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RdF 2016, 265
Schalast 

RefE Zweites FiMaNoG: nichts als Umsetzung von MiFID II und MiFIR oder doch mehr?

So ganz “business as usual” ist die Neuordnung der Finanzmärkte im Nach-Brexit-Zeitraum nicht.

Abbildung 1

Seit Ende September liegt der Referentenentwurf (RefE) des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (FiMaNoG) vor, das fast alle Kernbereiche des Bank- und Finanzmarktrechts, vom Wertpapierhandelsgesetz über das KWG bis zum Börsengesetz und weit darüber hinaus, verändern wird.

Anlass für das aktuelle Vorhaben ist die Verpflichtung zur Umsetzung der zweiten Europäischen Finanzmarktrichtlinie (MiFID II), die bereits im Juli 2014 das europäische Gesetzgebungsverfahren durchlaufen hatte und deren Umsetzungsfrist nunmehr abläuft. Und dies ist es auch! Denn nur eine europäische Richtlinie bedarf der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber, die weiteren Vorschriften, insbes. die Finanzmarktverordnung (MiFIR) und anderen Second-Level-Verordnungen, gelten direkt und unmittelbar in Deutschland. Insoweit handelt es sich in weiten Teilen um eine freundliche Serviceleistung des Bundesgesetzgebers.

Doch so ganz “business as usual” ist die Neuordnung der Finanzmärkte im Nach-Brexit-Zeitraum dann auch nicht. Denn alle Akteure schielen jetzt auf das Vereinigte Königreich: Noch ist es verpflichtet, den Weg mitzugehen, noch gelten die neuen Finanzmarktverordnungen in London, aber wie wird dies im Frühjahr 2019 aussehen? Die Einen hoffen natürlich darauf – so immer wieder kolportiert –, dass über MiFID II für Finanzdienstleister mit Sitz im United Kingdom weiterhin ein gewisser Zugang zum Binnenmarkt gewährleistet ist, soweit das Regulierungsniveau beibehalten wird. Dabei hilft ihnen sicherlich auch das Argument, dass es sich vorliegend gar nicht um ein primäres EU-Projekt handelt, sondern dass es im Kern um Reformvorschläge geht, die unmittelbar nach der Lehman-Insolvenz im Rahmen der G20 entwickelt wurden. Doch die G20 haben eben einen gewaltigen Nachteil, im Gegensatz zur EU können sie kein verbindliches Recht schaffen.

Nun zu den wichtigsten inhaltlichen Änderungen: Das Zweite FiMaNoG hat zwei zentrale Anliegen – Verstärkung des Anlegerschutzes und Schließung von Regulierungslücken i. V. m. der Herstellung von mehr Transparenz, insbes. in Derivatemärkten und beim Hochfrequenzhandel.

Im Bereich Anlegerschutz steht die Sicherstellung der Unabhängigkeit der Anlageberatung, v. a. das altbekannte Thema von Provisionen/Zuwendungen, weiter im Fokus. Die zentralen Instrumente dazu sind bekannt: weitgehende Herstellung von Transparenz und – das ist neu – es werden nicht nur den nationalen Aufsichtsbehörden, sondern auch der European Securities and Markets Authority (ESMA) Befugnisse zur Beschränkung oder auch Untersagung der Vermarktung bzw. des Vertriebs von bestimmten Anlageprodukten eingeräumt. Hinzu kommt, und das ist ja heute bei jedem neuen Finanzmarktregulierungsschub die Regel, eine weitere Verschärfung der den Aufsichtsbehörden eingeräumten Sanktionsmöglichkeiten.

Das zweite große Kapitel des FiMaNoG ist die sog. Schließung von Regulierungslücken. Eine der wichtigsten Lehren aus der Finanzkrise war, dass nicht regulierte Märkte/graue Märkte – das sog. Shadow Banking – sich als besonders gefährlich für die Finanzmarktstabilität erweisen können. Deshalb sollte die Regulierungsintensität und damit einhergehend die Transparenz auf möglichst alle relevanten Marktsektoren ausgedehnt werden. Im Fokus stehen dabei v. a. komplexe und strukturierte Produkte sowie Derivate. Nicht zuletzt der OTC-Handel soll durch die Erfassung seiner Handelsplattformen für den Zugriff der Regulierer geöffnet werden.

Das vielleicht im Augenblick aber am meisten diskutierte Thema ist der Hochfrequenzhandel. Die Bundesbank hat dazu letzten Monat eine erste, auf Eurex-Daten des Jahres 2014 beruhende, Untersuchung vorgelegt (www.bundesbank.de). Ihr Ergebnis war eindeutig: Hochfrequenzhandel wird dann gefährlich, wenn sich Märkte krisenhaft entwickeln. Insoweit ist nachvollziehbar, dass MiFID II nunmehr die Zulassungsvoraussetzungen, die in Deutschland bereits durch das Hochfrequenzhandelsgesetz geregelt waren, in der EU vereinheitlicht.

Die europäische Regulierungsintensität wird also steigen. Aber was nunmehr noch komplexer geworden ist, ist das Zusammenwirken zwischen nationalen und supranationalen Gesetzgebern sowie Regulierungsbehörden.

Prof. Dr. Christoph Schalast, RA/Notar, ist Gründungspartner der Kanzlei Schalast & Partner Rechtsanwälte in Frankfurt a. M. sowie Professor an der Frankfurt School of Finance and Management

 
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