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BB 2020, 2420
 

Im Blickpunkt

Abbildung 14

Mit drei Vorlagebeschlüssen an den EuGH vom 17.6.2020 und 7.7.2020 (s. unten die ersten drei Entscheidungen) hat das BAG ein neues Kapitel in der Geschichte “Europäisierung des Urlaubsrechts” aufgeschlagen, welche im Jahr 2009 vom EuGH mit der Rs. Schultz-Hoff u. a. (BB 2009, 504 m. BB-Komm. Schmidt) eingeleitet worden war. Bis dahin war das BAG davon ausgegangen, dass der Anspruch auf nicht genommenen Urlaub (und auf Urlaubsabgeltung!) in jedem Fall spätestens nach Ablauf der gesetzlichen Übertragungsfrist von drei Monaten erlischt. Der EuGH urteilte dagegen, dass der Anspruch bestehen bleibt, falls der Arbeitnehmer wegen Krankheit den Urlaub nicht nehmen konnte, und begründete dies mit dem Schutzzweck des Art. 7 der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG. Später ließ der EuGH in der Rs. KHS (BB 2012, 59 m. BB-Komm. Fuhlrott) immerhin eine Verfallfrist von 15 Monaten bei andauernder Arbeitsunfähigkeit zu. 2018 hat der EuGH aber diese Möglichkeit von der Bedingung abhängig gemacht, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall hinweist (Rs. Max-Planck-Gesellschaft, BB 2018, 2803; dazu Powietzka, BB 2019, 52). Das BAG spricht insoweit von einer Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers. Das BAG fragt nun den EuGH, ob die Hinweispflicht entfällt, wenn der Arbeitnehmer wegen Langzeiterkrankung keinen Urlaub nehmen kann (9 AZR 401/19 (A)). Das LAG Rheinland-Pfalz z. B. hat das jüngst bejaht (BB 2020, 2428 m. BB-Komm. Andrä), weil der intendierte Schutzzweck mangels Möglichkeit, Urlaub zu gewähren und zu nehmen, nicht erreichbar sei. In dem Parallelverfahren 9 AZR 245/19 (A) stellt das BAG die gleiche Frage für einen Fall, in dem die volle Erwerbsminderung eingetreten ist. Das Verfahren 10 AZR 210/19 (A) betrifft indes einen anderen Aspekt; dort geht es um die Frage, ob genommener Urlaub arbeitszeit-anteilig mitzuzählen ist, wenn eine Mindeststundenzahl erreicht werden muss, um tarifliche Mehrarbeitszuschläge zu erhalten.

Dr. Roland Abele

 
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