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ZHR 175 (2011), 597-604
Hoffmann-Becking 

Das Wettbewerbsverbot des Geschäftsleiters der Kapitalgesellschaft & Co.

Die typische Konstellation einer Kapitalgesellschaft & Co. lässt sich wie folgt skizzieren: Die Komplementär-GmbH oder Komplementär-AG führt als ihre einzige Aufgabe die Geschäfte der KG oder KGaA, an deren Kapital sie nicht beteiligt ist. Die Kommanditisten oder Kommanditaktionäre der KG oder KGaA sind entweder im gleichen Verhältnis auch an der Komplementär-Gesellschaft beteiligt, oder die Geschäftsanteile oder Aktien der Komlementär-Gesellschaft werden von der KG oder KGaA gehalten (sog. Einheitsgesellschaft). Die Organstellung der Geschäftsleiter (Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder) bei der Komplementär-Gesellschaft beruht auf ihrer Bestellung durch die Gesellschafterversammlung (GmbH) oder den Aufsichtsrat (AG) der Komplementär-Gesellschaft, und meist, wenn auch nicht notwendig, werden auch die Anstellungsverträge der Geschäftsleiter mit der Komplementär-Gesellschaft abgeschlossen.

Wie wird bei dieser Konstellation die KG oder KGaA davor geschützt, dass der Geschäftsleiter der Komplementär-Gesellschaft im Geschäftszweig der KG oder KGaA für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter Konkurrenz betreibt? Unterliegt er einem Wettbewerbsverbot gegenüber der KG oder KGaA oder nur gegenüber der Komplementär-Gesellschaft?

I. Ausreichender Schutz der KG/KGaA durch das Wettbewerbsverbot des Geschäftsleiters gegenüber der Komplementär-Gesellschaft?

Zweifellos besteht ein Wettbewerbsverbot für den Geschäftsleiter gegenüber der Komplementär-Gesellschaft, die ihn bestellt und angestellt hat. Abgesehen davon, dass sich das Wettbewerbsverbot als Nebenpflicht aus dem Anstellungsvertrag ergibt, folgt es ohnedies aus der Organstellung. Im Fall einer Komplementär-AG ist das Wettbewerbsverbot ausdrücklich gesetzlich geregelt in § 88 AktG, im Fall einer Komplementär-GmbH wird das Wettbewerbsverbot aus den mit der Organstellung gemäß § 43 GmbHG verbundenen Treue- und Loyalitätspflichten hergeleitet.1

Dieses gegenüber der Komplementär-Gesellschaft bestehende Wettbewerbsverbot erfasst allerdings nur eine konkurrierende Tätigkeit im Ge¬ZHR 175 (2011) S. 597 (598)schäftszweig der Komplementär-Gesellschaft, nicht dagegen im Geschäftszweig der KG oder KGaA. Geschäftszweig der Komplementär-Gesellschaft ist, wie sich in der Regel auch aus ihrem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand ergibt, die Führung der Geschäfte der KG oder KGaA; sie fungiert als Dienstleister in Gestalt eines persönlich haftenden Gesellschafters. Wenn der Geschäftsleiter für eigene Rechnung oder für Rechnung eines Dritten im Geschäftszweig der KG oder KGaA tätig wird, macht er genau genommen nicht der Komplementär-Gesellschaft, sondern nur der KG oder KGaA Konkurrenz, denn er bietet nicht etwa der KG oder KGaA in Konkurrenz zur Komplementär-Gesellschaft seine Dienste an.

Man mag einwenden, dass diese Betrachtung allzu formal ist und der Geschäftszweig der Komplementär-Gesellschaft und der von ihr geführten KG oder KGaA zusammenfallen.2 Aber ist das wirklich so? Nach Lage der Dinge kann die KG oder KGaA jedenfalls keineswegs sicher sein, dass es im Streit mit dem Geschäftsleiter ausreicht, wenn sich ihre Komplementär-Gesellschaft auf das gegenüber der Komplementär-Gesellschaft bestehende Wettbewerbsverbot beruft.

II. Ausreichender Schutz der KG/KGaA durch das Wettbewerbsverbot der Komplementär-Gesellschaft gegenüber der KG/KGaA?

Zweifellos unterliegt die Komplementär-Gesellschaft einem Wettbewerbsverbot gegenüber der von ihr geführten KG oder KGaA. Bei der KG folgt das Wettbewerbsverbot des geschäftsführenden Komplementärs aus § 112 HGB und bei der KGaA aus § 284 AktG, und zwar auch dann, wenn es sich bei dem Komplementär nicht um eine natürliche Person, sondern um eine GmbH oder AG handelt.3 Wenn und soweit das Verhalten des Geschäftsleiters der Komplementär-Gesellschaft zugerechnet wird, kann die KG/KGaA ihren Komplementär wegen des Verhaltens des Geschäftsleiters in Anspruch nehmen. Die Komplementär-Gesellschaft ihrerseits kann sich, wenn sie von der KG/KGaA in Anspruch genommen wird, an ihren Geschäftsleiter wegen Verletzung seiner organschaftlichen und anstellungsvertraglichen Pflichten halten. Zur Pflichtenstellung des Geschäftsleiters gehört es nämlich, bei seiner geschäftsführenden Tätigkeit die Pflichten, die der Komplementär-Gesellschaft gegenüber der geführten Gesellschaft obliegen, zu beachten. Wenn der Geschäftsleiter durch seine Tätigkeit das der Komplementär-Gesellschaft obliegende Wettbewerbsverbot missachtet, verletzt er eine Nebenpflicht gegenüber der Komplementär-Gesellschaft, die sich sowohl aus seiner Organstellung wie ZHR 175 (2011) S. 597 (599)auch aus seinem Anstellungsvertrag mit der Komplementär-Gesellschaft ergibt.4

Die Frage ist nur, welches Verhalten des Geschäftsleiters der Komplementär-Gesellschaft mit der Folge zuzurechnen ist, dass die KG/KGaA einen entsprechenden Ersatzanspruch gegen ihre Komplementärin erlangt. Nach der Grundregel des § 31 BGB sind nur die Handlungen zuzurechnen, die der Geschäftsleiter in seinem „amtlichen“ Aufgabenkreis vornimmt. Nicht zuzurechnen ist dagegen eine Konkurrenztätigkeit, die der Geschäftsleiter als „Privatperson“ für sich oder für einen Dritten im Geschäftszweig der KG/KGaA entfaltet. Deshalb ist festzuhalten, dass sich aus dem der Komplementärin gegenüber der KG/KGaA obliegenden Wettbewerbsverbot jedenfalls dann kein ausreichender Schutz der KG/KGaA ergibt, wenn der Geschäftsleiter der Komplementärin bei seiner Konkurrenztätigkeit für sich oder einen Dritten tätig wird.5

III. Schutz der KG/KGaA über eine Drittwirkung des einen oder des anderen Wettbewerbsverbots?

Um der KG/KGaA den Durchgriff auf den Geschäftsleiter der Komplementärin durch einen unmittelbaren eigenen Anspruch der KG/KGaA zu ermöglichen, bieten sich zwei unterschiedliche Drittwirkungsmodelle an: Denkbar ist zum einen eine Drittwirkung des im Verhältnis zwischen dem Geschäftsleiter und der Komplementär-Gesellschaft bestehenden Wettbewerbsverbots zugunsten der KG/KGaA entsprechend dem Grundgedanken des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte. Denkbar ist zum anderen umgekehrt eine Drittwirkung des im Verhältnis zwischen der Komplementärin und der KG/KGaA bestehenden Wettbewerbsverbots zulasten des Geschäftsleiters mittels eines Analogieschlusses.

Beide Wege werden in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertreten, allerdings ohne dass sich bisher eine einheitliche Linie für die Behandlung aller vier in Betracht kommenden gesellschaftsrechtlichen Konstellationen feststellen ließe, nämlich gleichermaßen für die GmbH & Co. KG, die AG & Co. KG, die GmbH & Co. KGaA und die AG & Co. KGaA. Die zu diesen vier Formen der Kapitalgesellschaft & Co. in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassungen bieten ein buntes und eher verwirrendes Bild:

GmbH & Co. KG: Bei der GmbH & Co. KG nimmt der BGH an, dass der Anstellungsvertrag, wenn er mit der GmbH abgeschlossen wurde, Schutzwirkung für die KG entfaltet und die KG somit, wenn ihr der Geschäftsführer der GmbH in Verletzung seiner anstellungsvertraglichen Nebenpflichten ZHR 175 (2011) S. 597 (600)einen Schaden zufügt, einen unmittelbaren Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer besitzt.6 Im Schrifttum wird darüber hinaus eine entsprechende Schutzwirkung zugunsten der KG schon allein aus der Organstellung des Geschäftsführers und den damit verbundenen Treuepflichten hergeleitet.7 Aber auch für den umgekehrten Weg, nämlich eine Erstreckung des der GmbH obliegenden Wettbewerbsverbots aus § 112 HGB auf den Geschäftsführer, finden sich Stimmen im Schrifttum.8

AG & Co. KG: Zur AG & Co. KG hat der BGH 2009 im Fall Gruner & Jahr entschieden, dass sich das Wettbewerbsverbot der Komplementär-AG aus § 112 HGB nicht auf die Vorstandsmitglieder der AG erstreckt, und zwar auch nicht mittels einer analogen Anwendung von § 112 HGB.9 Ob umgekehrt das Wettbewerbsverbot der Vorstandsmitglieder aus § 88 AktG oder das Organ- und Anstellungsverhältnis der Vorstandsmitglieder zur Komplementär-AG drittschützende Wirkung zugunsten der KG entfaltet, hat der BGH dahinstehen lassen.10 Die Entscheidung des BGH betraf – wie er hervorhebt – die besondere konzernrechtliche Konstellation eines Doppelmandats des Vorstandsmitglieds sowohl bei der Komplementär-AG der AG & Co. KG als auch bei der beide Gesellschaften beherrschenden Mutter-AG, das durch den Aufsichtsrat der Komplementär-AG gebilligt worden war. Ob die Entscheidung wegen der konzernrechtlichen Aspekte im Ergebnis zutreffend ist, soll hier unerörtert bleiben.11 Im Schrifttum zur AG & Co. KG finden sich sowohl Befürworter einer Drittwirkung des § 88 AktG mittels Schutzwirkung für die KG12 als auch Befürworter einer Drittwirkung des Wettbewerbsverbots aus § 112 HGB mittels Analogieschluss.13

GmbH & Co. KGaA: Für die KGaA, deren Geschäfte von einer Komplementär-GmbH geführt werden, wird im Schrifttum im Ergebnis einhellig an¬ZHR 175 (2011) S. 597 (601)genommen, dass die Geschäftsführer der GmbH einem Wettbewerbsverbot gegenüber der KGaA unterliegen. Dabei werden beide Begründungsansätze für eine Drittwirkung vertreten, nämlich entweder eine Schutzwirkung des GmbH-rechtlichen Wettbewerbsverbots zugunsten der KGaA14 oder ein „Durchgriff“ durch analoge Anwendung des § 284 AktG15, oder es werden beide Ansätze als gleichwertig und austauschbar dargestellt.16

AG & Co. KGaA: Auch für diese Form der Kapitalgesellschaft & Co. nimmt das Schrifttum übereinstimmend an, dass das Vorstandsmitglied der Komplementär-AG gegenüber der KGaA einem unmittelbar geltenden Wettbewerbsverbot unterliegt. Der Fall liegt hier, wenn man dem Schrifttum folgt, nicht anders als bei der GmbH & Co. KGaA, und zwar sowohl im Ergebnis wie in der Begründung.17

IV. Ein einheitliches Schutzkonzept ist geboten!

In allen vier Formen der Kapitalgesellschaft & Co. geht es um dieselbe Aufgabe, die von den Geschäftsleitern der Komplementär-Gesellschaft zu erfüllen ist, nämlich die Führung der Geschäfte der KG oder KGaA. Die Zwischenschaltung der Komplementär-Gesellschaft ist, was die Aufgabenstellung der Geschäftsleiter und auch ihr Selbstverständnis betrifft, nur formaler Natur und in der Sache ohne Belang18: Sie führen die Geschäfte der KG oder KGaA und verstehen sich als deren Geschäftsführer mit allen diesbezüglichen Rechten und Pflichten. In allen vier Formen der Kapitalgesellschaft & Co. besteht auch dasselbe Bedürfnis der KG oder KGaA, gegen eine konkurrierende Tätigkeit des mittelbaren Geschäftsleiters geschützt zu werden. Das legt es nahe, auch das Schutzkonzept für alle vier Formen einheitlich zu gestalten.

Welchen Weg man auch wählt, um eine unmittelbare Verpflichtung gegenüber der KG oder KGaA zu begründen – immer geht es um eine Drittwirkung, entweder in die eine oder in die andere Richtung. Man könnte meinen, im Ergebnis wäre es gleichgültig, welchem Weg man folgt. Aber bei näherem ZHR 175 (2011) S. 597 (602)Hinsehen zeigen sich doch erhebliche Unterschiede, von denen hier nur die Folgenden angesprochen werden sollen:

Reichweite des Wettbewerbsverbots: § 88 AktG geht weiter als die auf § 112 HGB, § 284 AktG, § 43 GmbHG gestützten Wettbewerbsverbote, da dem Vorstandsmitglied nach § 88 Abs. 1 S. 2 AktG auch die Übernahme einer geschäftsführenden Stellung in einer Handelsgesellschaft untersagt ist, die in einem anderen Geschäftszweig als dem der AG tätig ist. § 88 Abs. 1 S. 2 AktG soll gewährleisten, dass das Vorstandsmitglied seine volle Arbeitskraft für die AG einsetzt. Soll das mittels Schutzwirkung des § 88 AktG auch zugunsten der von der AG geführten KG oder KGaA gelten? Bei einer Drittwirkung durch analoge Anwendung des § 112 HGB oder § 284 AktG kann sich die KG oder KGaA jedenfalls nicht gegen eine Nebentätigkeit des Vorstandsmitglieds in einem anderen Geschäftszweig wehren.

Befreiungskompetenz: Auf wessen Einwilligung kommt es an, wenn der Geschäftsleiter eine Befreiung vom Wettbewerbsverbot wünscht? Bei analoger Anwendung des § 112 HGB auf die Kapitalgesellschaft & Co. KG und des § 284 AktG auf die Kapitalgesellschaft & Co. KGaA ergibt sich ohne Weiteres, dass eine Befreiung nur durch das zuständige Organ der KG oder KGaA und nicht durch ein Organ der Komplementär-Gesellschaft ausgesprochen werden kann. Umgekehrt ist es bei einer Drittwirkung durch Schutzwirkung des in der Komplementär-Gesellschaft geltenden Wettbewerbsverbots aus § 43 GmbHG oder § 88 AktG zwar sinnvoll, aber nicht ohne Weiteres einsichtig, dass ein Organ der KG oder KGaA (Gesellschafterversammlung oder ein entsprechend ermächtigter Gesellschafterausschuss, Beirat etc.) für die Befreiung zuständig ist.19

Eintrittsrecht: Als Folge der Verletzung des Wettbewerbsverbots sehen sowohl § 113 Abs. 1 HGB als auch § 88 Abs. 2 AktG und § 284 Abs. 2 AktG sachlich übereinstimmend ein Eintrittsrecht der verletzten Gesellschaft vor, das wahlweise anstelle der Forderung von Schadensersatz ausgeübt werden kann. Wenn das Wettbewerbsverbot dagegen im Fall der Komplementär-GmbH auf § 43 GmbHG gestützt wird, lässt sich aus dieser Schadensersatznorm schwerlich ein Eintrittsrecht ableiten; dazu muss noch eine Analogie zu § 113 Abs. 1 HGB und § 88 Abs. 2 AktG bemüht werden.20

Es wäre schon wegen der vorgenannten Unterschiede wünschenswert, wenn sich Rechtsprechung und Schrifttum auf ein einheitliches Schutzkonzept für alle vier Formen der Kapitalgesellschaft & Co. festlegen würden. Welcher der beiden Wege sich dafür besser eignet, kann hier nicht abschließend beurteilt werden. Immerhin sprechen die folgenden Aspekte für eine Drittwirkung durch analoge Anwendung des § 112 HGB bei der Kapitalgesell¬ZHR 175 (2011) S. 597 (603)schaft & Co. KG und des § 284 AktG bei der Kapitalgesellschaft & Co. KGaA:

Der Geschäftsführer oder Vorstand der Komplementär-Gesellschaft ist, wie vorstehend dargelegt, nach Aufgabenstellung und Selbstverständnis mittelbarer Geschäftsführer der KG oder KGaA. Wenn es notwendig und richtig ist, dass er einem unmittelbaren Wettbewerbsverbot gegenüber der KG oder KGaA unterliegt, ist es nur konsequent, ihn ebenso zu behandeln wie den unmittelbaren Geschäftsführer (i.e. geschäftsführenden Gesellschafter) der KG oder KGaA – nicht milder und nicht strenger.

Für die Reichweite des Wettbewerbsverbots zugunsten der KG oder KGaA führt die Analogie zu der sachgemäßen Folge, dass die KG oder KGaA im Fall der Komplementär-AG nicht den zusätzlichen Schutz des § 88 Abs. 1 S. 2 AktG gegen eine Nebentätigkeit außerhalb des Geschäftszweigs der KG oder KGaA in Anspruch nehmen kann.21 Das ändert zwar nichts daran, dass das Vorstandsmitglied der AG für eine solche Nebentätigkeit die Zustimmung des Aufsichtsrats der AG benötigt, aber das ist nur eine aus der Rechtsform der AG folgende Besonderheit.

Wenn § 112 HGB bei der AG & Co. KG (und ebenso § 284 AktG bei der AG & Co. KGaA) auf den Vorstand der Komplementär-AG analog angewandt wird, führt dies entgegen der Auffassung des BGH22 nicht zu einem Ergebnis, das zwingenden Kompetenznormen der AG widersprechen würde.23 Richtig ist zwar, dass nur der Aufsichtsrat der AG von dem aktienrechtlichen Wettbewerbsverbot des § 88 AktG befreien kann, aber der Aufsichtsrat muss die Pflichten der AG im Verhältnis zur KG oder KGaA beachten. Die AG darf und kann nicht über den Schutz der KG/KGaA durch Dispens von dem gegenüber der KG/KGaA bestehenden Wettbewerbsverbot verfügen, es sei denn, sie wäre dazu von der KG/KGaA ermächtigt worden. Demgemäß darf und kann auch der Aufsichtsrat nur über den Schutz der AG, nicht aber über den Schutz der KG oder KGaA disponieren.24 Der Aufsichtsrat kann vom Wettbewerbsverbot befreien, soweit die AG – was nicht die Regel ist – neben der Geschäftsführung für die KG/KGaA noch andere Geschäfte betreibt und das Vorstandsmitglied in diesem Bereich tätig werden will, und er kann von dem Nebentätigkeitsverbot des § 88 Abs. 1 S. 2 AktG befreien. Wenn es dagegen um eine Konkurrenztätigkeit des Vorstandsmitglieds im Geschäftszweig der KG oder KGaA geht, steht die Befreiungskompetenz nur dem dafür bei der KG oder KGaA zuständigen Organ zu, also der Gesellschafterversammlung/Hauptversammlung oder einem von den Gesellschaftern eingesetzten Aufsichtsorgan.

ZHR 175 (2011) S. 597 (604)

Bei analoger Anwendung des § 112 HGB oder § 284 AktG und entsprechender Zuordnung der Befreiungskompetenz erledigt sich auch zwanglos ein Problem, dass sich bei Annahme einer Schutzwirkung des Anstellungsvertrags oder der Organstellung bei der Komplementär-Gesellschaft zugunsten der KG oder KGaA stellt: Kann sich der Geschäftsleiter der Komplementär-Gesellschaft gegenüber einer Inanspruchnahme durch die KG oder KGaA analog § 334 BGB darauf berufen, dass ihm die Konkurrenztätigkeit durch seinen Dienstherrn, nämlich den Aufsichtsrat der Komplementär-AG oder die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH, erlaubt worden ist?25 Er kann es nicht, weil die Komplementär-Gesellschaft wie dargelegt nicht die nötige Befreiungskompetenz besitzt.26

Die analoge Anwendung von § 112 HGB oder § 284 AktG führt schließlich auch insoweit zu einem sachgemäßen Ergebnis, als bei Verletzung des Wettbewerbsverbots nicht nur der Schadensersatzanspruch, sondern auch das Eintrittsrecht der KG oder KGaA als Option zusteht. Ein Eintritt der Komplementär-Gesellschaft in das im Verhältnis zur KG oder KGaA verbotene Geschäft würde keinen Sinn machen.

Gegen die analoge Anwendung von § 112 HGB, § 284 AktG und für die Lösung über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte wird argumentiert, durch die Analogie werde das die juristische Person kennzeichnende Trennungsprinzip durchbrochen.27 Umgekehrt wird aber auch durch die Schutzwirkung ein Trennungsprinzip durchbrochen, nämlich die Begrenzung des Anstellungs- oder Organverhältnisses auf die beteiligten Personen. Insoweit sind die beiden Lösungswege gleichwertig – in jedem Fall geht es um die Drittwirkung eines Rechtsverhältnisses.

Zusammenfassend dürfte ein einheitliches Schutzkonzept für alle vier Formen der Kapitalgesellschaft & Co. mittels einer analogen Anwendung des für den geschäftsführenden Gesellschafter geltenden Wettbewerbsverbots aus § 112 HGB oder § 284 AktG der Sachlage am besten gerecht werden.

Michael Hoffmann-Becking

1

Nachweise aus der Rspr. bei Ulmer/Paefgen, GmbHG, 2006, § 43 Rdn. 38 und Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 35 Rdn. 41.

2

Riegger, BB 1983, 90, , 91.

3

Heute wohl unstr., siehe Armbrüster, ZIP 1997, 261, 271 mit Nachweisen in Fn. 111; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl. 2010, Anh. § 177 Rdn. 23; Weller, ZHR 175 (2011) 110, , 123f. Anders noch OLG Frankfurt BB 1982, 1983.

4

Hellgardt, ZIP 2007, 2248, 2252 f.; Armbrüster, ZIP 1997, 261, 271; Cahn, Der Konzern 2007, 716, 719; Altmeppen, ZIP 2008, 437, 440.

5

Hellgardt, ZIP 2007, 2248, 2253 und Weller, ZHR 175 (2011) 110, , 139 (zur AG & Co. KG); ebenso im Ansatz Armbrüster, ZIP 1997, 261, 271.

6

BGHZ 75, 321, 322f.; BGHZ 76, 326, 337 f.; BGHZ 100, 190, 193; OLG Köln NZG 2009, 306, 307. Ablehnend Hellgardt, ZIP 2007, 2248, 2251.

7

Armbrüster, ZIP 1997, 261, 272; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 56 IV 3b; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 43 Rdn. 430; MünchKommHGB/Grunewald, 2. Aufl. 2007, § 161 Rdn. 84; so wohl auch BGH WM 1992, 691, 692. Im Ergebnis ebenso Hüffer, ZGR 1981, 348, 357f. Ablehnend Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 43 Rdn. 64f.

8

Cahn, Der Konzern 2007, 716, 718; Goette in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 112 Rdn. 4; ebenso OLG Köln NZG 2009, 306, 307 für den Gesellschafter-Geschäftsführer.

9

BGHZ 180, 105, 108 ff. = NZG 2009, 744.

10

BGHZ 180, 105, 113.

11

Zu den konzernrechtlichen Aspekten Altmeppen, ZIP 2008, 437, 440 ff. und Grigoleit, ZGR 2010, 662, 673ff.

12

Weller, ZHR 175 (2011) 110, , 137ff.; Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, § 88 Rdn. 4; GroßkommAktG/Kort, 4. Aufl. 2006, § 88 Rdn. 47. Ablehnend K. Schmidt/Lutter/Seibt, AktG, 2. Aufl. 2010, § 88 Rdn. 2; OLG Hamburg ZIP 2007, 1370.

13

Cahn, Der Konzern 2007, 716, 724.

14

GroßkommAktG/Assmann/Sethe, 4. Aufl. 2001, § 284 Rdn. 10; A. Arnold, Die GmbH & Co. KGaA, 2001, S. 95.

15

K. Schmidt, FS Priester, 2007, S. 691, 703; Bürgers/Körber/Förl/Fett, AktG, 2. Aufl. 2011, § 284 Rdn. 3; KölnerKommAktG/Mertens/Cahn, 2. Aufl. 2004, § 284 Rdn. 3; Ihrig/Schlitt in: Ulmer (Hrsg.), Die GmbH & Co. KGaA, 1998, S. 33, 47f.; Wichert, AG 2000, 268, 274; Cahn, Der Konzern 2007, 716, 718; Graf, Die Kapitalgesellschaft & Co. KG auf Aktien, 1993, S. 261.

16

MünchKommAktG/Perlitt, 3. Aufl. 2010, § 284 Rdn. 326; Spindler/Stilz/Bachmann, AktG, 2. Aufl. 2010, § 284 Rdn. 3 mit Fn. 11; Schütz/Reger in: Schütz/Bürgers/Riotte (Hrsg.), KGaA, 2004, S. 171 Rdn. 279.

17

Siehe die Nachweise in den vorstehenden Fn. 14 bis 16 und ausführlich Otte, Die AG & Co. KGaA, 2010, S. 101ff.

18

So der zutreffende Ansatz von Armbrüster, ZIP 1997, 261, 271 f. und Cahn Der Konzern 2007, 716, 719.

19

Cahn, Der Konzern 2007, 716, 720 moniert mit Recht, dass sich die Anhänger der Schutzwirkungs-Lösung zu dieser Kompetenz-Frage nicht äußern.

20

Dazu Ulmer/Paefgen (Fn. 1), GmbHG, § 43 Rdn. 49; Fleischer, AG 2005, 336, 346.

21

Cahn, Der Konzern 2007, 716, 720.

22

BGHZ 180, 105, 110.

23

Cahn, Der Konzern 2007, 716, 724; Hellgardt, ZIP 2007, 2248, 2254.

24

Das verkennt Altmeppen, ZIP 2008, 437, 440. Zutreffend Werner, GmbHR 2007, 988, 989.

25

So Hüffer, AktG, § 88 Rdn. 4; GroßkommAktG/Kort § 88 Rdn. 47.

26

Im Ergebnis ebenso Hellgardt, ZIP 2007, 2248, 2254; Otte, Die AG & Co. KGaA, S. 106; Weller, ZHR 175 (2011) 110, , 141.

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