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Was uns bewegt – 11. Presserechtsforum

Abbildung 1

Prof. Dr. Roger Mann

Fangen wir einmal mit einem persönlichen Bekenntnis an: Ich gehöre zu einer Generation, für die Meinungs- und Pressfreiheit etwas Selbstverständliches waren. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich mit der Äußerung meiner politischen Ansichten ein persönliches Risiko eingehe, noch hatte ich dieses Gefühl mit Blick auf diejenigen, die für andere Ansichten warben. Journalist schien mir kein besonders gefährlicher Beruf zu sein. Und heute? Journalistinnen und Journalisten sehen sich auch bei uns zunehmend Angriffen ausgesetzt. Kamerateams werden verprügelt. Aber auch Wirtschaftsberichterstattung wird immer schwieriger. Dabei geht es nicht um das legitime Ringen um die Rechtmäßigkeit von Publikationen vor den Zivilgerichten, sondern um das in letzter Zeit zu beobachtende Phänomen, dass insbesondere Akteure aus dem “Grauen Kapitalmarkt” Journalistinnen und Journalisten neben Klagen zunehmend mit Strafanzeigen überziehen, die sie dann im Internet publizieren. Die mit solchen Verfahren verbundenen Kosten können sich nur noch große Medienunternehmen leisten. Für freie Autorinnen und Autoren bedeutet allein ein solcher Angriff schnell der Ruin. Wie geht der Rechtsstaat damit um? Darüber wollen wir beim diesjährigen Presserechtsforum unter anderem mit der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann diskutieren.

Auch die Foren haben es dieses Jahr wieder in sich: Wen berührt der sexuelle Missbrauch von Kindern nicht? Besonders schlimm ist es, wenn dabei Vertrauen missbraucht wird und das auch noch innerhalb einer Institution, die für Schutz und Fürsorge steht, der Kirche. Im Jahr 2021 stand vor allem der Versuch einer Aufarbeitung im Erzbistum Köln im Mittelpunkt, nicht zuletzt, weil ein Aufarbeitungsbericht vom Kölner Erzbischof Kardinal Woelki als “rechtlich fehlerhaft” zurückgezogen und durch einen neuen ersetzt wurde. Gerade weil es um so schwerwiegende Anschuldigungen geht, stellt sich die Frage, wie man mit den Persönlichkeitsrechten nicht nur der Opfer, sondern auch der Beschuldigten in solchen Berichten umgeht. Die Moderatoren unseres Forums zu diesem Thema waren beide mit derartigen Aufarbeitungsberichten befasst, natürlich aus unterschiedlichen Blickwinkeln, so wie es dem Konzept des Presserechtsforums entspricht.

Weniger emotional, aber nicht weniger spannend wird es sicherlich beim zweiten Forum: Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht ist eine schillernde Rechtsfigur. In anderen Rechtskreisen völlig unbekannt, hat es der BGH entwickelt und in ständiger Rechtsprechung bestätigt, während das Bundesverfassungsgericht seine Existenz in der “Gen-Milch”-Entscheidung ausdrücklich offengelassen hat. Da drängt sich die Frage auf, ob rechtliche Kategorien wie Schmähkritik oder das Recht auf Vergessenwerden, die mit Blick auf den Schutz natürlicher Personen entwickelt wurden, auch auf Unternehmen und juristische Personen anwendbar sind.

Im Fluss scheinen zunehmend auch wieder die Grenzen zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung zu sein. Das ist nicht nur in den “Sozialen Medien” etwa durch Influencer zu beobachten, sondern auch in den “Klassischen Medien”. Dabei geht es häufig um die Frage, wann die Grenze zwischen redaktioneller Berichterstattung über Prominente zur Werbung mit ihnen überschritten wird. Da dabei nicht zuletzt um hohe Lizenzentschädigungen gestritten wird, wollen wir uns damit beschäftigen.

Und natürlich beschäftigt uns das Thema Verdachtsberichterstattung auch in dieses Mal. Gerade weil es dabei häufig um intensive Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen auf der einen Seite und ein hohes öffentliches Interesse an der Aufdeckung von Skandalen auf der anderen Seite geht, wird hier besonders intensiv gerungen. Und beide Seiten versuchen, die Linien bei den Grenzen und Anforderungen der Verdachtsberichterstattung immer wieder aufs Neue in ihrem Sinne zu verschieben. Seit 2019 hat unter anderem die unter dem Schlagwort “Staatsanwalt ermittelt gegen Staranwalt” bekannt gewordene Entscheidung des BGH für Verunsicherung gesorgt. Und auch der Umfang der erforderlichen Konfrontation ist immer wieder ein heiß umkämpftes Thema. Wir wollen versuchen, in diesem Forum die Konturen zu schärfen.

Die Umstände der Corona-Pandemie haben uns leider kurzfristig wieder dazu gezwungen, die Veranstaltung ausschließlich als Online-Konferenz durchzuführen. Immerhin wissen wir nach den positiven Erfahrungen vom letzten Mal, dass darunter weder die Diskussionen in den Foren noch die informellen Gespräche in den Pausen leiden. Freuen wir uns deshalb wieder auf den intensiven Austausch außerhalb des Gerichtssaals.

Prof. Dr. Roger Mann*

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RA und FA für Urheber- und Medienrecht, Partner der Hamburger Sozietät DAMM & MANN und Honorarprofessor an der Georg-August-Universität Göttingen. Studium an der Ruhr-Universität Bochum und der London School of Economics.

 
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