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STB 2025, I
Rossmanith 

Versprochene Aufkommensneutralität bei der Grundsteuer eingehalten? Natürlich nicht!

Abbildung 1

Das neue Grundsteuersystem ist in Deutschland seit dem 1.1.2025 in Kraft. Der Grund für das jetzige Grundsteuersystem liegt im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.2018. In seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die grundsteuerliche Bewertung für verfassungswidrig erklärt, da gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt werden und somit das bisheriger Grundsteuersystem gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstößt. Das Bundesverfassungsgericht hat weiterhin entschieden und somit der großen Politik den Auftrag erteilt, dass spätestens bis zum 31.12.2019 eine gesetzliche Neuregelung zu erfolgen hat. Froh war man in Berlin, dass das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2024 eingeräumt hat mit der Maßgabe, dass das bisherige Grundsteuersystem angewendet werden darf.

Die Grundlage des bisherigen Grundsteuersystems, die Einheitswerte, kassierte das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 10.4.2018 ein. Denn in den westlichen Bundesländern wurden die Grundstücke nach den gegebenen Wertverhältnissen von 1964 und in den ostdeutschen Ländern sogar nach ihrem Wert auf Basis des Jahres 1935 berücksichtigt. Dass dieses nicht mehr lange gutgehen kann, war allen bekannt, nur nicht der Politik. Denn die hat mit der Reform des Grundsteuersystem gewartet, bis sie zu einer Änderung gezwungen wurde, wie bekannt, durch das Bundesverfassungsgericht.

Die für die Reform zuständige Bundesregierung, insbesondere der damalige Bundesfinanzminister und Alt-Kanzler Olaf Scholz, hatte zugesichert, dass das neue Grundsteuersystem aufkommensneutral ausgestaltet wird. Konkret bedeutet dies, dass Städte und Kommunen ihre für die Berechnung notwendigen Hebesätze so anpassen sollen, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer im Vergleich zur alten Regelung nicht steigen werden. Wer dies der damaligen Bundesregierung, im Besonderen unseren Alt-Kanzler, abgekauft hat, der war schon sehr gutgläubig, denn als kommunale Steuer liegt die Hebesatzfestsetzung allein im Geltungsbereich jeder einzelnen Kommune. Gespannt durfte man somit sein, ob die Kommunen ihre Hebesätze anpassen würden, um das politisch ausgegebene Ziel der “Aufkommensneutralität” zu erreichen.

Eine erste Wirkungsanalyse aus Sicht privater Immobilieneigentümer zur Grundsteuerreform 2025 hat Haus & Grund veröffentlicht. Hierbei ist zu erkennen, dass die Grundsteuerbeträge im Mittel bei rund 830 Euro pro Jahr liegen. Dabei variieren die Werte jedoch erheblich. Von etwa 100 Euro in den unteren 10 % bis hin zu über 4 500 Euro in der Spitze! Vergleicht man die Werte 2025 mit den Werten 2024 zeigt sich ein klarer Anstieg. Denn der Mittelwert lag 2024 bei 522 Euro, was einem durchschnittlichen Anstieg von über 300 Euro pro Jahr entspricht. Auch bei den unterschiedlich verwendeten Grundsteuermodellen ergeben sich deutliche Unterschiede. Im Bundesmodell ergibt sich dabei ein durchschnittlicher Steuerbetrag für 2025 von ca. 807 Euro. Im Flächenmodell, die Bayerische Antwort auf die Grundsteuer, ergibt sich für 2025 ein Mittelwert von 847 Euro. Im Bodenwertmodell von Baden-Württemberg liegt der durchschnittliche Steuerbetrag bei 848 Euro.

Des Weiteren wird durch die Wirkungsanalyse deutlich, dass die Grundsteuer auch erheblich vom Immobilientyp beeinflusst wird. Für Ein- und Zweifamilienhäuser liegt der durchschnittliche Steuerbetrag 2025 bei 747 Euro, im Jahr 2024 waren es nur 463 Euro. Bei Mehrfamilienhäusern liegt der Mittelwert bei unglaublichen 1 370 Euro gegenüber 834 Euro für 2024. Ein vergleichsweise niedriger Mittelwert von 316 Euro gegenüber 285 Euro für 2024 ergibt sich bei den Eigentumswohnungen.

Zum Ergebnis, dass Besitzer von Wohnimmobilien nun tiefer in die Taschen greifen müssen, kommt auch der Bund der Steuerzahler bei seiner ersten Analyse für Baden-Württemberg. Dort zeigt sich eindeutig eine Verschiebung weg vom Gewerbe hin zu den Wohnimmobilien. Betrug in Ravensburg der Wohngebäudeanteil am gesamten Grundsteueraufkommen 54 % für 2024, so waren es 70 % für 2025. Demgegenüber vermindert sich das Grundsteueraufkommen beim Gewerbe von 45 % für 2024 auf 25 % für 2025. Dies hängt natürlich auch vom anzuwendenden Bodenwertmodell ab, da die Bodenrichtwerte für gewerbliche Flächen deutlich niedriger sind als die für Wohnimmobilien.

Und was haben die Kommunen mit ihren Hebesätzen gemacht, um die “Aufkommensneutralität” zu wahren? Bei rund 69 % aus der Wirkungsanalyse betrachteten Fälle liegen gestiegene Hebesätze vor gegenüber einer Kommunenquote von rund 22 %, die eine Senkung des Hebesatzes vorgenommen haben. Somit haben die Kommunen auch ihren Teil dazu beigetragen, dass das politisch ausgegebene Ziel der “Aufkommensneutralität” nicht erreicht wird.

Was bleibt als Fazit übrig? Die Grundsteuerreform wird für einen Großteil der Eigentümer von Wohnimmobilien spürbare Mehrbelastungen bringen. Das politische Versprechen der “Aufkommensneutralität” ist natürlich nicht eingetreten oder anders gesagt, hat sich in Luft aufgelöst!

Prof. Dr. Jonas Rossmanith, StB, Professur für Unternehmensbesteuerung, nationale und internationale Rechnungslegung an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Mitglied des Kammervorstandes der Steuerberaterkammer Stuttgart.

 
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