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ZNER 2016, 287
Altrock 

Editorial

Die vergangenen Wochen waren überstrahlt von der Verabschiedung des EEG 2017 am 8. Juli 2016. Bundestag und Bundesrat entschieden an diesem denkwürdigen Freitag in einem zeitlichen Abstand, der eher in Minuten denn in Stunden zu bemessen ist, über zum Teil grundsätzliche Änderungen des Rechts der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern. Eckpunktepapier und Referentenentwurf waren seit Monaten bekannt. Die letzten, zum Teil weitreichenden Änderungen am Entwurf wurden „im kleinen Kreis“ zwischen den Regierungsfraktionen und unter Beteiligung des Bundeswirtschaftsministeriums aber erst am Abend des 4. Juli – also dem vorangegangenen Montag – vereinbart. Zuvor hatte der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie am Nachmittag noch die obligatorische dreistündige Sachverständigenanhörung „absolviert“. Einige wenige der dort diskutierten Änderungen schafften es noch bis in den Entwurf, über den der Wirtschaftsausschuss dann in seiner Sitzung am Mittwoch dieser letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause zu befinden hatte. Bemerkenswert ist, dass die Ausschussmitglieder erst wenige Minuten vor der Sitzung die ausformulierte Endfassung des Änderungsantrags erhielten. Für eine inhaltliche Prüfung der nicht wenigen Änderungen war dann allerding keine Zeit mehr. Freilich gab es diverse Drohszenarien (Notifizierungsverfahren vor der Europäischen Kommission, Sommerferien, Landtagswahlen …), freilich war der Entwurf nicht unbekannt, sondern in weiten Teilen bekannt. Gleichwohl würde man sich wünschen, dass parlamentarische Entscheidungsprozesse über energiepolitisch und volkswirtschaftlich so wichtige Gesetzentwürfe nicht so terminiert werden, dass eine tatsächliche parlamentarische Eigenentscheidung – eben auch in den Details und auf dem Stand der letzten Änderungen – de facto unmöglich gemacht wird. Denn ab einem bestimmten Punkt kann von einem Parlamentsgesetz kaum noch gesprochen werden. Dies dürfte dann auch dem Bundesverfassungsgericht auf Dauer nicht entgehen, was den zukünftigen „Spielraum“ der beteiligten Kreise, Gesetzgebung durch knappe Terminierungen politisch zu „vereinfachen“, zu Recht begrenzen könnte. Nun ist das EEG 2017 aber erst einmal verabschiedet. Wie von früheren, ähnlich eilig verabschiedeten Fassungen des EEG bekannt, steht die erste Änderungsnovelle bereits vor der Tür. Unter anderem werden dann die in einer solchen Hochgeschwindigkeitsgesetzgebung nicht zu vermeidenden handwerklichen Fehler korrigiert werden.

Das vorliegende Heft 4 behandelt die EEG-Novelle im Aufsatzteil mit zwei Beiträgen: Walter Frenz stellt den neuen Rechtsrahmen für die Ausschreibungen von Solaranlagen – PV war gestern – ausführlich dar, wie er sich nun im EEG 2017 vorfindet. Die Regelungen waren im Wesentlichen bereits Bestandteil der Freiflächen-Ausschreibungsverordnung (FFAV), wurden nun aber im Rahmen der Novellierung weiterentwickelt. Umfasst sind nun u.a. auch Solaranlagen auf baulichen Anlagen und Flächen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Gebieten mit einem Planfeststellungsbeschluss. Jens Vollprecht und der Autor dieser Zeilen geben einen ersten Gesamtüberblick über das EEG 2017 und sparen dabei auch Aspekte nicht aus, die im neuen Gesetzt vermisst werden. Naturgemäß steht dabei der neue Ausschreibungsmodus in seinen Varianten für Wind an Land, Biomasse und Solaranlagen, aber auch die Regelungen für technologieoffene Ausschreibungen (Pilot) im Vordergrund. Dargestellt werden auch die neuen Vorschriften für Speicher, der im Vorfeld heftig kritisierte § 27a sowie die Ermächtigung zu einer Verordnung über zuschaltbare Lasten. Mit den letztgenannten Normen soll ein Einstieg in die zukünftig höchst bedeutsame Sektor(en)kopplung wirtschaftlich ermöglicht werden.

Karsten Klotz und Paul Reich befassen sich in ihrem Aufsatz mit der Abrechnungspraxis der Übertragungsnetzbetreiber für erbrachte Sekundärregelleistung. Der Beitrag ergründet ausgewogen und praxisrelevant energiewirtschaftliche Tiefen und ist schon deshalb sehr lesenswert. Er passt auch deshalb gut in dieses Heft, weil es im Kern wieder um die Frage geht, wie energiewirtschaftliche Leistungen im Wettbewerb diskriminierungsfrei und fair bepreist werden können. Diese Frage steht energiewirtschaftlich letztlich auch hinter dem Ausschreibungsmodell des EEG 2017. Im Ergebnis sehen die Autoren im Vorgehen der ÜNB bei der SRL ein fragwürdiges Geschäftsmodell, weil Bieter contra legem nicht den von ihnen angebotenen Preis erhalten, sondern eine unzulässige Mischbepreisung vorgenommen wird. Der Aufsatzteil wird beschlossen durch den 2. Teil des Beitrags von Markus Adam zu öffentlich zugänglichen Ladestationen für E-Fahrzeuge, einem Plädoyer für Wettbewerb auch an der Scharnierstelle zwischen Elektromobilität und Energiewirtschaft.

Im Rechtsprechungsteil ist zunächst eine sehr wichtige Entscheidung des LG Hannover im Atomrecht zu nennen: Die E.ON Kraftwerk GmbH drang dabei nicht durch mit Schadenersatzklagen gegen Bayern, Niedersachen sowie den Bund im Zusammenhang mit dem sog. Atommoratorium im März 2011 (Fukushima). Zudem finden sich vier Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Zunächst findet sich die Aufsehen erregende Entscheidung zu § 19 Abs. 2 Satz 6 und 7 StromNEV (Netzentgeltbefreiung II). Der Gesetzgeber hat das Urteil, das die Regelung für nichtig erklärt hat, mit rückwirkender Wirkung noch mit dem Strommarktgesetz wieder eingefangen. Denn die Praxis konnte mit diesem Richterspruch wegen der Folgefragen (u.a. Rückabwicklung?) nach allgemeiner Meinung so jedenfalls nicht leben. Eine weitere, alltäglichere Entscheidung betrifft „Realofferten“ eines Energieversorgers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Der BGH bestätigt hier seine Rechtsprechung, wonach sich eine Realofferte eines EVU hinsichtlich eines massezugehörigen, vollständig fremdvermieteten Grundstücks nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht an den Schuldner persönlich, sondern entweder an den Insolvenzverwalter oder an die Mieter richtet. Weiter hat sich der BGH zur Ersetzung einer missbräuchlichen Klausel in einem Gasversorgungsvertrag durch ergänzende Vertragsauslegung geäußert (mit kritischer Besprechung von Zimmerlin). Schließlich entschied der BGH über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung eines Sonderkundenvertrags durch das Gasversorgungsunternehmen mittels eines standardisierten Schreibens.

Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ist diesmal mit zwei Entscheidungen vertreten. Zum einen geht es um den Beurteilungsspielraum der BNetzA bei der Zuweisung von Anschlusskapazität nach §§ 17 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3, 29 Abs. 1 EnWG. Zudem werden die Leitsätze zu einer Entscheidung zur ARegV abgedruckt, bei der es um einen Wechsel der Hochspannungsebene geht. Schließlich findet sich eine Entscheidung des LG Frankfurt/Oder zu § 6 Abs. 2 Nr. 1 EEG 2012, also zu technischen Einrichtungen bei Solaranlagen.

Abschließend verbleibt zu vermelden, dass in der Tat – wie von Peter Becker an dieser Stelle vorhergesagt – die Frage, ob das EEG ZNER 2016 S. 287 (288)und seine Besondere Ausgleichsregelung nun eine Beihilfe darstellt oder nicht, doch noch vom EuGH entschieden werden wird: Die Entscheidung über die Einreichung des Rechtsmittels gegen die Entscheidung des EuG vom 10.05.2016 scheint gefallen.

Schließlich freuen wir uns, dass Dr. Nina Scheer, MdB, erfreulicherweise zur Redaktion der ZNER stößt. Wir hoffen, damit noch unmittelbarer von den wichtigen energiepolitischen Entwicklungen in Berlin berichten zu können.

Martin Altrock

 
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