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Non-fungible Token (NFTs) – eine „Schlüssel“-Technologie

Abbildung 1

RA Dr. Nils Rauer, MJI

In der Sesamstraße konnte Ernie bei Lefty ein „N“ oder „F“ kaufen, bisweilen auch ein „T“, aber „Pssst …! Nicht so laut!“ Heutzutage kann man in NFTs investieren, also in digitale Unikate, die es so nur einmal im Netz gibt. In einer zunehmend digitalisierten Welt ist dies durchaus etwas Besonderes, ist doch die digitale Kopie – man denke etwa an eine Video- oder Musikdatei – qualitativ genauso gut wie das Original.

Was ist es aber genau, das einen Non-fungible Token ausmacht? Was bringt Menschen dazu, bei Internet-Auktionen oder über speziell auf den Vertrieb von NFTs ausgerichteten Plattformen sechs- oder siebenstellige Beträge auszugeben, um einen NFT sein Eigen nennen zu können? Es wäre zu kurz gegriffen, schlicht auf die Einzigartigkeit der Codesequenz – und nichts anderes ist, wie nachstehend zu zeigen sein wird, ein NFT in technischer Hinsicht – zu verweisen.

Zunächst sollte man sich klarmachen, dass es kein Sacheigentum im klassischen Sinn an NFTs gibt. Es handelt sich um ein „Digital Asset“, welches sich nicht an den Maßstäben des § 903 BGB messen lässt. NFTs basieren auf der Blockchain-Technologie. Anders als beispielsweise Cryptowährungen, deren Bezahleinheiten („Coins“) ebenfalls aus Token bestehen, sind NFTs nicht beliebig gegeneinander austauschbar. Sie besitzen einen unikalen Smart Contract. Man kann NFTs daher gedanklich mit einem Schlüssel vergleichen, den es nur einmal gibt und der einem die alleinige Möglichkeit verschafft, zu dem hinter dem Schloss Liegenden zu gelangen. Der NFT selbst hingegen ist – zumindest im Regelfall – kein Immaterialgüterrecht, insbesondere kein Computerprogramm im Sinne des Urheberrechts.

Die Metapher des Schlüssels passt auch in anderer Hinsicht. Denn zumeist enthält der Smart Contract eines NFTs an sich keine umfänglichen Daten. Es ist ein Code, der – schon allein um die individuelle „Handelbarkeit“ zu gewährleisten – nur wenige Kilobyte umfasst. Anderenfalls würden die Transaktionskosten in große Höhen schießen. Die eigentlichen Inhalte – Videos, Bilder, Texte – werden lediglich verlinkt und liegen transaktions- und inhaberunabhängig auf einem Server.

Auch wenn jeder NFT ein digitales Unikat ist, so ist damit nicht automatisch gesagt, dass er auch „echt“ ist. Ebenso wie jeder geübte Feinmechaniker einen Schlüssel herstellen kann, ist es einem versierten Programmierer möglich, einen NFT zu erstellen. Der Blick ist daher auf die Kombination aus NFT und verlinktem Inhalt zu richten. Mit anderen Worten, ein digitales Geschäftsmodell kann nur dann prosperieren, wenn der Anbieter die Rechte an den Inhalten und das in dem NFT liegende Provenienzversprechen in sich vereint.

Genau hier liegt das Potential von NFTs. Rechteinhaber können sich mittels dieser Technologie ein weiteres Feld digitaler Rechteverwertung erschließen. Digitale Originale, welche sich nachweislich auf den oder die Rechteinhaber zurückführen lassen, zeichnen sich durch eine hohe Wertigkeit aus. Dies gilt für den „digitalen Rembrandt“ ebenso wie für Gegenstände des Alltags, deren Originalität ein Qualitäts- oder Legitimitätsmerkmal ist, so etwa Video und Music Clips oder auch Games.

Die Nordamerikanische Basketball Association („NBA“) macht es bereits vor. Über deren Top-Shots-Plattform können Fans bereits seit längerem in verschiedenen Kategorien und Preisklassen NFTs erwerben und handeln. Die Bandbreite reicht von 2,00 USD für einen „gewöhnlichen“ Dunk bis hin zu sechsstelligen Beträgen für „Legendary Moments“.

Auch in Europa halten sogenannte Collectables zunehmend Einzug. Beispielhaft sei auf die digitalen Sammelkarten des Anbieters Sorare verwiesen, der mittlerweile mit über 200 Fußballvereinen – darunter alle führenden Clubs Europas – kooperiert. Doch geht das Einsatzfeld von NFTs deutlich über solche Karten hinaus. Denkt man an die Bestrebungen, ein umfassendes Metaverse zu schaffen, so wird schnell klar, welches Potential nachweislich „originale“ Markenprodukte auch und gerade in der digitalen Welt haben. NFTs können in diesem Kontext das Echtheitszertifikat bilden.

Wie eingangs angedeutet, ist es aber nicht die Codesequenz allein, die zum Ziel führt. Es bedarf eines umfassenden Systems der Rechteverwertung. Vor allem Persönlichkeitsrechte, Markenrechte und das Urheberrecht entscheiden darüber, ob ein NFT auf dem Boden der Rechtsordnung steht oder nicht. Denn am Ende des Tages kann auch ein (digitaler) Schlüssel, den es nur einmal gibt, zu nicht autorisierten Inhalten führen. NFTs sind insofern kein Allheilmittel. Sie sind insbesondere nicht die Antwort auf all die urheberrechtswidrig im Netz kursierenden Werke. Auch das haftungsrechtliche Spannungsverhältnis zwischen Online-Provider, User und Rechteinhaber besteht fort. Eingebettet in eine durchdachte digitale Infrastruktur können NFTs jedoch helfen, autorisierte von nicht autorisierten Inhalten zu unterscheiden.

In besonderer Weise lohnt der Blick auf die Einsatzmöglichkeit von NFTs im Bereich der kollektiven Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften. In einem System der weitgreifenden Lizenzerteilung, in dem die Originalität der lizenzierten Inhalte durch digitale Echtheitszertifikate in Form von NFTs abgesichert ist, kann ein hohes Maß an Rechtssicherheit für Rechteinhaber wie Nutzer entstehen. Eine angemessene Vergütung wäre gesichert. Selbst eine dezentrale und damit ressourcensparende Speicherung der Inhalte ist möglich. Denn die im Smart Contract des NFTs erfolgende Verlinkung kann ohne Weiteres dynamisch erfolgen.

Wenn Ernie also demnächst in der Sesamstraße wieder auf Lefty trifft, so kann es durchaus lohnen, sich dessen „NFT“-Angebot näher anzusehen. Er sollte dabei aber zugleich darauf achten, dass Lefty auch sämtliche Rechte innehat, zu denen der angebotene NFT führt.

RA Dr. Nils Rauer, MJI, Frankfurt a. M.

 
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