; § 453 BGB bestätigt, dass das Kaufrecht entsprechende Anwendung finden soll.33 Ein Energieliefervertrag umfasst ganz überwiegend die Lieferung von Energie gegen Entgelt und damit Kaufvertragselemente. Dienstvertragliche Elemente treten dabei zwar möglicherweise hinzu, spielen jedoch nach der rechtlichen Entflechtung keine erhebliche Rolle mehr. Zu denken wäre nach geltender Rechtslage beispielsweise noch an die Vermittlung des Netzanschlussvertrages. Dies ist jedoch keine Kernleistung des Vertrages und daher auch nicht geeignet, die Rechtsnatur des Energieliefervertrages zu beeinflussen. Eher ließe sich ein Dienstvertragselement mit der Bereitstellung von Energie für den Verbraucher im Leitungsnetz begründen, und damit das Vorhalten von Energie, die der Kunde nach Belieben abrufen kann oder eben auch nicht. So ließe sich jedenfalls vertreten, dass auch in dem Zeitpunkt, in dem der Verbraucher keine Energie aus dem Netz entnimmt, eine entgeltliche Leistung seitens des Versorgungsunternehmens vorliegt.34 Stellt man jedoch auf den Schwerpunkt der einheitlich angebotenen Leistung des Energieversorgungsunternehmens ab,35 so liegt dieser nicht in der Vorhal¬N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (4)tung, sondern in der Lieferung der Energie. Das Rechtsverhältnis ist auch nicht dahingehend teilbar, dass das Bereitstellen gegenüber der Lieferung als rechtlich selbständiger Teil betrachtet werden könnte, der damit auch anderen Widerrufsregeln folgen könnte. Die für Unternehmer vorteilhafteren Widerrufsregeln für Dienstleistungen (z. B. § 312d Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 BGB)36 finden daher auf Energielieferverträge keine Anwendung.

Für die Anwendbarkeit der Widerrufsregelungen müsste es sich bei einem Energieliefervertrag weiter um einen Vertrag über die Lieferung von Waren handeln. Waren sind zunächst alle beweglichen körperlichen Gegenstände.37 Unter diese Definition lassen sich Gas und Strom nicht unmittelbar fassen. Gleichwohl nimmt der BGH38 in ständiger Rechtsprechung an, dass Strom eine Ware i. S. d. Gesetzes ist. Die Regelungen zum Widerrufsrecht zeigen, dass diese Einordnung erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, die sowohl der nationale Gesetzgeber wie auch der europäische Normgeber vermutlich übersehen haben. Die Kommission hat in ihrem aktuellen Entwurf39 für die Vereinheitlichung des Fernabsatzrechts in der Gemeinschaft auf diese Problematik reagiert und Strom, Gas und Wasser aus der Begriffsdefinition der Ware ausdrücklich herausgenommen (Art. 4 Abs. 2 des Richtlinienentwurfs). Gegenwärtig handelt es sich jedoch in Deutschland bei Energielieferverträgen weiterhin um Warenverkäufe, auf die ihrem Wortlaut nach die widerrufsrechtlichen Regelungen zunächst Anwendung finden würden.

b) Unanwendbarkeit der fernabsatzrechtlichen Regelungen bei Energielieferverträgen

aa) Schutzzweck des Widerrufsrechts

Dem europäischen Normgeber lag daran, den Verbraucher davor zu schützen, dass er an Verträge über Waren gebunden ist, ohne diese vorher gesehen zu haben und ohne dass er die Ware vorher hätte prüfen können, wie ihm dies in einem Ladengeschäft möglich gewesen wäre. Aus diesem Grund muss der Verbraucher vor Vertragsschluss ausführlich über die Ware wie auch über die Person des Verkäufers informiert werden.40 Nachdem der Käufer Gelegenheit hatte, die Ware zu prüfen, steht ihm ein Widerrufsrecht zu.41 Das Prüfungsrecht bezieht sich damit ausschließlich auf die Ware selbst. Zwar ist es zutreffend, dass die Person des Verkäufers dem Verbraucher bei Distanzgeschäften mit Vertragsschluss nicht persönlich bekannt ist;42 dabei wird es jedoch auch dann bleiben, wenn der Verbraucher die Ware erhalten und geprüft hat. Die Unsicherheit, die hinsichtlich des Verkäufers bestehen mag, bezieht sich also insbesondere auf dessen Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit sowie auf die Güte der Ware. Weder aus der Fernabsatzrichtlinie noch aus dem BGB lässt sich entnehmen, dass die Person des Verkäufers mit dem Widerrufsrecht oder dem Prüfungsrecht unmittelbar in Verbindung steht, wenn ordnungsgemäß geleistet wurde.

Ein Übereilungsschutz ist nicht primärer Sinn und Zweck des Widerrufsrechts, sondern vielmehr insbesondere bei Haustürgeschäften relevant, da es dort zu einer „Überrumpelungssituation“43 kommen kann und der Verbraucher sich ggf. schnell entscheiden muss, ohne die Möglichkeit zu haben, sich den Kauf zu überlegen und die angebotene Ware mit anderen Angeboten vergleichen zu können.44

bb) Keine Schutzzweckerreichung bei homogenen Gütern

Bei homogenen Gütern, wie z. B. Strom45 und Gas46 als auch bei Trinkwasser47, geht dieser Schutzzweck fehl. Art, Güte und Qualität sind für den Verbraucher weder ein Kaufgrund noch ein Umstand, der ihn zum Kauf dieser Güter bewegt oder ihn davon abhalten könnte. Vielmehr handelt es sich um standardisierte Güter des täglichen Gebrauchs, deren Vorhandensein der Verbraucher in seiner Wohnung oder seinem Haus als zwingend erforderlich voraussetzt und deren Eigenschaften ihm bekannt sind. Der Verbraucher hat auch keinen Einfluss darauf, ob er ein anderes als das ihm zur Verfügung gestellte Produkt erhalten kann. Bestellt beispielsweise ein besonders umweltbewusster Verbraucher Ökostrom bei einem Anbieter, so liegt an seinen Steckdosen nicht ausschließlich Ökostrom, sondern ein Energiemix an, der sich aus allen Energieerzeugungsarten, die in sein Netz eingespeist werden, zusammensetzt.48 Für die Versorgung mit Energie spielt daher auch der Anbieter zunächst keine Rolle, da die Auswahl des Anbieters an der letztendlich verbrauchten Energie nichts ändert; hierbei handelt es sich um einen rein übergeordneten ideologischen Zweck.49 Sollte der „grüne“ Energielieferant entgegen seinen Behauptungen weniger erneuerbare Energie in das Netz einspeisen, als er insgesamt tatsächlich verkauft, so kann sich der Verbraucher in diesem Fall vom Vertrag lösen.50 Zwar wird die Hauptleistung erbracht – auf deren Güte hat der Lieferant keinen Einfluss –, aber anders als dies zwischen den Parteien vereinbart war. Die Herkunft der Energie aber hätte der Kunde weder bei sich zu Hause noch im Ladengeschäft überprüfen können.

Einziges relevantes Differenzierungsmerkmal bei der leitungsgebundenen Energie ist mithin der Preis. Weder in der Fernabsatzrichtlinie noch im BGB wird allerdings darauf verwiesen, dass der Verbraucher die Möglichkeit haben soll, den Vertrag wegen des vertraglich vereinbarten Preises zu widerrufen. Wurde entsprechend den Vorschriften der PAngV über den Energiepreis belehrt, so besteht dafür auch kein Grund. Im Gegenteil: Ein Verbraucher hat beispielsweise im Internet viel N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (5)bessere Möglichkeiten, den Preis zu vergleichen und ihn sich wiederholt anzusehen, als in einem Ladengeschäft. Es besteht auch kein ersichtlicher Grund, warum einem Verbraucher bei einem Fernabsatzgeschäft ein Widerrufsrecht wegen des Preises eingeräumt werden sollte. Ein solches Recht hätte er im Ladengeschäft auch nicht und die fernabsatzrechtlichen Regelungen sollen den Verbraucher nicht besser, sondern nur genauso stellen, als ob er die Ware im Ladengeschäft gekauft hätte. Festzuhalten bleibt damit, dass Sinn und Zweck des Widerrufsrechts bei homogenen Gütern nicht erreicht werden können.

cc) Besonderheiten des Versendungskaufs nicht erfüllt

Distanzgeschäfte sind darüber hinaus insofern von besonderer Art, als sich die Ware in der Regel beim Unternehmer befindet und an den Verbraucher erst versendet werden muss. Dies spiegelt sich insbesondere in der Regelung zur Rücksendung der Ware in § 357 Abs. 2 BGB wider.51 In aller Regel sind Strom und Gas aber schon vorhanden, wenn ein Verbraucher einen neuen Vertrag mit einem Energielieferanten schließt. Dies hängt unmittelbar mit der Regelung der Ersatzversorgung in § 38 EnWG zusammen. Ist (noch) kein Energieliefervertrag geschlossen, so wird trotzdem regelmäßig beispielsweise an den Steckdosen Strom liegen, da das Grundversorgungsunternehmen zur Lieferung verpflichtet ist.52 Das Gesetz spricht jedoch von „Rücksendung“, so dass im Prinzip auf die Veranlassung des Verbrauchers (Abschluss eines Kaufvertrages) auch eine „Hinsendung“ erfolgen müsste. Diese geschieht jedoch grundsätzlich ohne sein Zutun bereits zuvor, so dass der Verbraucher schon vor Abschluss des Energieliefervertrages die Ware Energie in seinen eigenen vier Wänden prüfen könnte. Die Wortwahl der Richtlinie und des BGB zeigt aber auch, dass der vom Norm- bzw. Gesetzgeber vorgesehene Fall des Distanzgeschäfts leitungsgebundene Ware, die regelmäßig bereits verfügbar ist, nicht umfassen sollte.

dd) Regelung der Transportkosten

§ 357 Abs. 2 BGB regelt die Transportkosten für den Fall der Ausübung des Widerrufsrechts. Die Hinsendekosten sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, so dass diese nach den allgemeinen nationalen Bestimmungen, § 312d Abs. 1 S. 2, § 357 Abs. 1 S. 1, § 346 BGB grundsätzlich vom Verbraucher zu tragen sind.53 Fraglich ist allerdings, ob nicht die Regelungen in Art. 6 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 der Fernabsatzrichtlinie einer solchen nationalen Regelung entgegenstehen.54 Diese Frage hat der BGH55 dem EuGH gemäß Art. 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt. Strom wird aber nicht versandt, sondern durchgeleitet. Es müsste also darüber nachgedacht werden, ob die Netzentgelte für jede bis zum Widerruf entnommene Kilowattstunde als Hinsendekosten anzusehen wären. Sollte tatsächlich der Unternehmer verpflichtet sein, diese Hinsendekosten zu tragen,56 so würde sich daraus ergeben, dass er die Netznutzungsentgelte im Falle des Widerrufs zu tragen hätte und der Verbraucher für diese Zeit den Strom entsprechend billiger erhalten hat.57 Unterstellt, der Unternehmer hat über ein etwaiges Widerrufsrecht nicht zutreffend belehrt und der Kunde widerruft seinen Liefervertrag erst nach vielen Jahren, kann dies eine erhebliche Summe sein. Anders als bei einem „normalen“ Warenkauf im Wege eines Distanzgeschäfts, bei dem die Versandkosten für den Unternehmer einmal anfallen und damit kalkulierbar sind, ist bei der dauerhaften Belieferung eines Verbrauchers mit Strom dem Unternehmer eine Einflussnahme auf die entstehenden Netznutzungskosten, die pro verbrauchte Kilowattstunde entstehen, nicht möglich.

Rücksendekosten hingegen, die das Gesetz ausdrücklich normiert, können bei Energielieferverträgen niemals anfallen. Da die Spannung bzw. der Gasdruck im Haus des Verbrauchers anliegt und weiter anliegen bleibt, wenn er seinen Energielieferanten wechselt, muss einerseits nichts zurückgesandt werden, andererseits müsste der Verbraucher nur das zurücksenden, was er erhalten hat, also die entnommene Energie. Diese ist jedoch in der Regel vollständig mit der Entnahme verbraucht, so dass eine Rücksendung nicht in Betracht kommt.

Wiederum zeigt sich, dass das vom Gesetzgeber entworfene System des Widerrufs leitungsgebundene homogene Güter nicht berücksichtigt hat und auf diese Art von Waren auch nicht passt.

ee) Rechtsfolgen des Widerrufs

Auch die Rechtsfolgen für ein widerrufenes Fernabsatzgeschäft könnten zu praxisfernen Ergebnissen führen. Gemäß § 357 Abs. 1 S. 1 BGB finden die Regelungen des Rücktritts auf das Widerrufsrecht Anwendung. Da die entnommene Energie nicht rückgabefähig ist, wären die Vorschriften zum Wert- und Nutzungsersatz heranzuziehen. Problematisch in diesem Zusammenhang ist die Frage der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme. Abweichend von § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Hs. 2 BGB regelt § 357 Abs. 3 S. 1 BGB, dass der Verbraucher auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung Wertersatz zu leisten hat, wenn er auf eine Möglichkeit hingewiesen wurde, sie zu vermeiden. Bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen wird Energie mit ihrer Nutzung, z. B. mit dem Einschalten von Licht. Das Brennenlassen der Lampe kann aber vom Vorgang des Einschaltens rechtlich und (ablese-) technisch kaum getrennt werden, so dass wohl auch das Brennenlassen und damit der Verbrauch immer „neu nachfließender“ Energie als bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme qualifiziert werden müsste. Es ist nicht ersichtlich, wie diese bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme vermieden werden kann, wenn die Ware i. S. d. Schutzzwecks der fernabsatzrechtlichen Vorschriften doch vom Verbraucher geprüft werden können soll.58 Anders als bei einem Kraftfahrzeug oder bei Kleidung ist mit der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme auch gleichzeitig der vollständige Verbrauch verbunden, so dass kein Restwert übrig bleibt. Die Belehrung über eine Möglichkeit der Vermeidung könnte nur dahingehend lauten, den Strom nicht zu verbrauchen. Damit würde aber gleichzeitig die Möglichkeit des Testens – und darum geht es beim Fernabsatzrecht – unterbunden und der Sinn des Widerrufsrechts konterkariert. Die Formulierung der vom Verordnungsgeber erstellten Musterwiderrufsbelehrung im Anhang zu § 14 BGB-InfoV ist für den vorliegenden Fall jedenfalls ungeeignet. Es ist nicht möglich, alles zu unterlassen, was N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (6)den Wert von Strom beeinträchtigt, ohne ihn nicht gleichzeitig zu verwenden.

Die Folgen einer solchen eventuell unterlassenen Belehrung wären verheerend. Der Vertrag wäre widerrufbar, ohne dass der Verbraucher auch nur einen Cent zu bezahlen hätte. Diese mögliche Rechtsfolge ist vom Gesetzgeber nicht gewollt und zeigt, dass auch diese Vorschrift nicht auf Energielieferverträge mit leitungsgebundener Energie passt.

ff) Belehrungspflichten

Die fernabsatzrechtlichen Vorschriften verpflichten den Unternehmer, den Verbraucher bereits vor Vertragsschluss umfassend über das ihm zustehende Widerrufsrecht und die sich daraus ergebenden Folgen zu belehren.59 Beim Abschluss eines Sonderkundentarifs bereitet dies nur die üblichen Probleme.60 Da Energie jedoch dem allgemeinen wirtschaftlichen Interesse und als Lebensgrundlage für die Menschen dient und daher eine übergeordnete Bedeutung hat,61 sind die Grundversorgungsunternehmen gemäß § 38 EnWG 2005 gesetzlich verpflichtet, auch dann Energie zu liefern, wenn dies individuell mit dem Verbraucher nicht vereinbart worden ist. Daher besteht für die Unternehmen ein Kontrahierungszwang.62 Der Vertrag kommt zu den Allgemeinen Bedingungen und Preisen zustande, die der Energieversorger veröffentlichen muss. Spezifische energierechtliche Probleme wirft damit die Frage auf, wie ein Energieversorgungsunternehmen in einem solchen Fall seinen Belehrungspflichten nachkommen soll. Da das Unternehmen zu Beginn der Entnahme der Energie nicht zwangsläufig wissen muss, wer (Ersatzversorgungs-) Vertragspartner geworden ist, ist eine Belehrung nicht möglich.

c) Teleologische Reduktion des Warenbegriffs bei homogenen leitungsgebundenen Gütern

Die vorstehenden Überlegungen zeigen in ihrer Gesamtheit, dass die Anwendung der Widerrufsregelungen im BGB auf Lieferverträge über leitungsgebundene homogene Güter wie Energie nicht sinnvoll möglich ist. Zahlreiche Normen müssten im Lichte des Energiewirtschaftsrechts anders ausgelegt werden oder könnten überhaupt nicht angewandt werden, wenn das Bestehen eines Widerrufsrechts angenommen werden soll. Die Besonderheit besteht insbesondere darin, dass der Verbraucher im Falle des Widerrufs zunächst im Wege der Ersatzversorgung vom Grundversorgungsunternehmen weiter mit Energie beliefert wird und er damit das widerrufene Produkt fortwährend erhält. Der Verbraucher wird darüber hinaus auch das Produkt in der Regel nicht abbestellen, weil er auf die Belieferung mit Energie nicht wird verzichten können, und er wird sich daher eine identische Leistung bei einem anderen Anbieter besorgen. Einziger relevanter Unterschied wird der Preis sein.63 Das Widerrufsrecht dient aber gerade nicht dazu, sich vom Vertrag lösen zu können, nur weil der Preis dem Verbraucher nicht zusagt, denn diesen kannte er vor dem Kauf genau, so dass der Schutzzweck insoweit nicht einschlägig ist. Die Prüfung der Ware hingegen kommt bei homogenen leitungsgebundenen Gütern nicht in Betracht.

Entscheidend ist die Differenzierung zwischen leitungsgebundenen homogenen Gütern, wie insbesondere Strom, Gas und Wasser, die durch ein Leitungsnetz zum Verbraucher transportiert werden, und Waren, die typischerweise auf dem Versandweg mittels eines Transporteurs verschickt werden können. Die widerrufsrechtlichen Vorschriften sind für letztere entworfen worden. Die Begründungen für die Fernabsatzrichtlinie und die entsprechenden Vorschriften im BGB64 zeigen, dass weder der europäische Normgeber noch der nationale Gesetzgeber dieses Problem gesehen und es daher auch keiner Lösung zugeführt haben.

Die Anwendung des Widerrufsrechts würde damit für evident unterschiedliche Sachverhalte eine identische Rechtsfolge herbeiführen. Es ist aber sachgerecht, Ungleiches ungleich zu behandeln, insbesondere wenn der zu beurteilende Fall vom Gesetzgeber überhaupt nicht berücksichtigt wurde, womit zur Schließung dieser „verdeckten Lücke“65 der Weg zu einer teleologischen Reduktion eröffnet ist.66 Nach dem Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist der Begriff der Ware in § 312b Abs. 1 S. 1 BGB dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass er solche homogenen Güter nicht umfasst, die Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse67 darstellen und leitungsgebunden sind, sofern deren Einbeziehung ansonsten ein Widerrufsrecht zur Folge hätte.

d) Zwischenergebnis

Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass Energielieferverträge nicht nach den §§ 312b, 355 BGB widerrufen werden können. Sinn und Zweck des Widerrufsrechts umfassen diese Verträge nicht. Die übrigen Belehrungspflichten, die sich nicht unmittelbar auf ein Widerrufsrecht beziehen, müssen hingegen nicht eingeschränkt werden und können bestehen bleiben. So sind insbesondere die Informationspflichten gemäß § 312c BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BGB-InfoV weiter zu beachten, wonach auch über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts belehrt werden muss.68 Es besteht kein Grund, diese Pflichten des Unternehmers einzuschränken.

III. Eingreifen der Ausnahmeregelungen für Fernabsatzgeschäfte

Folgt man dieser Ansicht nicht, sondern eröffnet die Anwendung der fernabsatzrechtlichen Regelungen grundsätzlich, so ist fraglich, ob bei Energielieferverträgen aus anderem Grund ein Ausschluss des Widerrufsrechts in Betracht kommt.

1. Ausschluss des Fernabsatzrechts

Denkbar wäre, den Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312b Abs. 3 BGB einzuordnen. Folge wäre jedoch, dass alle Vorschriften des Fernabsatzrechts dann auf solche Verträge keine Anwendung finden würden.69 Eine solch weitgehende Lösung aber ist nicht erforderlich und auch nicht zweckgerecht; vielmehr bedarf es für eine sachgerechte Anwendung der Vorschriften über die besonderen Vertriebsformen lediglich eines Ausschlusses des Widerrufsrechts. Dies kann hier aber dahinstehen, da ein Energieliefervertrag unter keinen der in Absatz 3 genannten Ausnahmefälle subsumiert werden kann.

N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (7)

2. Ausschluss des Widerrufsrechts

Energielieferverträge könnten aber unter eine der Ausnahmeregelungen in § 312d Abs. 4 BGB gefasst werden, die für diese Verträge ausdrücklich nur das Widerrufsrecht ausnehmen und damit die Belehrungspflichten unangetastet lassen. In Betracht käme dort § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB über die „Lieferung von Waren, … die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind“. Zu untersuchen ist, ob diese Ausnahmeregelung, die auf den ersten Blick die vorliegende Konstellation zu erfassen scheint, tatsächlich geeignet ist, auch für Energielieferverträge den Ausschluss eines Widerrufsrechts zu begründen. Bei der Interpretation dieses Tatbestands muss allerdings stets berücksichtigt werden, dass er als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist; alles andere würde den Gedanken des Verbraucherschutzes, welcher einen hohen Stellenwert70 in der Systematik des BGB einnimmt, einschränken.71

a) Tatbestandsmerkmal der Rücksendung

Schon das Tatbestandsmerkmal der Rücksendung zeigt, dass der Ausnahmetatbestand auf leitungsgebundene Güter wie Strom, Gas oder Wasser nicht ohne juristische Spitzfindigkeiten angewandt werden kann. Strom beispielsweise liegt an den Steckdosen beim Verbraucher an und wird weder „hingesendet“ noch „zurückgesendet“, sondern durchgeleitet. Wenn ein Tatbestand jedoch an die Rücksendung anknüpft, so setzt er begrifflich damit auch eine Hinsendung voraus. Nur eine Ware, die hingesendet werden kann, kann auch zurückgesendet werden.72 Somit erscheint Strom schon mangels seiner „Sendefähigkeit“ nicht unter den Wortlaut des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB, der auf die Eignung zur Rücksendung abstellt, subsumierbar.

b) Tatbestandsmerkmal der Ungeeignetheit und der Beschaffenheit

Auch unter das Tatbestandsmerkmal der Ungeeignetheit zur Rücksendung kann ein Stromlieferungsvertrag nur bedingt subsumiert werden.

aa) Wirtschaftliche Betrachtung als Ausgangspunkt

Für die Frage, ob eine zur Rücksendung geeignete Beschaffenheit vorliegt, ist in diesem Zusammenhang zunächst klarzustellen, dass § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB nicht die Beschaffenheit i. S. d. versandtechnischen Eigenschaft der zurückzusendenden Ware bezeichnet, sondern die Norm vielmehr dazu Anlass gibt zu überprüfen, ob eine Rücksendung der Ware dem Unternehmer zugemutet werden kann.73 Es geht folglich nicht um die technische Frage der physischen Beschaffenheit der Ware, sondern um eine wirtschaftlich-rechtliche Fragestellung.74

bb) Ungeeignetheit aufgrund des sofortigen Verbrauchs von Strom

So könnte man etwa argumentieren, dass aus der Tatsache, dass Strom unmittelbar verbraucht wird, der Schluss zu ziehen ist, dass Strom nicht zur Rücksendung geeignet ist. Das ist jedoch nicht Inhalt dieses Tatbestandsmerkmals. Es ist evident, dass verbrauchte Ware nicht zur Rücksendung geeignet ist; dies bedarf keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung oder gar eines Ausnahmetatbestandes.

Die Gründe der Ungeeignetheit liegen nicht in der Ware selbst,75 sondern in der Art und Weise ihrer Verwendung durch den Verbraucher und der sich daran knüpfenden (wertmindernden) Folgen. So schließt nicht der Verbrauch der Ware das Widerrufsrecht aus, sondern der Gebrauch der Ware mit der Folge der Wertminderung und damit ggf. der Unzumutbarkeit des Rücknahmeverlangens für den Unternehmer. Hat der Verbraucher hingegen den Wert der Ware aufgebraucht und ist ihm deshalb die Rücksendung der Ware nicht möglich, so hat er für diese ihm zur Last fallende Unmöglichkeit Wertersatz gemäß den § 357 Abs. 1 S. 1, § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB zu leisten. Sein Widerrufsbegehren ist für den Unternehmer nicht nachteilig, da dieser die vereinbarte Gegenleistung in vollem Umfang erhält, vgl. § 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BGB.76 Schützenswerte Verbraucherinteressen stehen dem nicht entgegen. Der Verbraucher hat den Gegenwert seinem Vermögen einverleibt. Daher wird der Verbraucher für den Fall eines vollständigen Verbrauchs einer Sache von seinem ihm zustehenden Widerrufsrecht regelmäßig keinen Gebrauch machen.77

Würde der Verbrauch als Ausschlussgrund angesehen, so müsste in der Folge überlegt werden, was zu geschehen hat, wenn der Verbraucher einen Teil der erhaltenen (zählbaren) Ware verbraucht hat. Unklar wäre, ob nun das Widerrufsrecht für die gesamte Lieferung oder das Widerrufsrecht nur für den schon verbrauchten Teil ausgeschlossen ist. Eine Verallgemeinerung der Vorstellung, der Verbrauch einer Ware führe zum Ausschluss des Widerrufsrechts, würde zu komplizierten Abgrenzungsschwierigkeiten führen.78 Zu bedenken ist auch, dass das Widerrufsrecht nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden soll und die schützenswerten Verbraucherinteressen stets als notwendiges Korrektiv79 für eine Erweiterung dieser Ausschlussgründe berücksichtigt werden müssen.80 Systematisch würde mit einer solchen Sichtweise der Fall des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB herbeigeführt, der das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen dann für erloschen erklärt, wenn mit der Dienstleistung unter Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen wurde bzw. der Verbraucher diese selbst veranlasst hat. Damit würde auch die Grenze zwischen Dienstleistung und Warenlieferung verwischt.

cc) Relevanz des Gebrauchs für die Frage nach der Geeignetheit der Rücksendung

Zu berücksichtigen ist folglich, ob Strom und Gas in diesem Sinne gebraucht werden können und ob der Ausschluss eines Widerrufsrechts erforderlich ist, um die wohlverstandenen Interessen des Unternehmers vor unverhältnismäßigen Be¬N&R 2009, Heft 01, Beilage S. 1 (8)lastungen zu schützen.81 Bei Energie ist dies schwerlich möglich; vielmehr fallen hier Gebrauch und Verbrauch regelmäßig mit der Folge zusammen, dass der Unternehmer seine vertraglich vereinbarte Gegenleistung erhält, ob mit oder ohne Ausübung des Widerrufsrechts.

Zu bedenken ist bei Versorgungsverträgen mit Energie weiter, dass es sich um Sukzessivlieferverträge handelt82 und damit immer um eine wiederkehrende teilbare Leistung. Anders als bei Produkten, die versendet und daher typischerweise verpackt werden können, eröffnen Energielieferverträge eine bedeutend bessere Möglichkeit, die erbrachte Leistung zu teilen. Im Lichte des Verbraucherschutzes wäre es daher teleologisch sinnvoll, statt des Ausschlusses des Widerrufsrechts und der damit verbundenen erheblichen Beschränkung der Verbraucher in ihren Rechten ein Widerrufsrecht zuzulassen, dessen Rechtsfolgen jedoch nicht auf eine Rückabwicklung des Vertrages nach den § 357 Abs. 1, § 346 BGB gerichtet sind, sondern das erst – ähnlich einer Kündigung – ab dem Zeitpunkt der Widerrufserklärung für die Zukunft Wirkung entfaltet.83 Im Sinne des Verbraucherschutzes bliebe damit dem Verbraucher das Recht zum Widerruf erhalten; der Unternehmer seinerseits muss keine ungebührlichen nachteiligen Folgen erleiden. Damit wären die Interessen beider Parteien hinreichend berücksichtigt.

IV. Fazit

Die Frage, ob Fernabsatzverträge über leitungsgebundene homogene Güter widerrufen werden können, ist bislang weder auf europäischer noch auf deutscher Ebene durch eine Normierung beantwortet worden. Bis zu einer entsprechenden Regelung im nationalen Recht ist es sachgerecht, den Warenbegriff dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass ein Widerrufsrecht für Energielieferverträge nicht besteht. Die vorhandenen Widerrufsregelungen sind für diese Güter nicht geeignet, da sie die Besonderheiten homogener leitungsgebundener Güter nicht berücksichtigen und auch in der gegenwärtigen Fassung nicht berücksichtigen können. Das dem Widerrufsrecht zugrundeliegende Prüfungsrecht der Ware ist bei einem homogenen Gut nicht sinnvoll. Auch die grundsätzliche Konzeption des Versandes und das Erfordernis des Rückversandes passen aufgrund der Leitungsgebundenheit bei Energie nicht.

Während die Fernabsatzrichtlinie von 1997 noch aus der Zeit vor der Liberalisierung und der Entwicklung eines Wettbewerbsmarktes im Energiesektor stammt, nimmt der aktuelle Richtlinienentwurf der Kommission, der die Harmonisierung der Verbraucherrechte in der Gemeinschaft zum Ziel hat, die leitungsgebundenen Güter Strom, Gas und Wasser ausdrücklich aus dem Warenbegriff aus.

Vertritt man hingegen eine grundsätzliche Anwendbarkeit der fernabsatzrechtlichen Widerrufsvorschriften, so ist der Ausschluss des Widerrufsrechts über den Ausnahmetatbestand des § 312d Abs. 4 Nr. 1 Alt. 3 BGB nicht möglich. Dieser Ausnahmetatbestand ist im Lichte des Verbraucherschutzes eng auszulegen und umfasst die hier behandelte Situation nicht. Vielmehr regelt er die besondere Konstellation, dass die Ware vom Verbraucher gebraucht wird, in ihrer Substanz auch weiterhin vorliegt, es jedoch für den Unternehmer trotz der Wertersatzvorschriften wirtschaftlich unzumutbar wäre, die Sache zurückzunehmen. Dass hingegen eine verbrauchte Sache nicht zurückgesandt werden kann, ist selbstverständlich und wird von dem Ausnahmetatbestand nicht erfasst.

Die vorstehenden Erwägungen vermögen das komplexe Verhältnis von Energie- und Widerrufsrecht nur anzureißen. Energielieferverträge sind Massenverträge und es ist zu erwarten, dass die hier behandelte Problematik zunehmend an praktischer Bedeutung gewinnen wird. Der nationale Gesetzgeber hat erst jüngst den Entwurf für eine Änderung des BGB im Bereich des Fernabsatzrechts vorgelegt. Es wäre wünschenswert, wenn in diesem Zuge i. S. d. Rechtssicherheit eine ausdrückliche Regelung für leitungsgebundene homogene Güter in das BGB eingeführt würde. In Betracht käme z. B. ein neuer § 312d Abs. 4 Nr. 7: „die die Lieferung von leitungsgebundenem Strom, Gas oder Wasser zum Gegenstand haben“.

Abbildung 2

Matthias Hirschmann, LL. M. (L. S. E.) ist Partner im Hamburger Büro von Lovells LLP und Mitglied der Praxisgruppe Corporate/Energy Power Utilities & Infrastructure. Er verfügt über eine langjährige Branchenkenntnis in der Energieindustrie (insbesondere im Öl- und Gassektor) und ist auf alle sektorspezifischen Fragestellungen der Energiebranche in Verbindung mit nationalen oder internationalen Zusammenschluss- und Erwerbstransaktionen („Mergers & Acquisitions“, M&A), Übernahmen, Gemeinschaftsunternehmen („Joint Ventures“) sowie dem allgemeinen Energierecht und regulatorischen Fragen spezialisiert. Er verfügt über umfassende Erfahrung bei der Beratung von Energieliefer- und Energietransportverträgen sowie bei allen regulatorischen Aspekten der unternehmerischen Selbstverpflichtung („Compliance“).

Abbildung 3

Dr. Felix Buchmann studierte in Tübingen und Genf sowie an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer. Seit 2005 Rechtsanwalt. 2006/2007 Mitarbeiter am Institut für Energierecht zu Köln. Promotion zu einem energie- und wettbewerbsrechtlichen Thema bei Prof. Dr. Ehricke, LL. M., M. A. Seit 2007 im Hamburger Büro der internationalen Sozietät Lovells LLP und Mitglied der Praxisgruppe Corporate/Energy Power Utilities & Infrastructure. Seine energierechtlichen Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in der Beratung der Entwicklung von Kraftwerksprojekten.

1

Das Energieversorgungsunternehmen, das die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet versorgt, ist nach § 36 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 EnWG i.V. m. der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) bzw. der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) zur Grundversorgung von Haushaltskunden verpflichtet und hat allgemeine Preise und Bedingungen öffentlich bekanntzugeben. Zur Kritik am System des § 36 EnWG vgl. Buchmann, Kommunale Energieversorgungsunternehmen in der Krise (im Erscheinen), S. 139 ff.

2

Gemäß § 312b Abs. 2 BGB sind dies Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste, siehe hierzu Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. A., 2007, vor § 312b Rn. 47 ff.

3

Dies sind nach § 312b Abs. 3 BGB u. a. Fernabsatzverträge über Fernunterricht, über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden, über Versicherungen sowie deren Vermittlung, über die Veräußerung von Grundstücken und Rechten daran, über die Lieferung von Lebensmitteln und ähnlichen Gegenständen des täglichen Bedarfs, Dienstleistungen im Bereich Unterbringung, Beförderung, Freizeitgestaltung, Lieferung von Speisen und Getränken; nach § 312d Abs. 4 BGB u. a. Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt wurden bzw. eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, Audio- und Videoaufzeichnungen oder Software, Zeitschriften und ähnliches, Wett- und Lotterieleistungen, Versteigerungen, Lieferung von Waren, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist eintreten können.

4

Es handelt sich um zwei vergleichsweise junge Rechtsgebiete; die ursprünglichen Rechtsgrundlagen, das EnWG 1998 und das Fernabsatzgesetz, stammen aus dem Jahr 1998 bzw. 2000.

5

Richtlinie 96/92/EG.

6

Die Novelle diente der Umsetzung der sog. Beschleunigungsrichtlinien, siehe hierzu sogleich unter Fn. 8 u. 9.

7

Vgl. hierzu jeweils die Erwägungsgründe 2 der Beschleunigungsrichtlinien (siehe Fn. 8 u. 9).

8

Richtlinie 2003/54/EG.

9

Richtlinie 2003/55/EG.

10

Siehe Art. 10 u. 15 der Beschleunigungsrichtlinie Elektrizität sowie Art. 9 u. 13 der Beschleunigungsrichtlinie Gas.

11

Vgl. zur rechtlichen Entflechtung im Einzelnen Koenig/Kühling/Rasbach, RdE 2003, 221; Kühne/Brodowski, NVwZ 2005, 849, 854; Säcker, RdE 2005, 85; Schmidt-Preuß, EuR 2006, 463, 482 f.; Tödtmann/Setz, in: Baur/Pritzsche/Simon, Unbundling in der Energiewirtschaft, 2006, S. 49, 71 ff.; siehe ferner Thiemann, RdE 2004, 133, zur Rechtslage in den Niederlanden.

12

Vgl. Salje, EnWG, 2005, § 18 Rn. 47; Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, 2006, S. 49.

13

Kommission, Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht), KOM (2006) 851 endg., S. 2, 17; siehe dazu etwa Storr, EuZW 2007, 232.

14

Gegen die eigentumsrechtliche Entflechtung sind bereits gewichtige Argumente angeführt worden, vgl. Schmidt-Preuß, in: Baur/Pritzsche/Simon (Fn.11), S. 14, 47 f.; Baur/Pritzsche/Pooschke, DVBl 2008, 483.

15

Tatsächlich entflochten wurde nur die IG Farben, vgl. Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkung, 1983, Rn. 28.

16

Richtlinie 97/7/EG.

17

Zum Problemkreis der Fristberechnung aus der jüngeren Rechtsprechung etwa OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197 (Beschl. v. 4.2.2008 – Az. 2 U 71/07); LG Braunschweig, MMR 2008, 59 (Urt. v. 6.11.2008 – Az. 21 O 1899/07); LG Traunstein, Urt. v. 25.5.2007 – Az. 5 S 629/07; zu den Rechtsfolgen LG Berlin, K&R 2007, 424 (Beschl. v. 15.3.2008 – Az. 52 O 88/07) m. Anm. Buchmann/Tilse; AG Lahr, MMR 2008, 270 (Beschl. v. 26.10.2008 – Az. 5 C 138/07); vgl. ferner die zu den Anforderungen an die Widerrufsbelehrung insgesamt ergangenen Entscheidungen in Fn.19.

18

Siehe Masuch, in: Münchener Kommentar zum BGB (Fn. 2), § 355 Rn. 40 ff.; Schlömer/Dittrich, K&R 2007, 117; Buchmann, K&R 2008, 505.

19

Siehe dazu KG, NJW 2006, 3215 (Beschl. v. 18.7.2006 – Az. 5 W 156/06); MMR 2007, 185 (Beschl. v. 5.12.2006 – Az. 5 W 295/06); OLG Hamburg, MMR 2006, 675 (Urt. v. 24.8.2006 – Az. 3 U 103/06); LG Paderborn, MMR 2007, 191 (Urt. v. 28.1.2006 – Az. 6 O 70/07); LG Flensburg, MMR 2006, 686, 687 (Urt. v. 23.8.2006 – Az. 6 O 107/06).

20

Zur Würdigung vgl. Faustmann, ZGS 2008, 147; Masuch, NJW 2008, 1700; Buchmann, K&R 5/2008, Editorial.

21

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht v. 5.11.2008, abrufbar unter <http://www.bmj.bund.de/files/-/3370/RegE_Verbraucherkreditrichtlinie.pdf> (zuletzt abgerufen am 22.1.2009).

22

Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher, KOM (2008) 614 endg.

23

Das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften wird hier nicht weiter untersucht, da es für Energielieferverträge praktisch von geringer Bedeutung ist. Die Ausführungen können auch nicht entsprechend auf Haustürgeschäfte angewandt werden. Diese unterliegen anderen Bedingungen, die im vorliegend behandelten Fall des Fernabsatzgeschäftes nicht von Bedeutung sind.

24

Die Vorschrift wurde in Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie und der Richtlinie 2002/65/EG in das BGB eingefügt.

25

Wendehorst (Fn. 2), vor § 312b Rn. 4; Martinek, NJW 1998, 207; Medicus, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2006, § 312b Rn. 2.

26

Siehe dazu die Erwägungsgründe 11-14 der Fernabsatzrichtlinie; nach deren Erwägungsgrund 5 soll der Verbraucher auch vor aggressiven Verkaufsmethoden geschützt werden. Solche kommen wohl nur bei der Telefonvermarktung („Telefon-Marketing“) in Betracht (siehe dazu auch unter Fn. 36). Die Besonderheiten der Energieversorgung, nämlich dass der bestehende Vertrag gekündigt werden muss, lassen dieses Merkmal vorliegend nicht als entscheidend erscheinen (z. B. Kündigung des Erstvertrages beim Wechsel erforderlich). Beim Erstanschluss dürfte „Telefon-Marketing“ nur in Ausnahmefällen relevant werden.

27

Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2008, § 312b BGB Rn. 3; Saenger, in: Erman, BGB, 12. A., 2008, § 312b Rn. 1; Schmidt-Räntsch, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. A., 2007, § 312b Rn. 6; Wendehorst (Fn. 2), vor § 312b Rn. 4.

28

Reinholz, RdE 1999, 64, 67; de Wyl/Essig/Holtmeier, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 2. A., 2008, § 10 Rn. 106 m.w.N.

29

Westermann, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. A., 2008, § 433 Rn. 13; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 67. A., 2008, § 453 Rn. 6; Ebel, Energielieferungsverträge, 1999, S. 2 f.; Beckmann, in: Staudinger, BGB, 14. A., 2004, § 433 Rn. 9.

30

BGH, NJW 1969, 1903, 1905 (Urt. v. 2.7.1969 – Az. VIII ZR 172/68); NJW 1983, 1777 (Urt. v. 19.1.1983 – Az. VIII ZR 81/82); RdE 1994, 70, 72 (Urt. v. 29.9.1993 – Az. VIII ZR 107/93).

31

Grunewald, in: Erman (Fn. 27), § 433 Rn. 11; Herrmann, RdE 1998, 219, 222.

32

Reinholz, RdE 1999, 64, 68 ff.; Büdenbender/Heintschel von Heinegg/Rosin, Energierecht I, 1999, Rn. 843; Evers, Recht der Energieversorgung, 2. A., 1983, S. 128; Bydlinski, in: FS Hämmerte, 1972, S. 31, 38.

33

De Wyl/Essig/Holtmeier (Fn. 28), § 10 Rn. 107; Faust, in: Bamberger/Roth (Fn. 27), § 453 Rn. 23.

34

Ähnlich Wendehorst (Fn. 2), § 312b Rn. 37, die in der Bereitstellung der Leistung und der dafür verlangten Grundgebühr eine Dienstleistung sieht, die gesondert vergütet wird.

35

Zur Behandlung von typengemischten Verträgen siehe Weidenkaff (Fn. 29), § 516 Rn. 14 m.w.N.; Kollhosser, in: Münchener Kommentar zum BGB (Fn. 2), § 516 Rn. 29 ff.

36

Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen soll § 312d Abs. 3 BGB dahingehend geändert werden, dass das Widerrufsrecht für jegliche Dienstleistungen erst dann erlischt, wenn der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor dieser sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, siehe den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/10734, 5.

37

Grüneberg, in: Palandt (Fn. 29), § 312b Rn. 10; Schmidt-Räntsch (Fn. 27), § 312b Rn. 20; Saenger (Fn. 27), § 312b Rn. 3.

38

BGH, NJW 1961, 455 (Urt. v. 10.11.1960 – Az. VIII ZR 167/59); NJW 1982, 931 (Urt. v. 8.7.1981 – Az. VIII ZR 222/80); vgl. bereits RGZ 130, 88 (Urt. v. 14.10.1930 – Az. III 425/29); dem folgend in der Literatur Grüneberg (Fn. 37), § 312b Rn. 10; Saenger (Fn. 27), § 312b Rn. 3; Lütcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312b Rn. 47; Micklitz, in: Handkommentar Vertriebsrecht, 2002, § 312b Rn. 29; Schmidt-Räntsch (Fn. 27), § 312b Rn. 20; Thüsing, in: Staudinger (Fn. 29), § 312b Rn 15; differenzierend Wendehorst (Fn. 2), vor § 312b Rn. 28 ff., 37.

39

Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher, KOM (2008) 614 endg.

40

Erwägungsgrund 11 der Fernabsatzrichtlinie.

41

Erwägungsgrund 14 der Fernabsatzrichtlinie.

42

Wendehorst (Fn. 2), § 312b Rn. 4; Martinek, NJW 1998, 207.

43

Thüsing (Fn. 38), § 312 Rn. 1; zur Telefonakquise vgl. schon Fn. 36.

44

Vgl. zu diesem Gegensatz etwa Wendehorst (Fn. 2), § 312 Rn. 1, § 312b Rn. 1.

45

Strom in Haushalten hat an einer normalen Steckdose in Deutschland eine typische Wechselstromspannung von 230 Volt, 50 Hertz. Strom ist – entgegen anderslautender Werbung – auch farblos.

46

Die Unterscheidung z. B. zwischen L- und H-Gas ist für die Endkunden nicht relevant. Gas ist für den Haushalt in DIN EN 437 normiert.

47

Die Qualität von Trinkwasser ist in der Trinkwasserverordnung und in DIN 2000 normiert.

48

Siehe dazu OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.12.2008 – Az. 6 U 140/08.

49

Dies gilt insbesondere, als die Zuverlässigkeit i. S. d. wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Energieversorgungsunternehmens mit der Aufnahme der Tätigkeit vom Energieversorger in personeller, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht darzulegen ist, vgl. § 5 S. 3 EnWG 2005. Die Ausübung der Energieversorgung kann jederzeit von der Regulierungsbehörde untersagt werden, wenn diese Voraussetzungen nicht (mehr) vorliegen.

50

Z. B. durch Kündigung, wenn es sich dabei um eine nicht vertragsgemäße Leistung handelt, siehe Gaier, in: Münchener Kommentar zum BGB (Fn. 2), § 314 Rn. 11; erst recht wohl bei arglistiger Täuschung durch das Energieversorgungsunternehmen, siehe dazu BGH, NJW 2008, 1371 (Urt. 9.1.2008 – Az. VIII ZR 210/06); NJW 2007, 835 (Beschl. v. 8.12.2006 – Az. V ZR 249/05).

51

Die Hinsendekosten sind ausdrücklich weder in der Fernabsatzrichtlinie noch im BGB geregelt, vgl. dazu den Vorlagebeschluss des BGH, K&R 2009, 40 (Beschl. v. 1.10.2008 – Az. VIII ZR 268/07) m. Anm. Buchmann.

52

Aus Sicherheitsgründen mag das Gas in einem unbewohnten Haus abgestellt worden sein, jedoch erfolgt dies in der Regel nicht durch ein Versorgungsunternehmen und ist diesem auch nicht zuzurechnen. Im Grundsatz gilt jedoch das Gleiche wie beim Strom.

53

BGH, K&R 2009, 40 (Beschl. v. 1.10.2008 – Az. VIII ZR 268/07) m.w.N. aus der Literatur.

54

Vgl. dazu Braun, ZGS 2008, 129; Buchmann, K&R 2009, 42; Pfeiffer, ZGS 2008, 48; Wenn, juris-ITR 13/2007, Anm. 4, C 3b.

55

Vorlagebeschluss des BGH, K&R 2009, 40 (Beschl. v. 1.10.2008 – Az. VIII ZR 268/07).

56

Dafür spricht der Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 der Fernabsatzrichtlinie, vgl. Buchmann, K&R 2009, 42; ähnlich Wenn, juris-ITR 13/2007, Anm. 4, C 3b.

57

Diese betragen für den Endverbraucher etwa ein Drittel der Energiekosten.

58

Der Gesetzgeber hatte hier offensichtlich insbesondere den Fall der Zulassung eines Kraftfahrzeugs im Auge, vgl. Begründung zum Gesetzentwurf von Abgeordneten und den Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 14/6040, 79, 196. Hier könnte ein Verbraucher – wenn auch praxisfern – darüber belehrt werden, das Kraftfahrzeug nur auf seinem privaten Grundstück zu testen und nicht zuzulassen, um so die typische Wertminderung um bis zu 20 % zu vermeiden.

59

Zu den Belehrungspflichten und den sich daraus ergebenden Problemen vgl. Buchmann, MMR 2007, 347 m.w.N.

60

Dies sind insbesondere Art, Form und Zeitpunkt der Belehrung.

61

Ausführlich zu den sich daraus ergebenden staatlichen Pflichten Buchmann (Fn.1), S. 136 ff.

62

Siehe § 36 EnWG, vgl. dazu Eder, in: Danner/Theobald, Energierecht, Loseblattsammlung, Stand: 58. Ergänzungslieferung (Februar 2008), § 36 EnWG Rn. 6 ff.

63

Dieser wird in der Regel von den weiteren Bedingungen wie Vertragslaufzeit, Abnahmemenge etc. abhängen.

64

Begründung zum Gesetzentwurf von Abgeordneten und den Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 14/6040, 79.

65

Diese liegt nach Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. A., 1991, S. 391, vor, wenn eine „gesetzliche Regel entgegen ihrem Wortsinn, aber gemäß der immanenten Teleologie des Gesetzes einer Einschränkung bedarf, die im Gesetzestext nicht enthalten ist. Die Ausfüllung einer solchen Lücke geschieht durch die Hinzufügung der sinngemäß geforderten Einschränkung.“

66

Larenz (Fn. 65), S. 392.

67

Der Begriff der Daseinsvorsorge ist überkommen, vgl. dazu Buchmann (Fn.1), S. 60 ff.

68

Diese praxisrelevante Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV wird häufig übersehen.

69

Wendehorst (Fn. 2), § 312d Rn. 18.

70

Der Verbraucherschutz im Fernabsatzrecht ist allerdings überzogen, vgl. Buchmann, K&R 2007, 14, 20 f.; K&R 5/2008, Editorial.

71

BGH, NJW 2003, 1665, 1666 (Urt. v. 19.3.2003 – Az. VIII ZR 295/01); Saenger (Fn. 27), § 312d Rn. 24; Thüsing (Fn. 38), § 312d Rn. 44; Schmidt-Räntsch (Fn. 27), § 312d Rn. 33; Wendehorst (Fn. 2), § 312d Rn. 20; EuGH, Slg 2005, I-1947 (Urt. v. 10.3.2005 – Rs. C-336/03) – easyCar.

72

So zutreffend Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751.

73

Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751; Wendehorst (Fn. 2), § 312d Rn. 26.

74

Wendehorst (Fn. 2), § 312d Rn. 26, unter Hinweis auf die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/2658, 15, 44: dort wird als Beispiel die Vermischung von Heizöl genannt, das sich im Tank des Kunden mit anderem Öl vermischt und so nicht mehr den DIN-Normen entspricht. Eine Rücksendung wäre denkbar, ist jedoch für den Unternehmer unzumutbar, da er mit der Ware nichts mehr anfangen kann. Gegen dieses Beispiel spricht allerdings die Regelung zum Wertersatz in § 357 BGB.

75

Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751, 3752.

76

Gaier (Fn. 50), § 346 Rn. 23; Grothe, in: Bamberger/Roth (Fn. 27), § 346 Rn. 46.

77

Unberücksichtigt bleibt dabei die noch ungeklärte Frage der sog. Hinsendekosten, vgl. den Vorlagebeschluss des BGH, K&R 2009, 40, 40 f. (Beschl. v. 1.10.2008 – Az. VIII ZR 268/07) m. Anm. Buchmann.

78

Beispiel: Bestellt der Verbraucher zehn Tafeln Schokolade und isst eine davon, soll das Widerrufsrecht für die übrigen neun Tafeln ausgeschlossen sein? Dies müsste von der Frage abgegrenzt werden, ob das Widerrufsrecht insgesamt ausgeschlossen sein soll, wenn der Verbraucher eine Tüte mit Bonbons bestellt und nur einen davon isst.

79

Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751.

80

Bei Hygieneartikeln, Arzneimitteln, Medizinprodukten, Kosmetika etc. führt der Widerruf in der Regel zur weiteren Unverwertbarkeit durch den Verkäufer, da die zurückgesendete Ware nicht mehr verkehrsfähig ist. Zu Recht weisen Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751, 3752 f., darauf hin, dass in einem solchen Fall der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB für den Verbraucher vorteilhafter sein kann, da der Verbraucher in der Regel den gesamten Kaufpreis als Wertersatz erstatten muss und zur Rücksendung der Ware verpflichtet ist. Schließt man das Widerrufsrecht aus, so verbleibt ihm zumindest die (u. U. von ihm angebrochene) Ware.

81

Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751.

82

BGHZ 81, 90, 91 (Urt. v. 1.7.1981 – Az. VIII ZR 168/80); ZIP 1982, 854 (Urt. v. 21.4.1982 – Az. VIII ZR 142/81); AG 1992, 83, 85 (Urt. v. 11.11.1991 – Az. II ZR 287/90); Grüneberg/Sutschet, in: Bamberger/Roth (Fn. 27), § 241 Rn. 28; Uberath, in: Bamberger/Roth (Fn. 27), § 280 Rn. 68; Hartmann, in: Danner/Theobald (Fn. 62), § 19 StromGVV Rn. 40; Kramer, in: Münchener Kommentar zum BGB (Fn. 2), Einl. Buch 2 Rn. 98; hingegen ging das RG noch von einem Wiederkehrschuldverhältnis aus, RGZ 148, 326, 332 f. (Urt. v. 13.9.1935 – Az. II 37/35).

83

Vgl. den Vorlagebeschluss des BGH zur Auslegung der Haustürgeschäfterichtlinie, BGH, NZG 2008, 460 (Beschl. v. 5.5.2008 – II ZR 292/06).

 
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