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ZFWG 2020, 81
Brüggemann 

Das Rechtfertigungsdefizit der Konzessionsabgabe nach Inkrafttreten des Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrages

Abbildung 1

Zum 1.1.2020 trat der Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag mit einer richtungsweisenden Änderung im Bereich der Regulierung von Sportwetten in Kraft.1 Die bisherige Kontingentierung der Sportwettenkonzessionen wurde für die Dauer der Experimentierphase, die bis zum 30.6.2021 fortbesteht, aufgehoben (§ 4 a Abs. 3 GlüStV). Der Zugang zum deutschen Sportwettenmarkt steht privaten Anbietern damit ohne eine zahlenmäßige Beschränkung offen. Auswirkungen hat dies auch auf die Konzessionsabgabe nach § 4d GlüStV, die vom Konzessionsnehmer in Höhe von 5 v. H. des Spieleinsatzes erhoben wird. Infolge der Neuregelung ist der von den Ländern angeführte Grund, der die Erhebung der Konzessionsabgabe als nicht-steuerliche Abgabe rechtfertigen soll, entfallen.

Bei der Einführung der Konzessionsabgabe durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag hoben die Länder hervor, dass sich die sachliche Legitimation der Konzessionsabgabe aus ihrem Charakter als Vorteilsabschöpfungsabgabe ergebe. Durch die Erteilung von Konzessionen im Rahmen der Experimentierklausel sollte der Markt für private Veranstalter von Sportwetten zeitlich und im Umfang begrenzt geöffnet werden. Ihnen werde dadurch die Teilhabe an einem zum Zwecke der effektiven Spielsuchtbekämpfung und Gefahrenabwehr begrenzten Glücksspielangebot verschafft. Sie erhielten einen Sondervorteil gegenüber all denen, die diesen Markt nach wie vor nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen.2

Unverkennbar orientierten sich die Länder an den Gründen des Bundesverfassungsgerichts in seiner „Wasserpfennig“ Entscheidung, in der das Gericht die Erhebung eines Entgelts für die Wasserentnahme wegen ihres Charakters als Vorteilabschöpfungsabgabe für zulässig erachtete.3 Hierbei führte das Bundesverfassungsgericht aus, dass Einzelne, denen die Nutzung einer der Bewirtschaftung unterliegenden, knappen natürlichen Ressource eröffnet und damit die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit verschafft werde, einen Sondervorteil gegenüber all denen erhielten, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen. Im Hinblick auf den Ausgleichsgedanken sei es sachlich gerechtfertigt, diesen Vorteil ganz oder teilweise abzuschöpfen.

Eine unmittelbare Heranziehung der „Wasserpfennig“ Entscheidung war bei der Einführung der Konzessionsabgabe zum Zwecke ihrer Rechtfertigung als Vorteilsabschöpfungsabgabe jedoch nicht möglich. Denn anders als in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall beruhte die abgeschöpfte Privilegierung der privaten Sportwettenveranstalter nicht auf der Nutzung einer natürlich begrenzten Ressource, sondern auf der wirtschaftlichen Betätigung in einem Markt, dessen Zugang staatlich beschränkt worden war. Erst die künstliche Verknappung durch die Länder auf Erteilung von höchstens 20 Konzessionen führte dazu, dass die Teilhabe an der Veranstaltung von Sportwetten einem kleinen Kreis vorbehalten bleiben, während der überwiegende restliche Anteil von Anbietern ausgeschlossen werden sollte. Mit ihrer Konstruktion unternahmen die Länder den gewagten Versuch, eine neue Form der Vorteilsabschöpfungsabgabe zu schaffen, über deren Zulässigkeit bis heute keine Klarheit herrscht.

Diese Konstruktion haben die Länder durch die Aufhebung der Kontingentierung zum Einsturz gebracht. Anders als zur Rechtfertigung der Konzessionsabgabe noch hervorgehoben, kann nunmehr jeder private Veranstalter von Sportwetten den Markt nutzen. Ein Auswahlverfahren ist nicht mehr erforderlich. Jeder Veranstalter, der einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Sportwettenkonzession stellt, erhält diese, sofern er die gesetzlichen Voraussetzungen ZfWG 2020 S. 81 (82)erfüllt. Von einem Sondervorteil desjenigen, dem eine Konzession erteilt wird, kann keine Rede mehr sein. Insofern fehlt das Charakteristikum einer Vorteilsabschöpfungsabgabe.

Schlussendlich steht das Fundament, auf dem die Länder die Konzessionsabgabe errichtet haben, nicht mehr. In ihrer bestehenden Form als Vorteilsabschöpfungsabgabe ist sie finanzverfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und damit verfassungswidrig.

Dr. Lennart Brüggemann, Münster*

1

Abgedruckt in GV. NRW. 2019, S. 917 ff.

2

Zum Ganzen siehe die Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 26 f., abgedruckt in BremLT-Drs. 18/329.

3

Dazu und zum Folgenden BVerfG, 7.11.1995 – 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93, BVerfGE 93, 319, 345 f.

*

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