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NUR 2012, 193
Cramer 

Der „Recast“ des ersten Eisenbahnpakets

Michael Cramer, MdEP*

Die in der Neufassung des ersten Eisenbahnpakets, dem sog. „Recast“, erzielte Einigung zwischen Parlament und Rat ist eine wichtige Weichenstellung für den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene, weil an entscheidenden Stellen nachgebessert wurde, um einen Einheitlichen Europäischen Eisenbahnraum zu schaffen.

Mit starker Unterstützung der Grünen-Fraktion hatte das Europäische Parlament die Schaffung von strengen, unabhängigen und kurzfristig entscheidenden nationalen Regulierungsbehörden zu seiner obersten Priorität erklärt. Dank dieser klaren Zielsetzung konnten den Verkehrsministern entscheidende Zugeständnisse abgerungen werden. So haben die Mitgliedstaaten ab Inkrafttreten der Richtlinie 30 Monate Zeit, um vom Eisenbahnsektor und politischer Einflussnahme unabhängige Regulierer mit ausreichender personeller und materieller Ausstattung einzusetzen.

Diese Regulierungsstellen müssen im Regelfall innerhalb von sechs Wochen über Beschwerden entscheiden. Nur in Ausnahmen kann diese Prozedur auf maximal 16 Wochen verlängert werden. Unbegrenztes Verzögern von Entscheidungen, wie es in der Vergangenheit immer wieder in einigen Mitgliedstaaten zu beobachten war, wird damit unmöglich gemacht.

Denn es gab Regulierungsstellen, die nach 14 Tagen eine Trasse genehmigten. Es gab aber leider auch einige, die innerhalb von zwei Monaten entschieden – wenn alle Formulare korrekt ausgefüllt sind. Da das im Ermessen der Regulierer lag, die alles andere als unabhängig waren, konnte es Jahre dauern. All das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Damit die nationalen Aufsichtsbehörden auf europäischer Ebene zusammenarbeiten, soll auf Druck des Parlaments ein EU-Netzwerk geschaffen werden, dessen Arbeit die Kommission koordiniert. Die Erfahrungen aus dieser Kooperation werden zeigen, ob die Schaffung einer europäischen Regulierungsinstanz, die sich vor allem um grenzüberschreitende Problemfälle kümmert, in Zukunft nötig sein wird.

Aber nicht nur die effektive und unabhängige Regulierung sowie die allgemeine Nutzung von Serviceeinrichtungen sind positiv zu bewerten. Auch über Anreize zum Einsatz von ERTMS („European Rail Traffic Management System“), dem Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystem, und zur Lärmreduzierung an der Quelle wurde eine Einigung erzielt. So sollen lärmabhängige Trassenpreise und öffentliche Mittel von EU und Mitgliedstaaten Anreize zur Reduzierung des Lärms von Güterwaggons durch die Nachrüstung mit Flüsterbremsen geben. Zugleich wird den Eisenbahnunternehmen die freie Wahl des Energieversorgers zugesichert, weil in der Vergangenheit private Wettbewerber über höhere Strompreise oftmals diskriminiert wurden.

Abbildung 1

*

Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament.

 
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