Editorial
Mit einem gewissen Stolz legt die ZNER einen Aufsatz zu „Technologien und Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Sektorenkopplung“ vor: Mit einem gewissen Stolz deswegen, weil es sich wohl um den ersten Aufsatz handelt, in dem zwei bisher nebeneinander her arbeitende Disziplinen zusammengeführt werden. Die Autoren:
Michael Sterner ist Professor für Energiespeicher und Erneuerbare Energien an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg, nach Absolvieren von Studien der Mechatronik, der Umwelttechnik, der Technischen Informatik. Auch beruflich hat er schon viel hinter sich: Mitarbeit und Leitung der Forschungsgruppe Energiewirtschaft und Systemanalyse am Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel, wo er auch promoviert hat. Er arbeitete außerdem im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), war aber auch im Entwicklungsdienst in Kenia tätig; ein großer Allrounder, der aber auch packend vortragen kann. In diesem Aufsatz beschreibt er die verschiedenen Arbeitsfelder der Sektorenkopplung und zeigt auf, wie sie weiterentwickelt werden und wie sie sich weiterentwickeln können.
Martin Altrock ist Rechtsanwalt und Kommentator des EEG im Kommentar von C. H. Beck. Er zeigt auf, dass die Sektorenkopplung auch deswegen nicht vorankommt, weil das Rechtssystem darauf (noch) nicht eingerichtet ist. Ein wichtiger Teil des Aufsatzes sind also die Vorschläge für die notwendigen Rechtsänderungen. Man darf gespannt sein, wie eine – wahrscheinliche – schwarzgelbe oder schwarz-gelb-grüne Bundesregierung damit umgeht. Der Aufsatz ist lang, aber spannend!
Auch der zweite Aufsatz hat es in sich: Lea Kahlbrandt, Studentin an der Bucerius Law School Hamburg, legt eine umfassende Darstellung des Bereichs „Virtuelle Kraftwerke im Energiewirtschaftsrecht“ vor. Auch hier handelt es sich um eine Pioniertat, die deswegen so interessant ist, weil sie die möglichen Kraftwerksformen nicht nur darstellt, sondern auch die resultierenden Rechtsfragen angeht. In diesem Heft erscheint die erste Hälfte; die zweite erscheint in Heft 5/2017.
Zum Thema Sektorenkopplung gehört auch die Arbeit von Alexandra Langenheld und Dr. Patrick Graichen von der Agora Energiewende: Wie sieht ein effizientes Energiesystem in Zeiten der Sektorenkopplung aus? Diese Arbeit erschien schon in Heft 3 (ZNER 2017, 192). Alle Aufsätze zusammen sind eine ausgezeichnete Einführung in den Problembereich der Sektorenkopplung.
Auch der Entscheidungsteil fällt gewichtig aus. Der Bereich des Regulierungsrechts nimmt ständig zu; auch deswegen, weil der Regulierungssenat des OLG Düsseldorf regelmäßig die Rechtsbeschwerde zulässt und so den BGH zu einer abschließenden Klärung der aufgeworfenen Fragen bringt (zwingt).
Aber die beiden interessantesten Entscheidungen stammen nicht vom BGH und auch nicht vom OLG Düsseldorf: Es geht zum einen um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Brennelementesteuer, zu der die Atomrechtsexpertin der ZNER-Redaktion Cornelia Ziehm eine interessante Anmerkung geschrieben hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung anders hätte ausfallen können, ja müssen. Möglicherweise hat dem Bundesverfassungsgericht Vortrag für ein umfassendes Bild gefehlt. So können sich vor allem die Atomkonzerne über Rückzahlungen aus der Bundeskasse freuen; E.ON meldet gerade ein hervorragendes Zwischenergebnis.
Eine zweite Entscheidung verdient Hervorhebung, der Beschluss des OLG Bremen zum EuGH. Er lehnt sich auf gegen die Rechtsprechung des BGH, der immer wieder Fälle unwirksamer Preisanpassungsklauseln durch ergänzende Vertragsauslegung heilt. Im Falle eines kommunal beherrschten Energieversorgungsunternehmens will das OLG Bremen diese Reparatur nicht zulassen. Man darf gespannt sein, wie der EuGH reagiert – und ob sich der BGH wiederum aus dem Fenster lehnt.
Zu guter Letzt: Die Dres. Hermann Scheer, Joachim Bücheler und der Verfasser haben im Herbst 1997 die erste Nummer der ZNER herausgebracht. Sie wird also 20 Jahre. Aus diesem Anlass veranstaltet die Zeitschrift eine Konferenz, die sich mit zwei wichtigen Schwachpunkten der Energiewende befasst:
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dem nicht funktionierenden und auch nicht reparablen Emissionshandel
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und mit der Komplexität des Energierechts (im Jahr 1998 gab es 500 Paragrafen, jetzt schon weit über 10.000, das ist eine Verzwanzigfachung!). Die Komplexität betrifft gerade auch das EEG und die wichtigen Rechtsverordnungen.
Diese Konferenz wird am Freitag, 8. September, ab 17 Uhr in Berlin stattfinden: Näheres dazu in der am Ende des Heftes abgedruckten Agenda. Alle ZNER-Leser sind herzlich eingeladen! Die Teilnahme ist kostenfrei, aber am Ende der Konferenz gibt es einen Empfang.
Peter Becker