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ZHR 177 (2013), 563-576
Müller-Graff 

Europäische Gesellschaftsrechtspolitik auf hoher See des Wettbewerbs

– Der neue Aktionsplan der Europäischen Kommission –

Gesellschaften verfolgen selbst gesetzte Zwecke. Kapitalgesellschaften zielen auf rentierlichen Gewinn aus Erfolgen im Wettbewerb mit anderen Akteuren um die Gunst der Marktgegenseite. Die Nachhaltigkeit solchen Erwerbs hat Voraussetzungen wie das nautische Überleben auf hoher See: ein taugliches Gefährt, vorausschauende und reaktive Qualitäten des Bordpersonals, klare Regeln der Koordination der Beteiligten und die Gunst der Umstände wie Wind, Wetter und Wogen. Um Unternehmen in diesen Herausforderungen zu stärken, bringt die Europäische Kommission zehn Jahre nach ihrem ersten Anschub1 erneut die Gestaltung des Gesellschaftsrechts und der guten Unternehmensführung ins Spiel. Ihr jüngster Aktionsplan vom 12. 12. 2012 segelt unter der Flagge: „Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagierte Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen“.2 Er thematisiert darin „drei Hauptaktionsbereiche“3: „Verbesserte Transparenz“, „Einbeziehung der Aktionäre“, „Förderung des Wachstums von Unternehmen und ihrer Wettbewerbsfähigkeit“.4 Die dazu angesprochenen sechzehn Hauptinitiativen5 sind vielfältig (thematisch, instrumentell, im Zeithorizont), teils allerdings wenig konkret ausgereift („im Unverbindlichen“6). Gerade auch deshalb ist Aufmerksamkeit angebracht. Denn sind Aktionsbereiche und Tendenzen erst einmal angesprochen, vermögen sie rasch Eigenleben zu entwickeln. Thematisch spannen sich die Anstöße von der Stärkung der Kontrollrechte der Aktionäre7 über eine ZHR 177 (2013) S. 563 (564)„Vielfalt“-Zusammensetzung der Aufsichtsorgane8 und insgesamt die „Corporate Governance“9 bis hin zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung,10 der Förderung grenzüberschreitender Mobilität11 sowie einer teilweise kodifizierenden Zusammenfassung einzelner gesellschaftsrechtlicher Rechtsakte.12 Diese Vorhaben sind zudem im Zusammenhang mit weiteren Initiativen der Kommission zu sehen: so namentlich zu einer „Geschlechterbalance“-Richtlinie13 und zur Reform der Rechnungslegungsrichtlinien.14 Instrumentell geht es in dem Plan für einen „modernen Rechtsrahmen“ (so der Titel) überraschend oft um nichtlegislative Initiativen (Leitlinien, Analysen, Informationskampagnen), aus denen freilich künftig rechtliche Regeln erwachsen können. Teils werden aber auch schon jetzt Richtlinien bzw. Richtlinienänderungen angekündigt.15 Der Zeithorizont für die Initiativen ist relativ kurzfristig gesteckt.

Erste Stellungnahmen konzentrieren sich auf die gesellschaftsrechtlichen Einzelaspekte und die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften.16 Der Aktionsplan wirft jedoch zugleich die Frage seiner Passfähigkeit zu den ZHR 177 (2013) S. 563 (565)Herausforderungen von Unternehmen in den Wogen der europäisch und global wettbewerbsverfassten Märkte auf. Rechtsformbezogene Regulierung kann mit selbst bestimmter Wettbewerbsfähigkeit kollidieren, Transparenz mit Geheimwettbewerb, Beteiligungsverstetigung mit optimaler Ressourcenallokation, heteronome Zielverfolgung mit autonomer Zwecksetzung. Eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb ist ausdrücklicher primärrechtlicher Leitpunkt des Wirtschaftsordnungsrechts der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten (Art. 119 Abs. 1 AEUV),17 der sich zuallererst im Binnenmarkt konkretisiert. Er darf von Gesellschaftsrechtspolitik nicht ausgeblendet werden,18 will sie sich nicht mit Modellbau für Schifffahrtsspiele im Planschbecken begnügen. In den Blick geraten dadurch spezifische Fragen an den Aktionsplan: seine inhaltliche Konzeptionskohärenz (I.), die unionsrechtliche Stimmigkeit des rechtspolitischen Ziels der besseren Überlebensfähigkeit von Unternehmen (II.), die Tauglichkeit der gesellschaftsrechtlichen Vorschläge zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen (III.) und die Vereinbarkeit mit der unionsrechtlichen Kompetenzordnung (IV.).

I. Die inhaltliche Konzeptionskohärenz des Aktionsplans erschließt sich nicht von selbst. Er erhebt zwar das Engagement der Aktionäre und die bessere Überlebensfähigkeit von Unternehmen zu seinen programmatischen Titelleitworten. Dass sich das Spektrum der vorgenommenen Hauptinitiativen aber aus einer kohärenten gesellschaftsrechtlichen Konzeptionslogik stimmig erklären lässt, ist bei einem ersten Blick auf die genannten Einzelvorschläge zweifelhaft.19 Zwar mag der Theaterdirektor im Vorspiel zu Faust mit seiner vielzitierten Maxime „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“20 Quotenerfolge der Aufmerksamkeit erzielen, doch bezweifelt in der Gegenrede der Dichter, dass „solch ein Ragout“ „dem echten Künstler zieme“.21 Im vorgelegten Plan ist ein gesellschaftsrechtspolitisches „Ganzes“, aus dem die Einzelmaßnahmen sich schlüssig ergeben oder auf das die Einzelvorschläge konzeptionell perspektivisch zulaufen, schwer erkennbar, aber für eine Mixtur aus Unionsrecht und anerkennenswerten Eigenheiten nationaler Gesellschaftsrechte wohl auch kaum möglich.22

ZHR 177 (2013) S. 563 (566)

Die auf Gesellschaften bezogene Vielfalt der Vorschläge der Kommission sind konzeptionell eher aus einem anderen Kosmos erklärlich: dem Ziel der Politikkohärenz der Union des Art. 7 AEUV. Danach hat die Union auf „die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen“ zu „achten“ (z.B. Förderung der Gleichstellung im Sinne von Art. 8 AEUV; sozialpolitische Ziele im Sinne des Art. 9 AEUV) und „dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung (zu tragen).“ Damit gerät das Gesellschaftsrecht für die Kommission mit ihrem legislativen Vorschlagsmonopol (Art. 289 Abs. 1, 352 Abs. 1 AEUV) zwanglos in den gesamtpolitischen Zielkomplex der Union (Art. 3 EUV mit allen seinen Ausfaltungen23) und dessen innere Zielkonflikte, damit aber gerade auch in die Frage seiner Kompatibilität mit dem wirtschaftsordnungsrechtlichen und allgemeinen rechtsstrukturellen Rahmen der Union.

II. Die unionsrechtliche Stimmigkeit des Ziels der durch Gesellschaftsrecht vermittelten besseren Überlebensfähigkeit von Unternehmen ist eine zweite Frage. Die traditionelle Brücke von den Zielen der Union in das Gesellschaftsrecht führt bekanntlich zuvörderst über das erste operative Hauptziel der Union, einen Binnenmarkt zu „errichten“ (Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 1 EUV).24 Gesellschaftsrechtspolitik ist darin nicht Selbstzweck, sondern steht im Dienst der binnenmarktlichen Vernetzungslogik der wettbewerbsfördernden transnationalen Marktzugangs-Grundfreiheiten: zum einen der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV), insbesondere auch derjenigen der rechtlich konfigurierten Marktakteure (Art. 54 AEUV), und zum anderen der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Dieser Zielpunkt gilt nicht nur für die judikative Beseitigung von Freiverkehrshindernissen aus mitgliedstaatlichen Regeln,25 sondern hat auch legislative (oder „persuasive“) Maßnahmen der positiven Angleichung der nationalen Gesellschaftsrechte (insbesondere Art. 50 ZHR 177 (2013) S. 563 (567)Abs. 2 lit. g AEUV)26 und der Schaffung europäischer Gesellschaftsformen (Art. 352 AEUV)27 bis in die Aufstellung kleinteiliger Regeln zu leiten. Die Freiverkehrsförderung definiert, konditioniert und umgrenzt den binnenmarktlichen Überlebensraum.

1. Unter den im Aktionsplan ins Auge gefassten inhaltlichen Hauptthemen ist die niederlassungsrechtliche Freiverkehrsstärkung durch Erleichterung der grenzüberschreitenden Mobilität und Selbststrukturierung von Unternehmen unmittelbar einsichtig. Auch eine Angleichung der Aktionärsrechte und der Förderung guter Unternehmensführung mag die Bereitschaft sowohl zur primären und sekundären Niederlassung als auch zur transnationalen Kapitalinvestition fördern. Demgegenüber ist der Konnex zwischen der Männer/Frauen-Zusammensetzung der Aufsichtsorgane28 und der Förderung des transnationalen Freiverkehrs nicht erkennbar (und die für den Vorschlag der „Geschlechterbalance“-Richtlinie gewählte sozialpolitische Handlungskompetenz zur Gleichbehandlung „in Arbeits- und Beschäftigungsfragen“ befremdlich29). Die Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter ist möglicherweise sogar eher kontraproduktiv zur Förderung transnationaler Niederlassungen, Kapitalinvestitionen und Arbeitnehmermobilität (Art. 45 AEUV) (siehe unten 5).

2. Soweit der Freiverkehrskonnex der Initiativen des Aktionsplans nicht hinreichend substantiierbar oder schwach ist, mögen sich Gesichtspunkte aus dem allgemeinen Kohärenzgebot verschiedener Haupt- und Unterziele der Union, wie etwa dem Gleichstellungsauftrag (Art. 8 AEUV) und der sozialen Komponente der Marktwirtschaft (Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 2 EUV), anführen lassen, eröffnen aber ihrerseits Zielkonflikte. Besonders ambivalent ist hierbei die im Titel des Aktionsplans ausgewiesene Motivation, einen modernen Rechtsrahmen für „besser überlebensfähige Unternehmen“ zu schaffen. Dieser paternalistisch klingende Fürsorgegedanke steht im Kontrast zum wirtschaftsordnungsrechtlichen Ziel und Grundaxiom sowohl eines wettbewerbsverfassten Binnenmarktes (Art. 3 EUV i.V.m. Protokoll Nr. 27 über den Binnenmarkt und den Wettbewerb) als auch zu einer Wirtschafts- und Währungsunion, in der die Wirtschaftspolitik von Union und Mitgliedstaaten auf eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist (Art. 3 Abs. 4 EUV, Art. 119 AEUV). Beide Leitpunkte beinhalten grundsätzlich zum einen die Freiheit von Unternehmen, die für ihre jeweils spezifischen wettbewerblichen Herausforderungen gemäße innere Funktionsfähigkeit und äußere Schlagkraft zu bestimmen, und zum anderen aber auch das damit verbundene Risiko, bei Fehlallokationen Einbußen zu erleiden und gegebenen¬ZHR 177 (2013) S. 563 (568)falls (gesamtwirtschaftlich erwünscht) aus dem Markt auszuscheiden. Diese Ambivalenz ist auch der seit Lissabon primärrechtlich positivierten Anerkennung der unternehmerischen Freiheit (Art. 16 GRCh) zu eigen.30 Gewiss wird diese Freiheit sprachlich etwas relativierend „nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt“, doch ist jede Einschränkung durch unionale Rechtsgestaltung zum einen inhaltlich rechtfertigungsbedürftig (Art. 52 Abs. 1 S. 2 GRCh31) und zum anderen an die Erfüllung der Voraussetzungen der Kompetenzordnung der Union gebunden. Gleiches ist auch für Abweichungen von dem institutionellen Grundsatz des Art. 119 Abs. 1 AEUV anzunehmen. Andererseits sind dadurch rechtsstrukturelle Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen nicht a limine ausgeschlossen. Diese mögen auch das Teilziel einer „in hohem Maße wettbewerbsfähigen“ Marktwirtschaft (Art. 3 Abs. 3 EUV) fördern. Derartige Strukturgestaltungen müssen aber zuallererst tauglich und erforderlich sein.

III. Das Erfordernis der Tauglichkeit der Einzelinitiativen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit verbindet sich mit den Anforderungen der unionsrechtlichen Kompatibilitätskriterien. Hierzu erlaubt der Aktionsplan, soweit er regeloperativ konturenarm ist, derzeit statt Feinprüfungen nur den Aufweis von Fragenrastern, denen sich künftige Einzelmaßnahmen und Szenarien zu unterziehen haben. Präventive Aufmerksamkeit und Alternativüberlegungen sind angezeigt. Sie richten sich vor allem darauf, ob eine Gestaltungsregel, die Handlungsoptionen einschränkt, insbesondere vom Ziel der Freiverkehrsförderung oder der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit legitimiert und zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.32 Zusätzlich ist bei der Einschränkung der (mikroökonomischen) unternehmerischen Freiheit deren Wesenshaltsgarantie zu achten (Art. 52 Abs. 1 S. 1 GRCh) und dies ist unschwer auf das korrespondierende makroökonomische Wirtschaftsordnungsprinzip zu erstrecken.

1. Die Steigerung transnationaler Mobilität und Umstrukturierung von Gesellschaften (im Aktionsplan sprachlich unbeholfen: „Verbesserung des Rah¬ZHR 177 (2013) S. 563 (569)mens für grenzüberschreitende Geschäfte europäischer Unternehmen“33) ist eine (im Sinne der Terminologie des Art. 52 GRCh) von der Union anerkannte, dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung; genauer: sie ist sogar vom primären Unionsrecht anerkannt. Hier ist regulativ alles zulässig, was den Freiverkehr tauglich, erforderlich und verhältnismäßig fördert. Die legislative Ermöglichung der grenzüberschreitenden Verlegung des eingetragenen Sitzes ist wegen den Grenzen der Kasuistik der Grundfreiheitenrechtsprechung begrüßenswert34 (und sollte nicht an der Mitbestimmungsfrage scheitern: „Verhandlungsmodell“ mit Rückfallmöglichkeit35). Gleiches gilt für die Modernisierung und Komplettierung des Rechts für grenzübergreifende Umstrukturierungen von Unternehmen, so für die Verbesserung des Rechts grenzüberschreitender Verschmelzungen (Harmonisierung der Bewertungsmethoden für Vermögenswerte, Überprüfung der Schutzfristdauer für Gläubigerrechte und der Gläubigerrechte nach Verschmelzung)36 und für die Schaffung eines unionsrechtlichen Regelwerks über grenzüberschreitende Spaltungen (Kostensenkung durch Vereinfachung der derzeitig maßgeblichen, wenn auch harmonisierten37 nationalen Spaltungsrechte).38 Inwieweit ein spezifisch unionsrechtlicher Rahmen für die Komplexität des Rechts von „Unternehmensgruppen“ (Konzerne) mit Fragen wie der Bindung von Tochtergesellschaften an das „Gruppeninteresse“ und der Haftung der Muttergesellschaft39 pointiert freiverkehrsförderlich oder wettbewerbsertüchtigend formbar wäre, ist klärungsbedürftig. Die vorsichtige Attitüde des Aktionsplans40 zeigt Realitätssinn.

Zielführend für den binnenmarktlichen Freiverkehr ist daneben die Wachsamkeit der Kommission für Vorteile und Nachteile supranationaler Gesellschaftsformen im Vergleich zu den nicht zu unterschätzenden Freiverkehrsmöglichkeiten nationaler Gesellschaftsformen infolge der judikativ präzisierten Niederlassungsfreiheit.41 Dies wird sich bei der angekündigten Arbeit an ZHR 177 (2013) S. 563 (570)kostensparenden „flexiblen Rechtsformen“ für kleine und mittlere Unternehmen erweisen.42 Hierbei sind die Erfahrungen mit den Widerständen gegen den Vorschlag einer SPE43 und dem Kompetenzproblem einer unionalen Ein-Person-Gesellschaft44 im Vergleich zu den niederlassungsrechtlichen Möglichkeiten der „kleinen“ nationalen Kapitalgesellschaften bei der Entwicklung alternativer Modelle zu berücksichtigen, so namentlich bei einer Angleichung der nationalen Rechte der Ein-Person-Gesellschaft (SMC).45 Der Verzicht46 auf eine kurzfristige, wiewohl überlegenswerte Reform der Statute von SE47 und SCE48 sowie der Wille zur Propagierung dieser Rechtsformen gibt gediegener Erfahrungskollektion gegenüber kurzatmigem Reformaktionismus Raum.49

2. Die Idee, dass die Gleichwertigkeitsgestaltung von Aktionärsrechten die Niederlassungsfreiheit fördert, ankert schon in Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV. Allerdings besagt diese Norm nichts über den Stärkegrad dieser Rechte, die überdies mit dem Eigentumsrecht (Art. 17 GRCh) und der unternehmerischen Freiheit (Art. 16 GRCh) verknüpft sind. Er ist konzeptionell mit der Funktionsfähigkeit der Geschäftsführung abzustimmen. Zweifellos unterliegt aber die Ausgestaltung im Einzelnen in einer börsennotierten Kapitalgesellschaft grundsätzlich dem (zeitgeistabhängigen) Bestimmungsspielraum des unionalen und/oder nationalen Gesetzgebers. Da aber jede gesetzlich zwingende Rechtezuschreibung an Aktionäre zugleich einen anderen Zuschnitt durch diese im Wege der Selbstgestaltung der Satzung (soweit zulässig) einschränkt, greifen auch hier die Prüfkriterien der Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Vorzugswürdig ist allemal, für wünschenswert erachtete Ziele (z.B. die Förderung des Langzeitinteresses von Aktionären durch Mehrstimmrechte oder Dividendenzuschlag) den Gesellschaften Satzungsfreiheit zu sichern.

In diesem Licht erscheint eine stärkere Ankoppelung der Vergütungs- und Anreizpolitik für die Geschäftsführung an den Willen der risikotragenden Anteilseigner zum Zweck der wettbewerblich passfähigen Selbststeuerung des einzelnen Unternehmens (mit der Mischbarkeit von festen und variablen Ver¬ZHR 177 (2013) S. 563 (571)gütungsanteilen) im Vergleich zu gesetzlichen Festlegungen grundsätzlich sinnfällig. Der Aktionsplan zielt daher einleuchtend auf eine Harmonisierung der Informationen über die Vergütungspolitiken und die individuelle Vergütung von Mitgliedern der Geschäftsführung, die Einführung einer obligatorischen Aktionärsabstimmung über die (allgemeine) Vergütungspolitik des Unternehmens und das Erfordernis eines substantiierten Umsetzungsberichts,50 doch darf davon nicht die von den Unternehmen zu leistende Gewinnung von Leitungspersonal behindert werden. Ob dadurch der von der Kommission erhoffte Anreiz zur Schaffung längerfristiger Werte ausgeht, ist spekulativ. Der Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit durch Fehlallokationen aus abträglichen Verträgen des Unternehmens mit Mitgliedern der Geschäftsführung oder kontrollierenden Aktionären kann eine bessere Überwachung derartiger Transaktionen51 entgegenwirken. Ein Zustimmungserfordernis zu den „wichtigsten Transaktionen“ dieser Art, wie vom Europäischen Corporate-Governance-Forum vorgeschlagen, kann jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften für den Kapitalmarkt einleuchten, beinhaltet freilich für das deutsche Aktienrecht eine Einschränkung der Geschäftsverantwortung des Vorstands im Verhältnis zur Hauptversammlung (§§ 76, 119 AktG). Im Konflikt zwischen einem gesellschaftlich erwünschten Zusammenwirken von Aktionären und unerwünschten Rechtsfolgen im Übernahmerecht, falls das Zusammenwirken einen Fall „gemeinsam handelnder Personen“ darstellt,52 lässt sich eine vorzugswürdige Regel zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens oder aber zugunsten der wettbewerblichen Allokationseffizienz von Kapital aus wettbewerblicher Sicht zwar schwer identifizieren. Allerdings ist den Aktionären, die das Unternehmen auf den für dieses relevanten Märkten mittelfristig steuern wollen, hinreichender Spielraum einzuräumen. Begrüßenswert ist jedenfalls die Ankündigung, hier die Rechtssicherheit zu erhöhen.53 Durchaus im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen liegt eine Thematisierung der Tätigkeit der Berater für die Stimmrechtsvertretung, um deren (angeblich nicht stets unternehmensspezifisch zugeschnittene) Methoden transparent zu machen und insbesondere um Interessenkonflikten der Berater vorzubeugen,54 ohne dass dies notwendig die Selbstregulierung der Berater ausschließen muss. Hingegen wirkt das Ziel, die Berichtspflichten auf ZHR 177 (2013) S. 563 (572)„nicht-finanzielle“ Risiken auszudehnen, sowohl gesellschaftsrechts- wie auch wirtschaftsordnungsrechtskonzeptionell frei schwebend (siehe unten 4).

3. Während „Vielfalt“ der Kompetenzen und Meinungen im Aufsichtsorgan für Wettbewerbserfolge zweifelsfrei wünschenswert ist, können obligatorische Festlegungen zu deren Sicherung kontraproduktiv wirken. Für das Ziel einer „Geschlechterbalance“ (präskriptiv oder über Berichtspflichten) bereiten schon die Begründung des gesellschaftsrechtlichen Bezugs55 und die Benennung einer unionsrechtlichen Kompetenzgrundlage Schwierigkeiten. Sehr vage wirken im Zusammenhang mit einem Unternehmensaufsichtsorgan jedenfalls die Querschnittsklauseln der Gleichbehandlung (Art. 8 AEUV: Beseitigung von „Ungleichheiten“ und „Gleichstellung von Männern und Frauen“) und der Nichtdiskriminierung (Art. 10 AEUV: Bekämpfung von Diskriminierungen „aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“). Begründungsprobleme stellen sich, von der Ermächtigungsgrundlage abgesehen,56 für die Eignung/Erforderlichkeit einer legislativen Maßnahme, wenn aus keinem der genannten Gründe der Zugang zu einem Aufsichtsorgan rechtlich versperrt ist. Postuliert man, dass für diese Funktion Qualität entscheidend ist,57 und setzt man darauf, dass Qualität sich in einem auf Wettbewerbserfolg angewiesenen Unternehmen früher oder später durchsetzt, sind Vielfalt-Regelungen überflüssig. Die für das individuelle Unternehmen erforderliche Qualität ergibt sich entweder von selbst oder das Unternehmen erleidet Einbußen am Markt. Will man aber doch heteronom steuern, so scheint es nahezu unmöglich, in der Verhältnismäßigkeitsprüfung mit dem vagen „Vielfalt“-Ziel die damit verbundene Einschränkung der unternehmerischen Freiheit zu überwinden, die Zusammensetzung des Aufsichtsorgans durch die zuständigen Gesellschaftsorgane im Interesse des wettbewerblichen Erfolgs selbst zu bestimmen. In der Auswahl des von den Anteilseignern bestimmbaren Aufsichtspersonals müssen diese frei bleiben, wie sie dieses in der jeweiligen wettbewerblichen Wind- und Wetterlage zusammensetzen.

4. Zur Förderung der guten Unternehmensführung und -kontrolle („Corporate Governance“) und „Transparenz“ börsennotierter58 Gesellschaften sieht der Aktionsplan mehrere Initiativen vor. Soweit sie hinreichend konkretisiert sind (Identifizierung der Aktionäre, jedenfalls der Inhaber von Namensaktien, zum Zweck der Verbesserung des „Governance“-Dialogs59; Offenlegung früherer Abstimmungen institutioneller Anleger60) können sie die ZHR 177 (2013) S. 563 (573)Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wie auch die Entscheidungsgrundlage für potentielle Anleger verbessern. Letzteres mag für Erklärungen zu Risikolage und -management sprechen, soweit nicht Chancen des Geheimwettbewerbs beeinträchtigt werden. Inwieweit indes die „Offenlegung von Abstimmungsstrategien und Politiken auf dem Gebiet der Einbeziehung von Aktionären61 und eine allgemeine „verbesserte Berichterstattung über Corporate Governance“ die Wettbewerbsfähigkeit erhöht, ist erörterungsbedürftig. Dies gilt auch, soweit „nur“ eine „Empfehlung“ an die Mitgliedstaaten (insbesondere hinsichtlich der von Unternehmen „beizubringenden Erklärungen“ im Falle von Abweichungen von einem Corporate-Governance-Kodex) und die Förderung der weiteren Zusammenarbeit „zwischen den für die Überwachung der Anwendung der Corporate-Governance-Kodizes zuständigen nationalen Stellen“ angestrebt wird.62 Hier ist auch klärungsbedürftig, inwieweit sich die Spannbreite des „Corporate-Governance“-Topos in seiner Gesamtheit63 mit der Förderung der Niederlassungsfreiheit verbinden lässt.64 In Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV geht es um die „Schutzbestimmungen … im Interesse der Gesellschafter und Dritter“. Diese haben zwar große Schnittmengen mit dem Thementableau der guten Unternehmensführung, doch wäre erst noch nachzuweisen, dass jede derart rubrizierte Einzelregel in dieser Schnittmenge liegt. Einfacher könnte sich die Verknüpfung mit der Förderung der Kapitalverkehrsfreiheit erweisen.

Die Frage dieser Verbindung ist nicht deshalb entspannt, weil der Aktionsplan nicht inhaltlich zwingende Regeln ins Auge fasst, sondern ein „weiches“ Regime. Denn vorgesehen sind ausgeweitete Berichtspflichten und Erklärungspflichten bei Abweichungen („Mittragen oder Begründen“ nach dem Muster des § 161 AktG). Beides ist zwar einerseits freiheitsrespektierend,65 andererseits aber doch obligatorisch, ressourcenbindend und gegebenenfalls aufwändig. Dies kann vor allem über den dadurch aufgebauten „Rechtfertigungsdruck“ faktisch die Entscheidungsfreiheit einengen.66 Aktiviert wird damit die Grundidee des „soft law“, das zwar kein Recht ist, aber „persuasiv“ wirken kann.67 Darüber hinaus mahnen Erfahrungen im zwischenstaatlichen ZHR 177 (2013) S. 563 (574)Einsatz von soft law, dass es zur Maßgeblichkeit von Normen (dort in Streitschlichtungsverfahren) führen kann, die sich heteronom aus letztlich diffusen Quellen ohne klare legitimatorische Verantwortung bilden statt durch demokratisch kontrollierte Normsetzer oder Vertragsparteien (wie z.B. im Rahmen von WTO und SPS68).

Für europäisch gestaltetes Gesellschaftsrecht werden die damit möglichen Problemperspektiven im jüngsten Vorschlag der Kommission zur Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien greifbar. Vorgesehen ist darin eine integrierte Berichterstattung, die eine Offenlegung der „Grundsätze, Risiken und Ergebnisse in Bezug auf Umwelt, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte, Bekämpfung der Korruption und Bestechung sowie Vielfalt in den Leitungs- und Kontrollorganen“ verlangt.69 Die Themen spiegeln überwiegend Unionsziele (namentlich Art. 11, 191 ff. AEUV; Art. 151 ff. AEUV; Art. 6 EUV, GRCh; Art. 83 AEUV; nur im weitesten Sinne allerdings das Vielfaltsanliegen: Art. 8, 10, 19 AEUV). Allerdings erscheinen sie im Vorschlag im Kontext einer Unternehmenspflicht zur Stellungnahme, die mit traditioneller Rechnungslegung nicht verbunden ist und den „persuasiven“ Weg zur Durchsetzung heteronomer politischer Detailvorstellungen und politikverträglicher Erziehung von Unternehmen eröffnet. Das Bemühen erinnert an die Ziele der Gartentheorie des wohl geordneten französischen Stils.70 Tendenziell gerät die Tendenz zu weit gehender Offenlegung unternehmerischen Verhaltens mittels Transparenzpflichten möglicherweise sogar in Widerspruch zu dem wirtschaftsordnungsrechtlichen Gedanken des (auch kartellrechtlich von Art. 101 AEUV geschützten) Geheimwettbewerbs (soweit er in Zeiten digitaler Globalüberwachung noch möglich ist71). So darf die im Aktionsplan angestrebte „Transparenz bei den Abstimmungspolitiken der institutionellen Anleger … sowie bei der Ausübung dieser Strategien“72 nicht die Überraschungskraft neuer Wettbewerbsideen eines Unternehmens beeinträchtigen. Zu Recht tief sitzt der Schock des Jahres 2008 über das verheerende Maßstabs- und Aufsichtsversagen im Finanzsektor.73 Er rechtfertigt aber nicht jegliche ZHR 177 (2013) S. 563 (575)Aufsichtstendenz mittels ausufernder Berichtspflichten von Unternehmen der Realwirtschaft. Soweit sie aber eingeführt werden, müssten auch die Rechtsfolgen ihrer Nichtbeachtung im nationalen Recht konkretisiert werden.74

5. Für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist die Eignung zur Freiverkehrsförderung schwer auszumachen, auch wenn man den dadurch erhofften Motivationsschub für die Langfristorientierung von Unternehmen unter „Corporate Governance“ rubrizieren will.75 Eine Einbeziehung der Mitarbeiter in das unternehmerische Wettbewerbsrisiko kann deren Mobilität zum Wechsel in ein anderes Unternehmen erschweren. Einer (vom Plan nicht angesprochenen) obligatorischen Beteiligung stünde nicht nur ein möglicher Eingriff in die unternehmerische Freiheit gegenüber, sondern auch eine denkbare Erschwernis für die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV; Art. 15 GRCh). Stimmig zum Mobilitätsgedanken ist daher die Fokussierung des Plans auf „potenzielle Hindernisse bei grenzübergreifenden Systemen.“

IV. Naturgemäß Antwort suchend, indes im derzeitigen Reifezustand der Initiativen noch nicht durchgängig beantwortbar, sind implizierte Fragen der Kompetenzordnung der Union. Dies betrifft zum einen die Kompetenzgrundlage, die erst für eine konkrete Maßnahme sinnvoll erörterbar ist. Erkennbar ist, dass es trotz Art. 50 Abs. 2 lit. g AEUV Begründungsbedarf für umfassende Berichtspflichten zur Unternehmensführung, zur Vielfalt-Sicherung und zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung gibt. Auch mit einem pauschalen Verweis auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes im Sinne der Art. 114, 115 AEUV ist es wegen des Erfordernisses der gerichtsfesten Begründung von Rechtsakten (Art. 296 Abs. 2 AEUV) nicht getan. Und zum anderen ist auch, soweit nicht eine ausschließliche Kompetenz in Anspruch genommen wird, das durch den Reformvertrag von Lissabon politisch über die nationalen Parlamente geschärfte Subsidiaritätsprinzip in der Kompetenzausübung (Art. 5 Abs. 3 EUV) und das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 4 EUV) zu beachten.76

V. Im Ergebnis enthält der Aktionsplan in seinen Initiativen aus der Sicht des wettbewerblichen Wirtschaftsordnungsrechts beides: zahlreiche Initiativen, die zielführend für Freiverkehrsförderung und Wettbewerbsfähigkeit sind, und einige, für die bei bestimmten Entwicklungsszenarien Begründungsbedarf auftritt oder Probleme absehbar sind. Letzteres gälte beispielsweise für Transparenzanforderungen, die den Chancen von Geheimwettbewerb entgegenwirkten; für eine obligatorische Mitarbeiterkapitalbeteiligung, die in Konflikt mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit und dem Mobilitätsgedanken einer ZHR 177 (2013) S. 563 (576)transnationalen wettbewerbsverfassten Marktwirtschaft käme; für eine obligatorische „Vielfalt“-Zusammensetzung der Aufsichtsorgane, die sich in Widerspruch zur wettbewerbserforderlichen Selbstbestimmung einer guten Unternehmensführung setzte, wenn ein Repräsentationsprinzip das Qualitätserfordernis überspielte; für eine Verfestigung von Regeln zur guten Unternehmensführung, die kraft „persuasiver“ Verleitung in Gegensatz zu den unternehmensindividuell im Wettbewerb passfähigen Leitungserfordernissen geriete. Dies sind gewiss eher abstrakte Szenarien. Letztlich kommt europäische Gesellschaftsrechtspolitik aber sowohl generell als auch bei der Formung kleinteiliger Regeln nicht umhin, die Erfordernisse des binnenmarktlichen und globalen Wettbewerbs und damit die Aktions- und Reaktionsfähigkeit von Unternehmen auf dieser hohen See stetig im Auge zu behalten.

Peter-Christian Müller-Graff

1

Kommission, Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM (2003) 284 endg. (21. 5. 2003).

2

KOM (2012) 740 endg. (12. 12. 2012).

3

Ebda., S. 5.

4

Ebda., S. 5.

5

Siehe als Übersicht den listenförmigen Anhang ebda., S. 19 f.

6

Verse, EuZW 2013, 336, 342; Hopt, EuZW 2013, 481.

7

Namentlich: Transparenz über Vergütungspolitiken und damit verbundene Maßnahmen (ebda. S. 10), Kontrolle der Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen (ebda., S. 11), Regulierung der Berater für die Stimmrechtsvertretung (S. 11).

8

Namentlich: Offenlegung der Politik der Vielfalt des Verwaltungsrates (ebda., S. 6).

9

Namentlich: Verbesserte Berichterstattung (ebda. S. 7); Identifizierung der Aktionäre (ebda., S. 8); Transparenzregeln für institutionelle Anleger (S. 9); Verhältnis zwischen der Zusammenarbeit von Anlegern in Corporate-Governance-Fragen und dem Begriff der „gemeinsam handelnden Personen“ im Übernahmerecht (ebda., S. 12 f.); thematisch verbunden auch die Offenlegung der Politik des Risikomanagements (ebda., S. 7).

10

Ebda., S. 11.

11

Namentlich: Grenzübergreifende Sitzverlegung (ebda., S. 14); grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen (ebda., S. 14 f.); flexible Rechtsform für KMU (ebda., S. 15); „Bewusstseinsbildung“ für SE und SCE (ebda., S. 16); Gruppenstruktur und „Gruppeninteresse“ von Unternehmen (ebda., S. 17).

12

Ebda., S. 17 f.

13

KOM (2012) 614 endg. (14. 11. 2012): Vorschlag für eine Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen.

14

Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der RiL 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates im Hinblick auf die Offenlegung nicht-finanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Konzerne; KOM (2013) 207 endg.

15

So für die Offenlegung der Politik der Vielfalt des Verwaltungsrats und Risikomanagementvereinbarungen, für die Transparenz über Vergütungspolitiken und damit verbundene Maßnahmen, für die Kontrolle der Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen durch die Aktionäre und eventuell für die grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Spaltungen sowie für die „Kodifikation“ der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien.

16

Vgl. CEP, Analyse Nr. 14/2013 v. 8. 4. 2013; siehe auch Behrens, EuZW 2013, 121 f.; Verse, EuZW 2013, 336, 342 ff.; Kalss, EuZW 2013, 361 f.; Schmidt, GmbH Report 3/2013/R 33 f.; siehe aber Hopt, ZGR 2013, 165, 185 mit dem treffenden Hinweis auf die Maßgeblichkeit der Bedeutung der einzelnen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen für den Binnenmarkt.

17

Zu den wirtschaftsordnungsrechtlichen Neuerungen durch die Lissabonner Reform vgl. Müller-Graff, ZHR 173 (2009) 443, , 448 ff.; ders. in: FS Scheuing, 2011, S. 600 ff.

18

Zum Zusammenhang von Gesellschaftsrecht und europäischem Wirtschaftsordnungsrecht Müller-Graff in: ders./Teichmann, Europäisches Gesellschaftsrecht auf neuen Wegen, 2010, S. 9 ff. (= EWS 2009, 489 ff.).

19

Siehe auch Hopt, ZGR 2013, 165, 166: „(I)n der Sache disparate Initiativen“.

20

Zitat aus: Goethes Werke, Dritter Band, 1897, S. 5.

21

Ebda.

22

Zu Recht diagnostiziert Hopt, ZGR 2013, 165, 185 für das europäische Gesellschaftsrecht einen „deutlich höheren … Begründungsaufwand“ als für das Kapitalmarktrecht, plädiert aber dann doch für eine europäische „Kernbereichsregelung“ (195).

23

Dazu im Einzelnen Müller-Graff in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, EL 2012, A I.

24

So zu Recht Hopt, ZGR 2013, 165, 185.

25

Zur Niederlassungsfreiheit die Rechtsprechung des EuGH von Centros (Rs. C- 212/97 – Slg. 1999, I-1459) bis VALE (C-378/10 – NJW 2012, 2715); zur Entwicklung z.B. Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2012, § 6 Rdn. 13 ff.; zuvor Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, Rdn. 776 ff.; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2011, § 3 Rdn. 11 ff.; Müller-Graff in: FS Hellwig, 2010, S. 251 ff.; zur Kapitalverkehrsfreiheit die mittlerweile reichhaltige Rechtsprechung des EuGH zu den sog. Goldenen Aktien; dazu zuletzt EuGH, 8. 11. 2012 – Rs. C- 244/11 (Kommission/Griechenland), EuZW 2013, 29; dazu Verse, EuZW 2013, 336, 337 f.; zur bisherigen Rechtsprechung z.B. Lutter/Bayer/Schmidt, a.a.O, S. 171 ff.; zuvor Habersack/Verse, a.a.O., § 3 Rdn. 33 ff.; Müller-Graff in: FS Ulmer, 2003, S. 929 ff.; Lübke, Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zwischen Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit, 2006.

26

Zum Spektrum der gesellschaftsrechtlichen Angleichungsrichtlinien im Einzelnen ausführlich Lutter/Bayer/Schmidt (Fn. 25), S. 417–1127.

27

Zu diesen z.B. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2006, S. 234–329; Lutter/Bayer/Schmidt (Fn. 25), S. 1415–1733.

28

Vgl. im Aktionsplan S. 6 mit Brückenschlag zum Vorschlag der Geschlechterbalance-RiL (Fn. 13).

29

Zu Recht kritisch auch Basedow, EuZW 2013, 41 f.

30

Zum Bogenschlag zwischen unternehmerischer Freiheit und Wirtschaftsordnungsrecht Grabenwarter in: ders./Pöcherstorfer/Rosenmayr-Klemenz, Die Grundrechte des Wirtschaftslebens nach dem Vertrag von Lissabon, 2012, S. 17, 22 f.

31

Ausdrücklich statuiert die Norm, dass unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit „Einschränkungen nur vorgenommen werden (dürfen), wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“ Überdies muss nach Art. 52 Abs. 1 S. 1 GRCh jede Einschränkung der Ausübung der Charta-Rechte und Charta-Prinzipien „gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten.“

32

So der Sache nach auch Art. 52 Abs. 1 S. 2 GRCh.

33

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 13.

34

Vorgesehen: „Weitere Analyse, 2013 und eventuell Initiative“.

35

Siehe dazu Hopt, ZGR 2013, 165, 201 f.

36

Vorgesehen: „Studie, 2013 und eventuell Änderung der Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen.“

37

RiL 82/891/EWG, ABl. EG 1982 L 378/47; dazu im Einzelnen Lutter/Bayer/Schmidt (Fn. 25), S. 656 ff.

38

Vorgesehen ist 2013 eine Initiative für einen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spaltungen, möglicherweise durch Erweiterung der Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen zu einer Richtlinie über grenzüberschreitende Umstrukturierungen.

39

Zum Spektrum von „Kandidaten“ für eine „Kernbereichsregelung“ Hopt, ZGR 2013, 165, 211.

40

Begrenzung auf „Verbesserte Informationen über Gruppen und bessere Anerkennung des Begriffs „Gruppeninteresse“; Aktionsplan (Fn. 2), S. 17 und 20.

41

Nachweise siehe oben Fn. 25; siehe auch Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 54 AEUV Rdn. 14 ff.

42

Vorgesehen: Arbeit an einem „Follow-up“ zum SPE-Vorschlag mit „weiterer Analyse“.

43

Vgl. Verordnungsvorschlag v. 25. 6. 2008, KOM (2008) 396; dazu umfassende Literaturnachweise Lutter/Bayer/Schmidt (Fn. 25), S. 1666 ff.

44

Müller-Graff, EWS 2008, S. I.

45

Vgl. dazu die im Juni 2013 von der Europäischen Kommission begonnene Konsultationsinitiative zu Kapitalgesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter: ec.eu ropa.eu/yourvoice/ipm/forms/dispatch?form=SMC&lang=de.

46

Aktionsplan (Fn. 2), S. 16.

47

VO (EG) Nr. 2157/2001, ABl. EG 2001 L 294/1 und RiL 2001/86/EG, ABl. EG 2001 L 294/22; als komprimierte Zusammenfassung der Vorteile und Nachteile der SE Hopt, ZGR 2013, 165, 196 f.

48

VO (EG) Nr. 1435/2003, ABl. EU 2003 L 207/1.

49

Bedauernd allerdings Hopt, ZGR 2013, 165, 197.

50

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 10; kritisch zum Abstimmungserfordernis CEP (Fn. 16), S. 5.

51

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 11 unter Aufnahme von Vorschlägen des Europäischen Corporate-Governance-Forums: Erfordernis der Bewertung von Transaktionen über einem bestimmten Schwellenwert durch einen unabhängigen Berater; Zustimmungserfordernis der Aktionäre zu den wichtigsten Transaktionen.

52

Vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. d und Art. 5 Abs. 1 der RiL 2004/25, ABl. EU 2004 L 142/12; in Deutschland vgl. §§ 35 Abs. 1, 30 Abs. 2 WpÜG.

53

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 12 f.

54

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 11 f.; kritisch aber CEP (Fn. 16), S. 5.

55

Vgl. Hopt, ZGR 2013, 165, 185.

56

Vgl. oben Fn. 29.

57

So CEP (Fn. 16), S. 3.

58

Zu den Schwierigkeiten des passfähigen Adressatenkreises und den verschiedenen Ansätzen zu dessen Bestimmung Hopt, ZGR 2013, 165, 190.

59

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 8.

60

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 9; kritisch dazu Hopt, ZGR 2013, 165, 208.

61

Ebda.

62

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2)., S. 7 f.

63

Vgl. z.B. das Themenspektrum des deutschen Corporate Governance Codex, ZIP 2002, 452, das inhaltlich in weiten Teilen den Vorschlägen der Baums-Kommission folgte; vgl. Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 2003, Rdn. 25.

64

Keine Probleme scheint hier aber Hopt, ZGR 2013, 165, 207, zu sehen („notwendige Mindestvorgaben für das Funktionieren von Kernbereichen der Unternehmensleitung und -überwachung, mangels derer … im Binnenmarkt Störungen und Verzerrungen zu gewärtigen sind“).

65

Darauf stellt Hopt, ZGR 2013, 165, 187 ab.

66

So auch CEP (Fn. 16), S. 3 und 5.

67

Vgl. Müller-Graff, EuR 2012, 18 ff.

68

Vgl. Jehle, Harmonisierung im Welthandelsrecht durch Verweis auf internationale Standards, Eine Analyse anhand des SPS-Abkommens der WTO, 2008.

69

Vgl. dazu die vorgeschlagene Änderung des Art. 46 der RiL 78/660/EWG (Fn. 14); Kommission, Presseerklärung v. 16. 4. 2013 (IP/13/330).

70

Vgl. Kruft, Geschichte der Architekturtheorie, 2004, S. 291 f. unter Verweis auf Dezailler d’Argenville, Théorie et la pratique du jardinage, 1709.

71

Vgl. zu diesem Problem Meyer/Müller, Unternehmenstransparenz und Geheimwettbewerb im digitalen Umfeld, 2007, S. 33 f.; zur umgekehrten Frage der (digitalen) Selbstpreisgabe Morozov, F.A.Z. v. 24. 7. 2013, S. 25 f.; sie verbindet sich für Unternehmen mit Transparenzerwartungen amerikanisierter Kapitalmärkte; vgl. dazu von Hein, Die Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in Deutschland, 2008, S. 307 ff., 959 („Erwartungshaltung amerikanischer Investoren und der dortigen Wertpapieraufsicht“).

72

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 9.

73

Vgl. Müller-Graff, EWS 2009, 201 ff.

74

So auch zu Recht Hopt, ZGR 2013, 165, 188 f. mit Auflistung der verschiedenen Durchsetzungsmechanismen.

75

Vgl. Aktionsplan (Fn. 2), S. 13.

76

Vgl. Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Kritisch unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität zur Mitarbeiterbeteiligung und unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu den Berichtspflichten über die „Vielfalt“-Zusammensetzung CEP (Fn. 16), S. 5.

 
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