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WRP 2020, I
Wichering 

Zum Gedenken an den 90. Geburtstag von Prof. Dr. Otto Teplitzky

Abbildung 1

Prof. Dr. Otto Teplitzky

In diesem Jahr hätte Prof. Dr. Otto Teplitzky am 16.08.2020 seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Gern hätten wir als WRP – ähnlich wie in WRP Heft 9/2015 oder mit der Festgabe anlässlich seines 70. Geburtstags mit Heft 9/2000 – eine bunte Geburtstagsausgabe gestaltet, angemessen gratuliert und sein großes Wirken umfangreich gewürdigt.

Indes: die Dinge sind, wie sie sind und so bleibt uns, diesen runden Ehrentag noch einmal zum Anlass zu nehmen, um an das Schaffen und Wirken von Prof. Teplitzky zu gedenken und zu erinnern.

Über das Leben von Prof. Teplitzky ist bereits vieles geschrieben worden, zuletzt anlässlich seines Todes am 07.02.2019 u. a. Bornkamm, GRUR 2019, 329, Bacher, Mitt. Patentanwälte 2019, 145 sowie v. Linstow, WRP 2019, 405. Allen Texten ist die ausnahmslose Wertschätzung und Hochachtung vor seinen Lebensleistungen gemein: Er war ein „aufrechter Streiter, aufrichtiger Wissenschaftler und hochanerkannter Bundesrichter, der über 15 Jahre die Rechtsprechung des I. Zivilsenates des BGH ganz maßgeblich mitprägte und dem die Gemeinde der am Markenrecht, am Lauterkeitsrecht und am Zivilprozess Beteiligten unendlich viel verdankt – mehr vielleicht, als der Generation der heute Aktiven bewusst ist“ (v. Linstow, WRP 2019, 405).

Am 23.01.2020 fand eine von Prof. Dr. Michael Loschelder organisierte gelungene und würdige Gedenkfeier an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn statt, an der Prof. Teplitzky eine Honorarprofessur inne hatte. Hier kamen Kollegen, Freunde und Wegbegleiter zusammen, um noch einmal seiner zu gedenken. Prof. Dr. Joachim Bornkamm erinnerte im Rahmen seiner Laudatio an die Verdienste von Prof. Teplitzky, während sich Prof. Dr. Helmut Köhler mit seinem Festvortrag „Behördliche und private Rechtsdurchsetzung zwischen Co-Existenz und Konflikt“ (vgl. insoweit auch Köhler, WRP 2020, 803 ff.) eines Themas annahm, das dem Gewürdigten gefallen hätte: wie kann das materielle Lauterkeitsrecht durchgesetzt werden – wie sind denkbare Schnittstellen zwischen privater und behördlicher Rechtsdurchsetzung zu beurteilen? Wie sind beide Durchsetzungswege in Ausgleich zu bringen? Dass das Verfahrensrecht und insbesondere die Besonderheiten der prozessualen Rechtsdurchsetzung im lauterkeitsrechtlichen Verfügungsverfahren ein besonderes Steckenpferd von Prof. Teplitzky waren, ist allseits bekannt – und spiegelt sich insbesondere in seinem Werk „Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren“ wider, das er – nach wie vor beeindruckend – bis zur 10. Auflage allein bearbeitet hat. Nicht nur deshalb hat diese Auflage einen ganz besonderen Ehrenplatz in meiner Bibliothek.

Mit der WRP war Prof. Teplitzky über lange Jahre eng verbunden, u. a. durch die allseits beliebten Sommerseminare sowie durch die Heidelberger Wettbewerbstage. Auch durch zahlreiche Veröffentlichungen manifestierte sich diese Bindung. Ebenso bemerkens- wie bewundernswert ist, dass Prof. Teplitzky bis in sein hohes Alter die maßgeblichen Entscheidungen in seinen Rechtsgebieten aktiv mitverfolgte und stets seiner präzisen Beurteilung zuführte. Besonders offenbar wurde dies, als er Ende des Jahres 2018 – glücklicherweise! – noch die Veröffentlichung der Entscheidungen des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit miterlebte (BVerfG, 30.09.2018 – 1 BvR 2421/17, WRP 2018, 1443 und BVerfG, 30.09.2018 – 1 BvR 1783/17, WRP 2018, 1448 – Prozessuale Waffengleichheit beim Erlass von einstweiligen Verfügungen im Beschlussverfahren I und II). Das „Öffnen dieser Tür“ in der Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs bei Hinweisen des Gerichts vor Erlass einer einstweiligen Verfügung – bei der er „jahrelang ein einsamer Rufer in der Wüste gewesen war“ (v. Linstow, WRP 2019, 405) –, mit der Entscheidung des BVerfG vom 06.06.2017 – 1 BvQ 16/17, WRP 2017, 1073 konnte er selbst noch umfassend in WRP 2017, 1163 würdigen. Für die maßgeblichen Folgeentscheidungen vom 30.09.2018 ließ er anderen den Vortritt (Löffel, WRP 2019, 8), begleitete die Diskussionen und Veröffentlichungen aber engagiert und brillant wie eh und je.

Wie schön wäre es gewesen, wenn er auch die weiteren Schritte dieser Entscheidungsreihe – BVerfG, 03.06.2020 – 1 BvR 1246/20, WRP 2020, 847 nebst Kommentar von Löffel, WRP 2020, 850; Möller, WRP 2020, 982 sowie Bornkamm, GRUR 2020, 715 – miterlebt hätte! Selbst diese Ausgabe, die Sie gerade in den Händen halten, enthält wiederum zwei Entscheidungen des BVerfG zum Thema prozessuale Waffengleichheit (BVerfG, 17.06.2020 – 1 BvR 1380/20, WRP 2020, 1177 und BVerfG, 27.07.2020 – 1 BvR 1379/20, WRP 2020, 1179) und zeigt einmal mehr, wie weite Kreise dieses Thema in der Vergangenheit gezogen hat – und noch ziehen wird.

Bei aller wissenschaftlichen Wertschätzung zeichnete sich Prof. Teplitzky für mich persönlich in den letzten Jahren, in denen ich ihn insbesondere nach seinem 85. Geburtstag näher kennenlernen durfte, neben einer keineswegs selbstverständlichen Offenheit für neue Begegnungen auch und gerade vor allem durch eines aus: der offenbar gelassene und humorvolle Umgang mit den naturgemäßen Sorgen und Nöten des Alters: „Frau Wichering, ich werde dazu nichts mehr schreiben, ich bin ja schließlich keine 70 mehr …!“

Gerade in so merkwürdigen Krisenzeiten wie diesen, in denen durch nahezu tagesaktuelle Änderungen der Gegebenheiten große Unsicherheiten herrschen, sich aber das Gesamtkonstrukt der Demokratie und mit ihr das Wechselspiel der Gewaltenteilung sowie hier insbesondere die Judikative in den Grundfesten erfreulicherweise als weitgehend verlässlich und solide herausstellen und in denen man sich gleichwohl mitunter weise Stimmen von erfahrenen Legenden herbeisehnt, steht eines fest: Er fehlt! Sehr!

In Gedenken an Prof. Dr. Otto Teplitzky.

16.08.1930 bis 07.02.2019.

RAin Uta Wichering, Bonn

 
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