R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
BM - Berater-Magazin
Header Pfeil
 
 
RIW 2006, 1
Göthel 

Volle Vergütungskontrolle – SEC will neue Maßstäbe bei der Publizität von Managementvergütungen

Abbildung 1

Die rechtliche Behandlung von Managementgehältern ist eines der bestimmenden Corporate-Governance-Themen in Europa und den USA. Bearbeitet wird es von zwei Seiten: Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht wird untersucht, ob und inwieweit Vergütungsbestandteile inhaltlich überprüfbar sind. Eindrucksvoller deutscher Beleg ist das Strafverfahren gegen Organmitglieder und leitende Angestellte der Mannesmann AG. Dagegen widmet sich die kapitalmarktrechtliche Seite der Frage, inwieweit Managementgehälter offen zu legen sind. Ebenso eindrucksvoller deutscher Beleg ist das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz. Auf europäischer Ebene gibt es zwar nur eine Empfehlung, aber immerhin: Diese sieht über die individuelle Offenlegung der Vorstandsbezüge hinaus vor, die einzelnen Bezüge der Aufsichtsratsmitglieder mitzuteilen.

In den USA kennt man die kapitalmarktrechtliche Pflicht zur individuellen Offenlegung von Managementgehältern schon lange. Doch die US Securities and Exchange Commission (SEC) möchte die Veröffentlichungspflichten erweitern. Bislang verlangt sie lediglich, bestimmte Vergütungsbestandteile des chief executive officer (CEO) und der vier bestbezahlten Manager in Tabellenform zu veröffentlichen. Dies soll erweitert werden durch die Pflicht zur Publizierung weiterer Vergütungselemente sowie beschreibender Darstellungen. Stärker erfasst werden soll auch die Vergütung der directors.

Die auffälligste Erweiterung ist der geplante Abschnitt “Compensation Discussion and Analysis” (CD&A). Darin sollen die leitenden Ziele der Managementvergütung sowie die wesentlichen Gründe für diese Ziele aufgezeigt werden. Die CD&A bringt eine zusätzliche Verschärfung mit sich: Zukünftig werden Unternehmen verstärkt für fehlerhafte Angaben zur Vergütung haften müssen. Außerdem werden der CEO und der chief financial officer die Angaben als richtig bestätigen müssen; bei wissentlicher Falschbestätigung drohen hohe Geld- und Freiheitsstrafen aufgrund des Sarbanes-Oxley Act.

Der Vorstoß der SEC liegt ganz auf der Linie der US-amerikanischen kapitalmarktrechtlichen Regelungsphilosophie der Offenlegung. Wie die SEC betont, geht es ihr nur um Vergütungsklarheit, nicht um Vergütungskontrolle. Letztere soll weiterhin vor allem beim Anlegerpublikum liegen. Die einzelstaatlichen Gesellschaftsrechte unterstützen diesen Ansatz. Dies hat der Delaware Court of Chancery erst jüngst verdeutlicht, als er eine Aktionärsklage gegen das Management von Walt Disney abwies. Die Kläger wandten sich gegen die Abfindungszahlung in Höhe von $ 140 Millionen für den Spitzenmanager Michael Ovitz. Das Gericht stufte zwar die Leistungen des Entlassenen als wenig erfolgreich ein. Dennoch wollte es die hohe Abfindungszahlung nicht als unerlaubte Verschwendung einordnen, weil die directors und officers durch die business judgment rule geschützt seien. Es gelte: “The redress for failures that arise from faithful management must come from the markets, through the action of shareholders and the free flow of capital, and not from the court.”

Das US-amerikanische Recht weist damit die Verantwortung für die Höhe von rechtmäßig gewährten Managementvergütungen weiterhin dem Kapitalmarkt zu und zwingt die Unternehmen und ihre Entscheidungsträger mit scharfen Sanktionen zu rechtmäßiger Publizität. Das ist zu begrüßen. Vornehmlich die Anleger sollen über das angemessene Verhältnis von Leistung und Gegenleistung entscheiden. Die teilweise zu hörende Kritik, die vollständige und individuelle Offenlegung würde zu einem Wettrennen um die höchsten Gehälter führen und damit genau die nicht erwünschte Wirkung erzielen, dürfte nicht tragen. Die Anleger haben es in der Hand: Sie sollen zukünftig noch umfassender und differenzierter informiert werden. Außerdem sollen die Informationen übersichtlich und in allgemeinverständlicher Form (plain English) mitgeteilt werden. All dies sind wichtige Bausteine, damit die Anleger ihre Kontrollfunktion effizient erfüllen können. Nehmen sie diese Funktion wahr, können sie damit Managementvergütungen auf einem angemessenen Niveau halten und soweit erforderlich auf ein solches Niveau zurückführen. Dies gilt nicht nur in den USA, sondern dürfte auch für Deutschland zutreffen. Das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz macht es möglich.

Rechtsanwalt Dr. Stephan R. Göthel, LL.M. (Cornell), Hamburg

 
stats