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Neue Regeln für Fremdkapital im Konzern – Bitte mit Augenmaß!

Für weitere Beschränkungen durch einen neuen § 1a AStG besteht kein Bedarf.

Abbildung 1

Wie Diskussionen in Betriebsprüfungen zeigen, steht der Fiskus dem Einsatz von Fremdkapital im Konzern immer kritischer gegenüber. Erhebliche Unsicherheiten für die Praxis ergeben sich zudem durch eine Rechtsprechungsänderung des BFH im Jahr 2019 sowie aktuelle Gesetzesvorschläge. Der Gesetzgeber und die Verwaltung sollten mit Augenmaß vorgehen.

Ausgangspunkt für die aktuellen Entwicklungen sind drei Urteile des BFH vom 27.2.2019 (I R 73/16, BB 2019, 1327 mit BB-Komm. Bünning; I R 51/17, BB 2019, 2480 Ls, mit BB-Komm. Bünning und I R 81/17), mit denen er sich überraschend von seiner langjährigen Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verlusten aus Konzernfinanzierungen verabschiedet hat. Es geht dabei um die Frage, ob die Finanzverwaltung Verluste aus der Fremdfinanzierung notleidender ausländischer Konzerntöchter steuerlich unberücksichtigt lassen darf, weil die Forderungen – wie im Konzern typisch, aber zwischen fremden Dritten untypisch – unbesichert waren. Der BFH hatte dies bislang in ständiger Rechtsprechung verneint. Zum einen könne ein Darlehen im Konzern auch ohne Besicherung fremdvergleichsgerecht sein, wenn schon die Konzernbeziehungen (der sog. “Rückhalt im Konzern”) für sich genommen eine Sicherheit bedeuten. Zum anderen scheitere eine Korrektur bei Bestehen eines Doppelbesteuerungsabkommens jedenfalls an der Sperrwirkung des abkommensrechtlichen Dealing-at-Arm's-Length-Grundsatzes. Danach sei zwar eine Anpassung der Höhe (z. B. im Hinblick auf die vereinbarten Zinsen), nicht aber dem Grunde nach zulässig. Die Kehrtwende des BFH ist bemerkenswert. Es überrascht, mit welcher Leichtigkeit er sich über die tragenden Gründe seiner bisherigen Rechtsprechung hinwegsetzt. Der Rückhalt im Konzern – er soll bei der Beurteilung der Fremdüblichkeit künftig keine Rolle mehr spielen. Allein eine Besicherung der Konzernforderung hätte dem Fremdvergleich entsprochen. Die abkommensrechtliche Sperrwirkung? Sie sei bislang zu eng verstanden worden. Weil sich der BFH in einem der Urteile auch noch ausführlich mit der Frage beschäftigte, ob nach den neuen Maßstäben fremdunübliche Darlehensbeziehungen sogar dazu führen können, dass Darlehen steuerlich in Einlagen umzuqualifizieren sind, kommt es in der Praxis zu erheblicher Unsicherheit. Müssen Konzernfinanzierungen im Konzern künftig zwingend besichert werden (was vielfach völlig unpraktikabel, jedenfalls aber mit erheblichem Kostenaufwand – z. B. Grundschuldbestellung – verbunden wäre)? Kann es ansonsten sogar zur Versagung des Zinsaufwands beim Darlehensnehmer kommen? Ist die Messlatte der “Konzernüblichkeit” wirklich irrelevant? Und wie weist man die Fremdüblichkeit von Finanzierungen nach, die zwischen fremden Dritten gar nicht denkbar sind (z. B. Cash Pool)?

Dem BMF scheint die geänderte Rechtsprechung Motivation für noch weitreichendere Verschärfungen zu bieten. Im Referentenentwurf für das ATAD-Umsetzungsgesetz wird in einem neuen § 1a AStG (vereinfacht) vorgeschlagen, jeglichen Aufwand (d. h. auch Zinsaufwand) aus grenzüberschreitenden Konzernfinanzierungen künftig nur noch zum Abzug zuzulassen, wenn der Steuerpflichtige die Fremdüblichkeit belegt. Kann der Steuerpflichtige dann etwa nicht nachweisen, dass der Zinssatz angemessen ist, käme es nicht mehr nur zur Anpassung, sondern gleich zur kompletten Versagung des Zinsaufwands. In der Praxis entsteht so erheblicher Dokumentationsaufwand. Echte Drittangebote werden sich häufig schon aus Zeitgründen kaum einholen lassen oder von geringem Wert sein (etwa weil die Bank vermutet, dass sie nicht zum Zug kommt, sondern nur die Angemessenheit dokumentiert werden soll). Anders als in der Gesetzesbegründung vorgegeben, entspricht der vorgeschlagene Ansatz nicht dem Fremdvergleich nach internationalen Standards. Auch unionsrechtliche Bedenken, denen der BFH nach Auffassung vieler Autoren (vgl. etwa Gosch, DStR 2019, 2441) zu wenig Bedeutung beimaß, sind offensichtlich. Der übermäßige Einsatz von Fremdkapital im Konzern wird bereits durch die Zinsschranke, die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Schuldzinsen sowie den allgemeinen Fremdvergleichsmaßstab für Zinsen ausreichend adressiert. Für weitere Beschränkungen durch einen neuen § 1a AStG besteht kein Bedarf. Das BMF sollte sich besser darauf konzentrieren, die durch die geänderte BFH-Rechtsprechung aufgeworfenen Fragen pragmatisch zu klären.

Florian Lechner, RA, ist Partner im Fachbereich Steuerrecht bei Jones Day in Frankfurt a. M.

 
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