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RdF 2012, 1
Veil 

Reform der Transparenzrichtlinie: halbherzige Schritte auf dem Weg zu einem einheitlichen Transparenzregime in Europa

Es hätte sich angeboten, auch Pflichten zur Mitteilung und Veröffentlichung der Absichten eines Investors beim Aufbau von wesentlichen Beteiligungen einzuführen

Abbildung 1

Die Europäische Kommission hat am 25.10.2011 einen Vorschlag zur Änderung der Transparenzrichtlinie unterbreitet. Sie will vor allem die Vorschriften über die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz reformieren. Die Marschroute ist richtig. Es überzeugt, dass die Kommission die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten für die Inhaber von Finanzinstrumenten ausbauen will. Investoren konnten sich in den letzten Jahren unbemerkt mithilfe von Cash settled Equity Swaps und anderen Finanzinnovationen an börsennotierte Gesellschaften anschleichen. Die teilweise spektakulären Fälle – in Deutschland die Fälle VW/Porsche und Continental/Schaeffler – haben das Vertrauen der Anleger erschüttert. Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich haben daher binnen kurzer Zeit eigene Transparenzregeln erlassen. Das Thema sollte aber möglichst einheitlich in Europa geregelt sein.

Was genau hat die Kommission vor? Ihr geht es darum, den Stimmrechtseinfluss möglichst frühzeitig publik zu machen. Die Eingangsmeldeschwelle soll daher bei 5 % der Stimmrechte liegen. Damit nicht genug. Die Stimmrechtsanteile aus Aktien und Finanzinstrumenten sollen außerdem zusammengerechnet werden. Ein Investor, der 2 % stimmberechtigte Aktien hält und Finanzinstrumente erwirbt, die ihm die Möglichkeit zum Erwerb weiterer 3 % Aktien einräumen, müsste also mitteilen, die Schwelle von 5 % erreicht zu haben. Rechtspolitisch ist diese Lösung nicht zweifelsfrei. Denn die erweiterten Transparenzregeln können zu einer Flut an Mitteilungen führen und beträchtliche Kosten verursachen. Die Erfahrung zeigt aber, dass eine strengere Regulierung notwendig ist und Schlupflöcher möglichst geschlossen werden sollten. Dies wird mit dem Regelungsvorschlag erreicht. Positiv zu bewerten ist, dass die neue europäische Aufsichtsbehörde ESMA eine Liste derjenigen Finanzinstrumente aufstellen kann, die Mitteilungspflichten unterliegen. Für die Praxis wäre es sicherlich aber noch sinnvoller, der ESMA auch die Befugnis einzuräumen, in einer White List festzulegen, welche Finanzinstrumente definitiv keine Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten auslösen.

Damit hat die Kommission allerdings schon ihr Pulver verschossen. Wer weitere größere Reformen der Transparenzregeln erwartet hat, wird enttäuscht. Dabei hätte es sich angeboten, auch Pflichten über die Transparenz von Absichten eines Investors beim Aufbau von wesentlichen Beteiligungen zu schaffen. Solche Regeln gibt es in Deutschland und Frankreich. Sie können sehr sinnvoll sein. Denn Anleger sind häufig nicht in der Lage, allein aus der Information, dass ein bestimmter Investor ein größeres Aktienpaket erworben hat, sinnvolle Schlüsse zu ziehen. Wenn aber ein Investor erklären muss, ob er strategische Ziele verfolgt und ob er beabsichtigt, die Kontrolle zu erlangen, können Anleger besser entscheiden, ihre Aktien zu halten oder zu veräußern. Es hätte sich angeboten, solche Pflichten in Europa einzuführen. Immerhin nimmt in den USA – dem Mutterland des Kapitalmarktrechts – die Pflicht zur Mitteilung und Veröffentlichung der Absichten eines Investors eine zentrale Rolle ein. Und empirische Untersuchungen haben eindrücklich gezeigt, dass solche Erklärungen für Anleger wertvoll sein können. Schließlich erscheint es nicht sinnvoll, dass die europäischen Staaten teilweise sehr unterschiedliche Regelung vorsehen. Warum die Kommission dieser Rechtszersplitterung nicht begegnen will, bleibt schleierhaft.

Prof. Dr. Rüdiger Veil

 
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