Im Blickpunkt
Der XI. Zivilsenat des BGH hat in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 mit Urteilen vom 4.2.2025 entschieden, dass mit dem Verwahrentgelt eine Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreist wird und die in Giroverträgen vereinbarten Klauseln über Verwahrentgelte damit zwar keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, die Klauseln aber gegen das sich gem. § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch auf das Hauptleistungsversprechen erstreckende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen und damit gegenüber Verbrauchern unwirksam sind (vgl. BGH PM Nr. 026/2025 vom 4.2.2025). Giroverträge sind typengemischte Verträge, bei denen die von der Bank erbrachten Leistungen Elemente des Zahlungsdiensterechts, des Darlehensrechts und der unregelmäßigen Verwahrung aufweisen können. Eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. §§ 488 ff. BGB liege vor, wenn auf dem Girokonto ein Guthaben vorhanden ist. Die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten stelle neben der Erbringung von Zahlungsdiensten eine den Girovertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung aus dem Girovertrag dar. Wie die in der Vergangenheit nicht unübliche Vertragspraxis der Banken, auf Girokonten bestehende Guthaben geringfügig zu verzinsen, belege, dient das Guthaben auf Girokonten nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zudem nicht ausschließlich der Teilnahme am Zahlungsverkehr. Die Kreditwirtschaft könne mit dem sog. “Bodensatz” der Guthaben wirtschaften, die sie auf Girokonten verwahrt. 10 % dieser Guthaben können von der Bankwirtschaft nach dem Aufsichtsrecht für die Unterlegung von Risiken im Aktivgeschäft verwendet werden. Die Kunden haben ebenfalls ein Interesse an der Nutzung der Girokonten als “Verwahrstelle” für ihr Geld. Sie können ihr Bargeld mithilfe des Girokontos sicher aufbewahren und Guthaben auf Girokonten belassen, ohne sich um eine Weiterverwendung kümmern zu müssen. Darüber hinaus seien Gutschriften auf Girokonten als Sichteinlagen durch die gesetzlichen Einlagensicherungssysteme geschützt und für Kunden jederzeit verfügbar. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es bei einer Gesamtschau, die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten als von der Bank im Rahmen des Girovertrags erbrachte Hauptleistung anzusehen. Aus den Regelungen der § 700 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ergebe sich weiter, dass ein Verwahrentgelt keine gesetzlich nicht vorgesehene Gegenleistung des Kunden darstellt. Vgl. hierzu auch die weitere Meldung auf dieser Seite.
Uta Wichering, Ressortleiterin Wirtschaftsrecht