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Die neue EU-CSR-Richtlinie und ihr deutsches Umsetzungsgesetz zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen – Meilenstein oder Greenwashing?

Abbildung 1

Seit dem Erlass der EU-Richtlinie (2014/95/EU) über die Angabe nichtfinanzieller Informationen und ihrem deutschen Umsetzungsgesetz im Bilanzrecht vom 11. 4. 2017 (CSR-Umsetzungsgesetz) sind bestimmte große Unternehmen verpflichtet, zu Aspekten ihrer Corporate Social Responsibility (gesellschaftliche Unternehmensverantwortung, CSR) zu berichten. Die CSR-Richtlinie hat gemäß ihren Erwägungsgründen das Ziel, “das Vertrauen von Investoren und Verbrauchern zu stärken”, da “die Angabe nichtfinanzieller Informationen [. . .] nämlich ein wesentliches Element der Bewältigung des Übergangs zu einer nachhaltigen globalen Wirtschaft” ist.

Die Frage, ob die Richtlinie und ihre nationale Umsetzung diesen Zweck erfüllt oder es gründlicher Reformen oder gar weiterreichender Haftungsgesetze bedarf, wurde auf den 24. Würzburger Europarechtstagen diskutiert. Nach der hier vertretenen Auffassung können angesichts anhaltender Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen durch Tochterunternehmen und Zulieferer auch von deutschen Unternehmen sowohl die Richtlinie als auch die deutschen Bestimmungen allenfalls ein Anfang auf dem Weg zu effektiven rechtlichen Regelungen im Bereich CSR sein.

Ein kurzer Blick zurück: Die jüngere Geschichte von CSR geht zurück in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, als Medienberichte auf Kinderarbeit in Pakistan bei der Herstellung von Fußbällen aufmerksam machten. Unter dem Druck der Öffentlichkeit begann die Sportartikel- und Textilindustrie, sich so genannte Verhaltenskodizes für die Einhaltung von Menschenrechten und den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation zu geben. Andere Branchen folgten und es entstand eine Vielzahl von privaten Initiativen und Siegeln.

Gleichzeitig haben zivilgesellschaftliche Akteure wie Oxfam und die Kampagne für Saubere Kleidung immer wieder in zahlreichen Fallstudien zu beispielsweise Gesundheitsschäden durch Pestizide auf Ananasplantagen in Costa Rica in der Lieferkette deutscher Supermarktketten oder gar Toten bei Fabrikbränden trotz Zertifizierung der Textilfabriken die Unzulänglichkeit solch freiwilliger Maßnahmen aufgezeigt. Schon früh wurde die Forderung nach Offenlegungspflichten als erstem Schritt gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung sowie zivilrechtlichen Haftungsnormen für Menschenrechtsverstöße durch Tochter- und Zulieferunternehmen im Ausland laut.

In der Politik setzten die EU, aber auch die Mitgliedstaaten zunächst ausschließlich auf freiwillige Maßnahmen. Erst mit der in Folge der vom Menschenrechtsrat 2011 angenommenen UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) vorgelegten EU-CSR-Strategie (KOM(2011) 681 endg.) wurden Transparenz und verpflichtende Maßnahmen als zentrale Elemente gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung genannt.

So ist grundsätzlich zu begrüßen, dass mit der CSR-Richtlinie und ihrer nationalen Umsetzung gesetzliche Rahmenbedingungen für CSR geschaffen worden sind. Jedoch weisen sowohl die CSR-Richtlinie als auch das deutsche Umsetzungsgesetz viele Lücken auf, so dass der Mehrwert zumindest fraglich ist.

Die Mängel fangen beim Adressatenkreis an. Derzeit sind nur bestimmte große Unternehmen berichtspflichtig, die noch dazu kapitalmarktorientiert sein müssen. Das heißt, relevante Unternehmen gerade aus der Konsumgüterbranche sind nicht erfasst. Diejenigen, die berichten müssen, haben zudem bereits umfassende Nachhaltigkeitsberichte, so dass der Nutzen durchaus hinterfragt werden kann. Auch hat die mögliche Auswahl verschiedener Standards zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Berichtsformaten und -tiefen geführt, so dass eine Vergleichbarkeit nicht gegeben und damit der Nutzen für Anleger und Verbraucher gefährdet ist. Ein großes Manko ist auch, dass der deutsche Gesetzgeber die Nachhaltigkeitsangaben auf solche beschränkt hat, die auch für die Werthaltigkeit des Unternehmens relevant ist. Damit fallen Menschenrechtsverletzungen heraus, die nicht erkennbar zum Beispiel zu einer Rufschädigung und zu einem Wertverlust des Unternehmens führen.

Der Mehrwert der CSR-Richtlinie besteht jedoch einerseits darin, dass sich nun viel mehr Unternehmen diesem Thema widmen, und zwar auch solche, die nur indirekt durch ihre Abnehmer dazu aufgefordert werden, und dass andererseits eine Berichtspflicht in der Tat den Anfang für weiterreichende Regeln wie zivilrechtliche Haftung oder die Einführung eines Unternehmensstrafrechts sein könnte. In Frankreich liegt mit dem so genannten loi de vigilance bereits ein solches Gesetz vor, in der Schweiz steht es kurz vor der Annahme.

Dass neben Berichtspflichten solche weiterreichenden Gesetze notwendig sind, zeigt der Supermarktcheck von Oxfam, der 16 Supermarktketten aus den USA, England, den Niederlanden und Deutschland nach ihrer Menschenrechtspolitik auf der Grundlage internationaler Standards wie den UNGP bewertet hat. Das Ergebnis: Kein Unternehmen erfüllt bislang seine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht, hat also angemessene Maßnahmen, um Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette zu vermeiden. Deutsche Supermarktketten gehören sogar zu den Schlusslichtern.

Fazit: Die CSR-Richtlinie ist weder Meilenstein noch Greenwashing, jedoch ein Anfang sinnvoller staatlicher Regulierung im Bereich CSR.

Dr. Franziska HumbertReferentin Soziale Unternehmensverantwortung, Oxfam Deutschland e. V., Berlin

 
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