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WRP 2011, III
Ouart 

Die „50+1“-Regelung nach dem Schiedsspruch

Abbildung 1

Der am 30. 08. 2011 ergangene Schiedsspruch des Ständigen Schiedsgerichtes der Lizenzligen über die Klage des Bundesligisten Hannover 96 gegen die sog. „50+1“-Regelung ist eine im Sinne des deutschen Fußballs vernünftige Entscheidung. Das Schiedsgericht hat bestätigt, dass die bisherige Regelung erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt war. Diese betrafen die Vereinbarkeit der Regelung mit dem europäischen Wettbewerbsrecht sowie fundamentaler Rechtsgrundsätze wie dem Gleichheitsgebot. Die Regelung sieht bekanntlich vor, dass Vereine, deren Kapitalgesellschaft einer der beiden deutschen Bundesligen angehört, die Mehrheit der Stimmrechte an der Kapitalgesellschaft besitzen müssen, es sei denn die Förderung bestand bereits seit 20 Jahren zum Stichtag 01. 01. 1999. Weil diese Ausnahme auf die entsprechenden Vereine zugeschnitten war, wurde auch von der „lex Leverkusen/Wolfsburg“ gesprochen. Diese Regelung wurde durch den Schiedsspruch nun für nichtig erklärt.

Dass verbandsrechtliche Regelungen, die es Investoren verwehren, sich mehrheitlich an einer deutschen Kapitalgesellschaft zu beteiligen, auf Dauer keinen Bestand haben können, ist entgegen anders lautender Meinungen, insbesondere von dem Verfasser schon lange vertreten worden (vgl. dazu Ouart, WRP 2010, 85). Die Interessen der Beteiligten schienen lange Zeit unüberbrückbar. Den berechtigten Interessen von Vereinen, die sich eine Steigerung ihrer sportlichen Erfolgsaussichten nur durch eine Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen ausrechneten, standen die Interessen des Liga-Verbandes, der DFL und des DFB gegenüber. Man befürchtete Verhältnisse wie in England, Spanien oder Italien, wo Investoren häufig nicht nur mit den Anteilen einzelner Vereine jonglieren, sondern durch mehrere Beteiligungen auch den Wettbewerb beeinflussen können. Es ist offenkundig, dass dies nicht im Sinne des Sports ist.

Das Zuwarten auf den Schiedsspruch war dennoch riskant. Bisher wagte niemand den Gang vor den Europäischen Gerichtshof. Es wäre wahrscheinlich gewesen, dass dieser die Regelung gekippt hätte. Dennoch bleiben auch jetzt Fragen offen. Das betrifft insbesondere die vom Schiedsgericht getroffene Regelung, nach der ein Investor erst nach 20 Jahren berechtigt ist, die Mehrheit an einem Bundesligisten zu erwerben. Denn diese Regelung wird eher zu einer weiteren Verhinderung von Mehrheitsbeteiligungen führen. Es erscheint deshalb keineswegs ausgeschlossen, dass auch diese Regelung einer gerichtliche Überprüfung nicht standhalten könnte. Selbst eine mittelfristige Planung, wie sie im Profibereich eher selten anzutreffen ist, kann bei einem unangemessen langen Zeitraum von 20 Jahren kaum perspektivisch erfolgen. Weiterhin bestehende rechtliche Risiken ließen sich durch die Berücksichtigung der in der Literatur bereits geäußerten Vorschläge minimieren. Es bleibt abzuwarten, ob der jetzt gefundene Kompromiss nicht zu einem späteren Zeitpunkt doch noch in seiner rechtlichen Existenz gefährdet wird. Ein erfreuliches vorläufiges Ergebnis ist erreicht. Die Diskussion um die „50+1“-Regelung wird jedoch bleiben.

Dr. Peter E. Ouart
Rechtsanwalt, Freiburg i.Br.*

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Der Autor ist Gründungspartner der Kanzlei Dr. Ouart & Collegen/Freiburg i.Br.. Er ist Mitglied der deutschen Vereinigung für Sportrecht (DVSR), der International Sports Lawyers Association (ISLA) sowie der ARGE Sportrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).

 
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