Editorial
Die EEG-Regelung, nach der die stromintensiven Industrien (SIU) und die Schienenbahnen nur einen minimalen Strompreis zahlen und sich kaum an der EEG-Umlage beteiligen, ist zum Ärgernis geworden. Denn die SIU werden inzwischen um über fünf Milliarden Euro im Jahr entlastet, während insbesondere die Haushaltskunden mit jeder von ihnen bezogenen Kilowattstunde ca. 1,5 Cent bezahlen, um die SIU und die Schienenbahnen zu subventionieren.
Die – auch verfassungsrechtliche – Kritik an der Regelung gab es von Anfang an. Aber mit der ständigen Ausweitung der privilegierten Unternehmen nahm sie auch zu. Selbst die Bundesnetzagentur kritisierte in ihrem Evaluierungsbericht 2012 die Ausnahmeregelungen für die Großindustrie. Sie betrachtete die „Reduktion des EEG-umlagepflichtigen Netzverbrauchs aufgrund der Ausweitung der Privilegierungsregelungen mit Sorge“. Die Unternehmen verbrauchten zwar 18 Prozent des Stroms, trügen aber nur 0,3 Prozent der EEG-Umlage. Trotzdem hat sich nichts verbessert, vielmehr hat sich die Entlastung der SIU seit 2012 in etwa verdoppelt.
Mein Beitrag hält das für verfassungswidrig. Denn die EEG-Umlage wird ungleich aufgebracht. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt, weil
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die nicht entlasteten Stromverbraucher keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die SIU und die Schienenbahnen trifft;
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die Entlastung nicht erforderlich ist; jedenfalls ist die Erforderlichkeit nicht nachgewiesen und insbesondere nicht durch Nachweisführung in jedem Einzelfall belegt;
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inzwischen die Belastung der nicht entlasteten Stromverbraucher völlig unverhältnismäßig geworden ist.
Außerdem verstößt die Entlastung der SIU und der Schienenbahnen auch gegen das EU-Beihilferegime. Das europäische Gericht erster Instanz stellte mit Urteil vom 10. Mai 2016 fest, dass die Bundesregierung diese Entlastung nicht gerechtfertigt habe. Wenn nämlich zur Begründung die Befürchtung vorgebracht werde, dass die SIU ihren Betrieb ins Ausland verlagerten, bemängelt das EuG, dass Deutschland „keinen Beweis für dieses Vorbringen“ erbracht habe.
Der Streitstoff könnte angesichts eines bereits laufenden Prozesses beim Bundesverfassungsgericht landen.
Auch der nächste Beitrag kommt aus der Praxis. Der Hamburger Anwalt Dr. Christoph Torwegge behandelt das Thema „Sektorübergreifende Prüfung von Unternehmenserwerben im Bereich der Erneuerbaren Energien“: Unionsfremde Investoren, die vielfach Verfahren bei Portfolio-Erwerben betreiben, fänden häufig lange Verfahrensdauern vor, auch sei das jeweilige Ergebnis schlecht vorhersehbar. Das zwingt zu sorgfältigem Management.
Das Autorenteam Walzer/Basu/Hensel analysiert und bewertet die BNetzA-Entscheidung vom 26.03.2018 (BK6-16-161), in der erstmals und ausführlich die Frage nach der bilanziellen Verantwortung für grundversorgungsfähige Letztverbraucher gestellt wird. Können solche Letztverbraucher vom Grund-/Ersatzversorger abgemeldet werden, muss der Grund-/Ersatzversorger die Letztverbraucher sperren, muss es der Netzbetreiber? Hier stehen das „bilanzielle Zuordnungserfordernis“, das den Netzbetreiber trifft, und das Recht des Grundversorgers, Letztverbraucher wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit abzulehnen, im Spannungsverhältnis.
Peter Becker