Editorial
Auch die ZNER Herbstausgabe 2025 reflektiert viele aktuelle Entwicklungen der Energiewirtschaft. Mag es womöglich kein Herbst großer Reformen und Entscheidungen geworden sein, so zeigte er sich, jedenfalls für die Energiewirtschaft, doch als Herbst hoher Aktivität.
Das Bundeskabinett beschloss am 06. August 2025 den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) vorgelegten „Gesetzentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich und zur Änderung weiterer energierechtlichen Vorschriften“ (EnWG-Novelle 2025). Eine Novelle des EnWG und weiterer energierechtlicher Vorschriften wurde auch von der Ampelkoalition Ende 2024 verfolgt. Aus dem damaligen umfangreichen Gesetzesentwurf wurden jedoch nur einzelne Teilen – durch das sog. „Solarspitzengesetzes“ – im Februar 2025 vom Bundestag verabschiedet. Über den Gesamtentwurf konnte aufgrund des Koalitionsbruchs nicht mehr entschieden werden. Mit dem nunmehr vorgelegten Regierungsentwurf zur EnWG-Novelle werden die ausstehenden Themen erneut aufgegriffen. Der Regierungsentwurf befindet sich zur Zeit der Vorbereitung dieses Heftes im kurz vor dem Abschluss stehenden parlamentarischen Verfahren (BT-Drucksache 21/1497).
Am 11. September 2025 beriet der Bundestag in erster Lesung über den „Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der NIS-2-Richtlinie und zur Regelung wesentlicher Grundzüge des Informationssicherheitsmanagements in der Bundesverwaltung (21/1501)“, durch welchen ein höherer Schutz besonders sensibler Wirtschaftszweige und der Bundesverwaltung vor der jüngst nochmals stark gestiegenen Bedrohung durch Cyberkriminalität angestrebt werden soll.
Die Bundesnetzagentur eröffnete am 18. September 2025 ein „Festlegungsverfahren zur Marktintegration von Speichern und Ladepunkten“ („MiSpeL“), zu dem die Bundesnetzagentur Eckpunkte bis zum 24. Oktober 2025 mit den Markakteuren konsultierte. Auf der Grundlage des Festlegungsverfahrens soll es Stromspeichern, welche Erneuerbaren Strom aus mit ihnen elektrotechnisch verbundenen EE-Anlagen einspeichern (co-located oder single-use Speicher) künftig erlaubt werden, auch Strom aus dem Stromnetz zu speichern (multi-use Betrieb). Das Verfahren beruht auf Änderungen des EEG durch das Solarspitzengesetz und ist ein nicht zu unterschätzender Schritt zur Harmonisierung von Angebot und Nachfrage im von volatiler Erneuerbarer Erzeugung geprägten Strommarkt. Freilich wird die Festlegung die allerorten auftretende unzureichende Netzanschlusskapazität für Stromspeicher nicht lösen. Hier müssen unter anderem zwingend Fortschritte in der Umsetzung der gemeinsamen und flexiblen Netzanschlussnutzung erreicht werden.
Den Anfang der Beitragsfolge bildet die Analyse von Teichmann zum Cyber Resilience Act der Europäischen Union – Verordnung (EU) 2024/2847 – und dessen Auswirkungen auf die Energiewirtschaft, betroffene Akteure, Beschaffungs- und Lieferkettenprozesse sowie zu den Wechselwirkungen zu existierenden Regelungen, wie insbesondere NIS-2-Richtlinie, IT-Sicherheitsgesetz und BSIG.
Im Anschluss daran gehen Krafczyk und Wittich in ihrer Nachbemerkung auf die dem EuGH folgende BGH-Entscheidung zur Unvereinbarkeit des Instituts der Kundenanlage der allgemeinen Versorgung (derzeit § 3 Nr. 24a und künftig § 3 Nr. 61 EnWG) mit der europäischen Strombinnenmarktrichtlinie ein. Die Zukunft und Perspektive der Kundenanlage/n beschäftigt die Energiewirtschaft seit mindestens einem Jahr (die EuGH Entscheidung erging am 28. 11. 2024) mit der Folge erheblicher operativer und investiver Unsicherheit für alle Branchen, Wertschöpfungsstufen und Akteure.
Hennig und Freese greifen den BGH Beschluss vom 15. Juli 2025 zur Erhebung von Baukostenzuschüssen für den Netzanschluss von Batteriespeichern auf. Der BGH bestätigt darin die Auffassung der Bundesnetzagentur, der zufolge Netzbetreiber Baukostenzuschüsse für den Netzanschluss von Batteriespeichern erheben dürfen. Auch dieser Beschluss und dessen Vorfeldentscheidungen durch Bundesnetzagentur und OLG Düsseldorf beschäftigen die Energiebranche schon längere Zeit. Die Investitionsbereitschaft in Speicherprojekte, die dringend zur Harmonisierung von Erneuerbarer Erzeugung und Nachfrage gebraucht wird, fördert der Beschluss jedenfalls nicht.
Schließlich erachtet Ekardt in seinem Beitrag das deutsche Klimaschutzziel der THG-Neutralität bis 2045 als verspätet, verweist hierfür auf das Klima-Gutachten (Advisory Opinion) des Internationalen Gerichtshofs vom 23. Juli 2025 und leitet daraus ab, dass bereits heute kein verbleibendes Treibhausgasbudget für Deutschland mehr vorhanden ist. Ekardt ordnet auch den Regelungsgehalt des Art. 143h Grundgesetz, welcher im Zuge des Bundestagsbeschlusses über die Aufnahme eines Sondervermögens für Investitionen in Infrastruktur und für das Ziel der THG-Neutralität 2045 in das Grundgesetz aufgenommen wurde, in den Kontext seiner Schlussfolgerungen aus dem IGH-Klima-Gutachten ein.
Das OLG Brandenburg widmete sich in seinem Urteil vom 12. August 2025 der Frage, wann eine Reduzierung der Einspeiseleistung im Sinne der Härtefallregelug des § 15 EEG 2017 vorliegt. Die als Härtefallregelung bekannte Möglichkeit der Reduzierung der Einspeiseleistung von EE-Anlagen gegen Entschädigung wurde 2021 mit dem Redispatch für konventionelle Anlagen in § 13a EnWG zusammengeführt und beschäftigt seither die Branche unter dem Stichwort „Redispatch 2.0“. Das OLG Düsseldorf ging in seinem Urteil vom 10. April 2025 der Frage nach, ob § 8 Abs. 1 NAV auch für den Netzanschluss auf Höchstspannungsebene gilt und verneinte dies. Das OLG München wandte sich im Urteil vom 21. Juli 2025 der Frage zu, ob § 20a GasNEV neue Fassung ab 2010 auch für Biogasbestandsanlagen gilt oder auf diese die Vorgängerfassung anzuwenden ist. Grund des Verfahrens war der in der neuen Fassung des § 20a GasNEV auf zehn Jahre befristete Anspruch auf Zahlung vermiedener Netzentgelte, derweil die Vorgängerfassung keine Befristung beinhaltet.
Die ZNER Herbstausgabe bietet eine Exkursion durch viele aktuelle energierechtliche Entwicklungen; sie regt uns dazu an, die kühler werdenden Tage für die konstruktive und zielgerichtete Befassung mit den Herausforderungen der Energietransformation zu nutzen.
Dr. Heidrun Schalle, M.Jur.

