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BB 2007, I
Rödl 

Unternehmensteuerreform 2008: Internationale Wettbewerbsfähigkeit zu Lasten von Familienunternehmen?

Abbildung 1

Die Bundesregierung hat am 5. 2. 2007 den Referentenentwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vorgelegt. Die Reform zielt darauf ab, die deutsche Position im internationalen Steuerwettbewerb zu verbessern. Doch die geplanten Maßnahmen zur Gegenfinanzierung bedrohen die Zukunft deutscher Familienunternehmen.

Grundsätzlich ist es begrüßenswert, international konkurrenzfähige Steuersätze in Deutschland einzuführen. Für Familienunternehmen ist insbesondere erfreulich, dass auch Personengesellschaften durch die Einführung eines begünstigten Thesaurierungssteuersatzes und die Ausweitung des § 7 g EStG in die Reform einbezogen werden sollen. Es steht jedoch zu befürchten, dass Familienunternehmen trotz dieser Regelungen die Verlierer der Reform der Unternehmensbesteuerung werden könnten. Denn die Entlastungseffekte der Reform wirken sich für viele Familienbetriebe im Vergleich zu Großunternehmen nur unterproportional aus. Bewährte Strukturen wie Betriebsaufspaltungen und Kapitalkontenmodelle werden in Frage gestellt. Umstrukturierungen werden über das bisherige Maß hinaus mit weiteren Steuernachteilen bzw. Aberkennung von Steuerbegünstigungen belastet, und das in einer Zeit, in der von den Unternehmen eine flexible Anpassung an die sich immer schneller ändernden Marktverhältnisse erwartet wird.

In drei wesentlichen Punkten hat der Gesetzgeber noch steuerpolitische Hausaufgaben zu erledigen, damit die Reform auch für Personenunternehmen ein Wachstumssignal setzen kann:

Thesaurierungssteuersatz und § 7 g EStG müssen so aufeinander abgestimmt werden, dass die Entlastungswirkungen allen Personenunternehmen zugute kommen. Für mittelgroße Personenunternehmen ist derzeit eine “Begünstigungslücke” vorprogrammiert: Die Thesaurierungsbesteuerung lohnt sich bei dem meist nur mittelfristigen Planungshorizont dieser Unternehmen wegen der Nachteile der Nachversteuerung nicht. § 7 g EStG findet wegen des weiterhin sehr eingeschränkten Anwendungsbereichs keine Anwendung. Gleichzeitig müssen diese Unternehmen einen Großteil der vorgesehenen Gegenfinanzierung mittragen. Abhilfe könnte ein allgemeines Anwendungswahlrecht zwischen begünstigter Besteuerung bei Gewinnthesaurierung und deutlich erhöhter, steuerfreier Investitionsrücklage schaffen.

Darüber hinaus steht die begünstigte Steuerbelastung bei Thesaurierung von 29,8 Prozent derzeit nur auf dem Papier. Denn in der Regel muss ein Einzelunternehmer oder Mitunternehmer zumindest die auf den thesaurierten Gewinn entfallende Steuerbelastung aus dem aktuellen Gewinn entnehmen und regulär versteuern. Wer hier echte Belastungsgleichheit für Personen- und Kapitalgesellschaften herstellen will, muss auch Steuerentnahmen begünstigen oder den Thesaurierungssatz weiter deutlich senken.

Nicht akzeptabel ist schließlich die Fiktion der Entnahmereihenfolge und die damit verbundene vorrangige Nachbesteuerung von begünstigt besteuerten Gewinnen. Eine solche Verwendungsreihenfolge bei der Nachbesteuerung wirkt für Personenunternehmen als “Strafe” auf die bisher zu Spitzensteuersätzen betriebene Eigenkapitalbildung. Der Gesetzgeber muss diesen Unternehmern auch künftig die Finanzierungsfreiheit für Entnahmen zum notwendigen Lebensunterhalt aus voll versteuerten Altgewinnen belassen.

Die Einführung einer sogenannten “Zinsschranke” und die Erweiterung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen führen zu einer kontraproduktiven Besteuerung der Unternehmenssubstanz. Die Zinsschranke trifft insbesondere Familienunternehmen, die in der Praxis meist nur eingeschränkte Finanzierungsfreiheit genießen. Für investitions- und wachstumsstarke Unternehmen, aber auch in Unternehmenskrisen, ist dieses Instrumentarium absolut unverträglich. Familienunternehmen werden mit administrativem Mehraufwand und Kosten in einem Umfang belastet, der die Schmerzgrenze endgültig überschreitet. Eine deutliche Nachbesserung mit einer großzügigeren Mittelstandskomponente ist deshalb notwendig: Freibeträge statt Freigrenzen sind erforderlich, und zwar deutlich höher als die vorgesehenen 1 Mio. Euro. Für Betriebsaufspaltungen darf weder die Zinsschrankenregelung noch die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen gelten. Außerdem ist ein vereinfachtes Nachweisverfahren für eine wirtschaftlich sinnvolle Eigenkapitalquote zu schaffen.

Die Änderungen im Außensteuergesetz, die vorgeblich zur Sicherung des Steuersubstrats eingeführt werden sollen, treffen international tätige Familienunternehmen besonders hart:

Bei Funktionsverlagerungen ins Ausland könnte aus der Transferpaket-Betrachtung, nach der zukünftig das Entgelt für die Übertragung eines Unternehmensteils als Ganzes zu ermitteln ist, eine deutliche Verschärfung erfolgen. Besondere Bedeutung könnte dies bei der Verlagerung von immateriellen Werten erlangen, die noch nicht Wirtschaftsgutcharakter haben. Selbst die Verlagerung von verlustträchtigen Betriebsteilen ins Ausland kann so nach erfolgreicher Restrukturierung erhebliche Steuerzahlungen an den deutschen Fiskus auslösen. Das ist für Familienunternehmen besonders problematisch, da gerade hier die Funktionsverlagerung häufig nur in Bereichen erfolgt, die in Deutschland aus Kostengesichtspunkten nicht mehr konkurrenzfähig betrieben werden können. Eine solche Geschäftspolitik im Interesse des Erhalts des Gesamtunternehmens wird steuerlich übermäßig sanktioniert.

Es bleibt also deutlicher Nachbesserungsbedarf. Nur dann wird die Unternehmensteuerreform 2008 auch für die Familienunternehmen, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, zur Verbesserung des Investitionsklimas in Deutschland beitragen.

Dr. Christian Rödl, Rödl & Partner

 
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