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RdF 2013, 265
Barckow 

Hedge Accounting, die Zweite!

Die Neuregelung der Sicherungsbilanzierung nach IFRS ist zwar nicht perfekt, aber ein deutlicher Fortschritt für viele Bilanzierende.

Abbildung 1

Gut drei Jahre nach dem Entwurf legt der International Accounting Standards Board (IASB) in Kürze neue Vorschriften zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen vor, der dritten Phase seines IFRS 9-Projekts. Werden wir endlich zu sehen bekommen, welche Unternehmen Risiken in ihren Büchern (versteckt) haben? Nein. Nein? Verwirrt?

Die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen – engl. Hedge Accounting – gehört zu den komplexeren Normen im IFRS-Regelwerk. Ein Teil der Komplexität rührt aus dem Umstand, dass die bilanzielle Abbildung ein profundes finanzwirtschaftliches Verständnis erfordert, und das gehört nicht zum Anforderungsprofil eines klassischen Bilanzbuchhalters. Im Kern geht es darum, dass ein Unternehmen bestimmte Risiken aus einem Geschäft vermindern oder beseitigen möchte. Dazu schließt es ein Geschäft mit einem gegenläufigen Risikoprofil ab, so dass sich die Wertänderungen beider Geschäfte egalisieren. Damit dies auch bilanziell so ankommt, müssen risikoverursachendes und -minderndes Geschäft gleich bewertet werden. Genau das ist aber häufig nicht der Fall: Das Sicherungsinstrument, i. d. R. ein Derivat, muss zum beizulegenden Zeitwert bilanziert werden, während das Grundgeschäft zumeist zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet wird, so dass der Sicherungszusammenhang ohne Zutun nicht abgebildet wird. Hier kommt das Hedge Accounting ins Spiel.

Hedge Accounting ist ein Bilanzierungswahlrecht. Ganz recht, ein Wahlrecht: Unternehmen dürfen die eigentlich vorgeschriebene Bilanzierung von Grund- oder Sicherungsgeschäft außer Kraft setzen, sofern sie nachweisen, dass ein Sicherungszusammenhang vorliegt und dieser auch die intendierte Wirkung entfaltet. Die Sicherungswirkung, als Effektivität bezeichnet, muss einen Kompensationsgrad von mindestens 80 % aufweisen und in jeder Periode nachgewiesen werden. Abgesehen davon, dass viele Unternehmen keine 1:1-Sicherungen eingehen, sondern Risiken auf Portfolioebene absichern, empfinden sie diese Dokumentationsanforderungen als derart aufwendig, dass sie lieber die Verzerrung in der GuV in Kauf statt das Wahlrecht in Anspruch nehmen. Dass aber dem IASB ein bloßes “trust me” als Rechtfertigung zur Aussetzung der Vorschriften nicht ausreicht, kann nur die in Erstaunen versetzen, die Rechnungswesen nach dem Propädeutikum abgewählt haben – Bilanzierung hat nun einmal etwas mit Aufzeichnung und Dokumentation zu tun. Es gilt vielmehr, eine ausgewogene Balance zwischen Regelungsstrenge und notwendiger Konvention zu finden, und hier sind die neuen Vorschriften ein Schritt in die richtige Richtung.

Als Ziel des Hedge Accounting gibt der IASB aus, die Auswirkungen von im betrieblichen Risikomanagement getroffenen Sicherungsmaßnahmen abbilden zu wollen. Zwar hält der IASB – seiner Zielsetzung zuwiderlaufend – an einem Abbildungswahlrecht fest; allerdings entlässt er den Bilanzierenden nicht mehr aus dem einmal in Anspruch genommenen Wahlrecht: Eine freiwillige Beendigung der Sicherungsbilanzierung soll es nicht mehr geben. Vielmehr ist diese erst und nur dann zu beenden, wenn der tatsächliche Sicherungszusammenhang nicht mehr besteht. Den Effektivitätstest mit seinen starren Grenzen ersetzt der Board durch einen qualitativ zu erbringenden Nachweis, so dass vorübergehende Unter- oder Übersicherungen sowie unwesentliche Abweichungen nicht mehr zum zwangsweisen Abbruch des Hedge Accounting führen. Allein dies ist schon ein Meilenstein.

Die gemessen an ihrer Wirkung bedeutendste Änderung nimmt der IASB an den Bestimmungen zur Absicherung von Teilrisiken im Warenbereich vor. Durften Unternehmen bis dato Sicherungen von Komponentenrisiken bilanziell mit Ausnahme des Währungsrisikos nicht abbilden, fällt diese Beschränkung. Künftig wird es bspw. Herstellern weißer Ware möglich sein, die Absicherung von Waschmaschinen gegen Preisschwankungen des in ihnen enthaltenen Kupferaggregats abzubilden.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings auch: Unternehmen im Finanzdienstleistungssektor müssen weiter auf praxistaugliche Bilanzierungsvorschriften von dynamischen Sicherungsstrategien warten. Da der IASB der Ansicht war, so ziemlich jede maßgebliche Bilanzierungskonvention der letzten 500 Jahre brechen zu müssen, entschloss man sich, diesen Bereich vom IFRS 9-Projekt abzukoppeln und zunächst in einem Diskussionspapier abzuhandeln – Ausgang ungewiss. Nichtsdestotrotz: Die vorgelegten Änderungen sind eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status quo – wenn auch nicht für jeden im gleichen Ausmaß.

Prof. Dr. Andreas Barckow ist Leiter des IFRS Centres of Excellence, Deloitte & Touche, Frankfurt

 
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