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EWS 2019, I
Frenz 

EEG-Ökostromförderung keine Beihilfe

Abbildung 1

Es passiert selten, dass der EuGH in Abweichung von Kommission und EuG urteilt, und dann in jüngerer Zeit auch eher im Kartellrecht. Im Fall des deutschen EEG ist es so gewesen: Am 28. 3. 2019 entschied der Gerichtshof (C-405/16 P), dass die deutsche Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien keine Beihilfe darstellt (EWS 2019, 98). Erhalten blieb zwar die Grundlinie, dass Beihilfen auch von unabhängigen Einrichtungen gewährt werden können, denen die Verteilung vom Staat übertragen wurde, und nicht in jedem Fall zum Vermögen des Staates gehörende Mittel übertragen worden sein müssen, sofern diese Mittel nur unter ständiger staatlicher Kontrolle sind (Rn. 55–57). Genau an dieser ständigen staatlichen Kontrolle fehlte es. Dass mit dem EEG und den intensiven staatlichen Vorgaben an die Übertragungsnetzbetreiber die vom Staat festgelegte Politik zur Unterstützung der Erzeuger von EEG-Strom unterstützt wird, reicht für sich allein nicht aus (Rn. 63).

Die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder können keiner Abgabe gleichgestellt werden. Im vom EuG benannten EuGH-Urteil Essent Network Noord (C-206/06) handelte es sich um eine einseitig per Gesetz auferlegte Belastung, die von den Verbrauchern zu bezahlen war (Rn. 68). Demgegenüber verpflichtet das EEG 2012 die Versorger nicht dazu, die aufgrund der EEG-Umlage gezahlten Beträge auf die Letztverbraucher abzuwälzen, auch wenn dies “in der Praxis” so erfolgt: Das allein genügt nicht (Rn. 70 f.).

Ist die Gleichstellung mit einer Abgabe nicht möglich, bedarf es staatlicher Verfügungsgewalt oder fortlaufender Kontrolle, um von staatlichen Mitteln sprechen zu können. Die gesetzlich vorgegebene ausschließliche Verwendung der Gelder aus der EEG-Umlage für die Förder- und Ausgleichsregelung zugunsten von Ökostrom legt die Verwendung schon eindeutig fest; der Staat kann gerade nicht anderweitig verfügen (Rn. 76). Die ständige staatliche Kontrolle betrifft nur den ordnungsgemäßen Vollzug des EEG, nicht die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder (Rn. 80).

Mit der Verneinung der Beihilfeeigenschaft entfällt zwar die Beihilfenkontrolle. Damit ist aber nicht etwa die Kontrolle der Ökostromförderung beendet. In anderen EU-Staaten, in denen der EuGH bzw. das EuG eine Beihilfe annahmen (Frankreich, Österreich), findet sie weiterhin statt. Und auch in Deutschland steht sie wieder bevor, wenn auch nicht auf beihilferechtlicher Grundlage. Damit sind auch nicht mehr die Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien einschlägig, an denen die Kommission die Genehmigungsentscheidung für das deutsche EEG ausgerichtet hat. Indes sind die dort enthaltenen Kernpunkte nunmehr in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2018/2001 (RED II) enthalten. Zudem schreibt die dieser Richtlinie an die Seite gestellte Governance-Verordnung (EU) 2018/1999 nationale Klima- und Energiepläne vor. Diese werden von der Kommission bewertet und mit “Empfehlungen” versehen.

Wesentlicher Bestandteil sind nationale Förderregeln. Damit wird die Ökostromförderung Bestandteil des EU-Sekundärrechts. Und dieses enthält klare Bedingungen. Dazu gehört die Setzung von Marktanreizen und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen. Das geht nur, wenn Förderungen erforderlich sind, wie das schon im Rahmen der Beihilfenkontrolle verlangt wurde (Kommission, Umweltschutz- und Energiebeihilferichtlinien 2014–2020, ABl. 2014 C 200/1, Rn. 27, 33, 108). Zudem werden in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie grundsätzlich getrennte Ausschreibungen für verschiedene erneuerbare Energieträger vorausgesetzt, wie sie die Kommission in ihrem Beschluss vom 20. 12. 2016 als Pilotprojekt verlangte.

Damit wird nur die beihilferechtliche durch eine energie- und umweltrechtliche Grundlage ausgetauscht. Tiefergehend wird in jedem Fall das Demokratieprinzip gewahrt, dessen Einhaltung für die Kommissionsleitlinien und ihre prägende Wirkung für die nationale Ökostromförderung in Zweifel gezogen worden war (Ludwigs, EuZW 2017, 41). Das Europäische Parlament hat sein Planmodell gegen das Marktmodell der Kommission in dem novellierten EU-Sekundärrecht maßgeblich durchgesetzt (s. Frenz, ER 2018, 152).

Im Ergebnis findet damit weiterhin eine Kontrolle der Ökostromförderung durch die Kommission statt, aber nicht nach Beihilferecht, sondern nach EU-Sekundärrecht zum Energie- und Umweltrecht (Klimaschutz). Diese materienbedingte Herangehensweise erscheint sachnäher. Letztlich liegen die grundsätzlichen Bedingungen jedoch nahe beieinander. Zwar bleibt das Ökostromfödermodell a priori erhalten, ist jedoch nicht unbegrenzt und vor allem durch die notwendige Marktintegration eingehegt. Diese Grenzen greifen unabhängig von der Reichweite des Beihilfenverbotes.

Daher hat die jetzige Verneinung des Beihilfecharakters der deutschen Ökostromförderung durch den EuGH weit weniger starke Konsequenzen als erhofft (von den Anhängern einer noch stärkeren Förderung) bzw. befürchtet (von den Anhängern des Marktmodells. Dogmatisch ist die Entscheidung durch den EuGH konsequent: Das Kontrollkriterium zur Bejahung der Beihilfeeigenschaft ist restriktiv zu handhaben, wenn nicht ganz aufzugeben (dafür Frenz, EWS 2014, 247). Das Urteil ermöglicht allerdings eine staatliche Festschreibung privater Bezuschussung ohne Beihilfenkontrolle. Diese offene Flanke bleibt wie schon nach der PreussenElektra-Entscheidung (Frenz, Hdb Europarecht 3, 2007, Rn. 570 ff.). Der EuGH hat demgegenüber die Notwendigkeit der staatlichen Zugriffsmöglichkeit auf die betroffenen Gelder betont (Rn. 73); die bloße Regulierung und Überwachung genügen nicht. Das Beihilfenverbot schützt nicht schon vor staatlicher Steuerung, sondern vor staatlich konkret beherrschten Finanztransfers.

Prof. Dr. Walter FrenzRWTH Aachen University

 
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