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EWS 2023, I
Schwendinger 

EU Foreign Subsidies Regulation – finally a level playing field?

Abbildung 1

Die FSR wird erhebliche Auswirkungen auf öffentliche Vergabeverfahren und M&A-Transaktionen haben

Die EU sagt Subventionen aus Drittstaaten den Kampf an. Die am 12. 1. 2023 in Kraft getretene “Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen” (EU) 2022/2560 bzw. “Foreign Subsidies Regulation” (FSR) soll diesem Zweck dienen und findet ab dem 12. 7. 2023 weitgehend Anwendung.

Die FSR soll der Europäischen Kommission eine adäquate Kontrolle drittstaatlicher Subventionen ermöglichen und gibt ihr die Kompetenz, bei Bedarf die wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen. Ziel ist es, für gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu sorgen (“level playing field”).

Die FSR betrifft zum einen öffentliche Vergabeverfahren und wird zum anderen erhebliche Auswirkungen auf M&A-Transaktionen (Fusionen und Übernahmen) haben. Für die im EU-Binnenmarkt tätigen Unternehmen bedeutet dies in erster Linie einen deutlich erhöhten Bürokratie- sowie Kostenaufwand. Die Anmeldepflichten und Prüfverfahren der neuen Drittstaatensubventionskontrolle treten dabei zu den bekannten Instrumenten der kartellrechtlichen Fusionskontrolle und der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionskontrolle hinzu und sind von diesen unabhängig.

Die FSR hält dafür drei spezifische Prüfinstrumente bereit:

Erstens sieht Kapitel 3 der FSR neue Regeln für M&A-Transaktionen vor. Hat das erworbene oder ein an der Fusion beteiligtes Unternehmen im vorangegangenen Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von mindestens 500 Mio. Euro innerhalb der EU erzielt und hat eines der beteiligten Unternehmen eine drittstaatliche finanzielle Zuwendung von mindestens 50 Mio. Euro innerhalb der letzten drei Kalenderjahre erhalten, muss die geplante Fusion bzw. die geplante Übernahme vor dem Vollzug bei der Kommission angemeldet werden.

Während die Prüfung durch die Kommission läuft, dürfen angemeldete Fusionen und Übernahmen nicht vollzogen werden (Vollzugsverbot unter Bußgeldandrohung). Dabei knüpft die Anmeldepflicht an drittstaatliche finanzielle Zuwendungen der öffentlichen Hand an, was weiter zu fassen ist als der Begriff der Subvention, sodass es für die formell-rechtliche Anmeldepflicht auf ein begünstigendes Element zunächst nicht ankommt. Diese Anmeldepflicht greift grundsätzlich dann ein, wenn ein Zusammenschluss dadurch bewirkt wird, dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle stattfindet.

Zweitens muss zukünftig bei großen öffentlichen Vergabeverfahren mit einem geschätzten Auftragswert oberhalb der Schwelle von 250 Mio. Euro ebenfalls ein Anmeldeverfahren durchgeführt werden, wenn der Bieter eine drittstaatliche finanzielle Zuwendung von mindestens 4 Mio. Euro erhalten hat. Auch insoweit greift ein Vollzugsverbot, d. h. während der Prüfung durch die Kommission darf im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens Bietern, die Gegenstand einer Prüfung sind, nicht der Zuschlag erteilt werden.

Drittens sieht die FSR für alle weiteren Marktsituationen und für Zusammenschlüsse bzw. Gebote in öffentlichen Vergabeverfahren nach Zuschlagserteilung unterhalb der jeweiligen Schwellenwerte ein dem kartellrechtlichen Pendant ähnelndes allgemeines Marktuntersuchungsinstrument für die Fälle vor, in denen die Kommission eine drittstaatliche Subvention vermutet. In diesen Fällen kann Brüssel dann im Ergebnis eine Ad-hoc-Anmeldung verlangen.

Die Kommission hat am 6. 2. 2023 einen Entwurf für eine Durchführungsverordnung vorgelegt, in der die anzuwendenden Vorschriften und das Verfahren im Rahmen der Drittstaatensubventionskontrolle erläutert werden. Hierin finden sich praktische und verfahrenstechnische Aspekte im Zusammenhang mit der Anwendung der FSR, wenn der Verdacht auf wettbewerbswidrige drittstaatliche Subventionen besteht. Zudem wurden zwei Formularentwürfe, zum einen für Zusammenschlüsse (Annex I) und zum anderen für öffentliche Vergabeverfahren (Annex II), veröffentlicht.

Im Entwurf wird nach einer Bestimmung des Anwendungsbereichs (Kapitel I) insbesondere der Personenkreis festgelegt, der Anmeldungen von Fusionen vorzunehmen bzw. Erklärungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge abzugeben hat (Kapitel II). Leitet die Kommission nach der Übermittlung der Formularblätter eine sog. eingehende Untersuchung ein, veröffentlicht sie eine Zusammenfassung ihrer Entscheidung im Amtsblatt der EU (Kapitel III). Daraufhin wird das betroffene Unternehmen angehört. Es folgen Regelungen zur form- und fristgemäßen Einreichung von Verpflichtungsangeboten im Rahmen angemeldeter M&A-Transaktionen und öffentlicher Vergabeverfahren (Kapitel IV). Das von einer Untersuchung der Kommission betroffene Unternehmen wird ebenfalls angehört (Kapitel V).

Interessierte Wirtschaftsbeteiligte hatten im Rahmen eines öffentlichen Konsultationsverfahrens bis zum 6. 3. 2023 Zeit, Stellungnahmen zum Entwurf abzugeben. Das Feedback von mitgliedstaatlichen Behörden, Unternehmen, Kanzleien, Hochschulen, NGOs und anderen Interessierten war dabei grundsätzlich wohlwollend, wobei u. a. einige Interessierte anmahnten, es dürfe für Subventionen aus Drittstaaten mit Blick auf ein level playing field auch kein strengerer Maßstab als im EU Wettbewerbs- bzw. Beihilfenrecht angelegt werden. Auch sektorspezifische außergewöhnliche Belastungen durch die neuen Rechtsakte wurden beklagt. Es wurde zudem eine Vielzahl von Detailänderungen angeregt. Prominent ist insbesondere die Forderung nach der Inkorporierung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung und von Rechtsschutzmöglichkeiten.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die eingegangenen Stellungnahmen von der Kommission bei der Ausarbeitung der endgültigen Fassung der Durchführungsverordnung berücksichtigt und auch die in den kommenden Monaten zu veröffentlichenden Auslegungsleitlinien der Kommission beeinflussen werden.

Dr. Gerd Schwendinger, LL.M., Rechtsanwalt, Hamburg/Brüssel

 
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