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RdF 2013, 177
Körner 

Internationale Besteuerungsregeln für derivative Finanzinstrumente - Nachbesserung wünschenswert

Hedging benötigt eine klare Basis in den DBA

Abbildung 1

Theoretisch ist die Einordnung von Einkünften aus derivativen Finanzinstrumenten in das System der üblichen Doppelbesteuerungsabkommen nicht schwierig. Einkünfte aus derartigen Instrumenten fallen grundsätzlich ausschließlich in die Besteuerungskompetenz des Ansässigkeitsstaats. Es kann dabei aus praktischer Sicht regelmäßig dahin stehen, ob sich diese ausschließliche Besteuerungskompetenz aus der Zuweisung des Besteuerungsrechts für Veräußerungsgewinne (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA) ergibt oder aber aus dem Residualartikel über die Besteuerung nicht anderweitig erfasster Einkünfte (Art. 21 Abs. 1 OECD-MA).

In praktischer Hinsicht entstehen aber in der Abgrenzung der internationalen Besteuerungskompetenzen in diesem Zusammenhang erhebliche Probleme. Dadurch werden die bereits bei nationalen Sachverhalten bestehenden Rechtsunsicherheiten und Nachteile noch verschärft:

Insbes. stellen sich diese Probleme im Bereich der eingebetteten Termingeschäfte. Bspw. fällt die Vergütung für eine (Fremd-)Kapitalüberlassung in Form einer Wandelschuldverschreibung grundsätzlich unter den Zinsartikel des DBA (Art. 11 OECD-MA). Somit besteht diesbezüglich ein begrenztes Besteuerungsrecht des Quellenstaats, was diese Vergütungen betrifft. Angesichts dessen, dass diese abkommensrechtlich komplett als Zins einzustufende Vergütung sich in ökonomischer Hinsicht aus einer Zinskomponente und einer Termingeschäftskomponente in Gestalt einer Optionsprämie zusammensetzt, verlagert sich ökonomisch das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus dem derivativen Finanzinstrument zum Teil aus dem Ansässigkeitsstaat in den Quellenstaat. Da das Besteuerungsrecht für den Wandlungsgewinn beim Ansässigkeitsstaat verbleibt, wird dieselbe Person mit einzelnen Einkunftsteilen aus dem Termingeschäft (auch) im Quellenstaat besteuert, mit anderen nur im Ansässigkeitsstaat. Vor allem i. V. m. den üblichen Problemen der Entstehung von Anrechnungsüberhängen bei Refinanzierungsgestaltungen drohen hier massive Überbesteuerungen. Noch problematischer wird es, wenn die beiden Abkommensstaaten die Einstufung einzelner Zahlungsströme unter verschiedenen Abkommensnormen vornehmen, was bei Wandelschuldverschreibungen wie bei hybriden Instrumenten generell nichts Unübliches ist.

Ein weiteres erhebliches Problem stellt sich im Bereich des Hedging, gerade im Bereich des Portfolio/Macro Hedging. Durch die Zuweisung der Besteuerungsrechte für einzelne Bestandteile einer Bewertungseinheit in verschiedene Jurisdiktionen kann die grundsätzliche Neutralität der Bewertungseinheit durch steuerliche Effekte verzerrt werden - ganz zu schweigen von dem praktischen Problem, dass jeder Fiskus dazu neigt, negative Zahlungsströme prinzipiell in die Besteuerungskompetenz des Auslands zu definieren, positive dagegen in die eigene Besteuerungskompetenz, etwa im Rahmen der Diagnose der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit von Einkunftsteilen zu Betriebsstätten.

Die vor kurzem veröffentlichte deutsche „Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen“ hat diese Problemkreise leider keiner Klärung zugeführt, ebenso wenig wie der Authorized OECD Approach, um dessen Abbildung sich die deutsche „Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen“ bemüht. Wünschenswert wären stattdessen Spezialregelungen in den diversen davon berührten DBA-Artikeln über Zinsen, Dividenden, Veräußerungsgewinne sowie über andere Einkünfte, bspw. die abkommensrechtliche einheitliche Zuweisung des Besteuerungsrechts für alle Bestandteile einer Bewertungseinheit in ein und denselben Staat sowie eine präzise Regelung zur Behandlung von Instrumenten mit eingebettetem Termingeschäft. Somit wäre de lege ferenda entweder einer Nachbesserung der „Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen“ in diesem Sinne oder aber wenigstens eine Ergänzung der einzelnen DBA anzustreben. Anders als man vielleicht denken mag, wäre auf diese Weise nicht nur den Anbietern derivativer Sicherungsinstrumente, also der Finanzbranche, sondern v. a. der Industrie gedient, die derartige Instrumente ausschließlich zu Sicherungszwecken einsetzt und dabei vielfach steuerlichen Rechtsunsicherheiten und Nachteilen ausgesetzt ist, die diesen Sicherungszweck gefährden, was mit einer Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip nichts zu tun hat.

Dr. Andreas Körner ist Leiter des Teams Finanzierung und Umwandlungssteuerrecht in der Steuerabteilung der Volkswagen AG

 
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