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CB 2024, I
Hagel/Wiedmann 

CB 2024, Heft 07, Umschlagteil S. I (I)

Laden BMWK, BMAS und BAFA zum Rechtsbruch ein?

„Die Haltung von Politik und Behörden ist unter Compliance-Gesichtspunkten desaströs.“

Der Deutsche Corporate Governance Kodex definiert Compliance als die in der Verantwortung des Vorstands liegende Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und unternehmensinternen Richtlinien. Dazu zählt auch das LkSG. Dieses gibt Unternehmen vor, jährlich, spätestens vier Monate nach Geschäftsjahresschluss, einen Bericht zu erstellen und diesen beim BAFA einzureichen. Unternehmensinterne Richtlinien enthalten häufig, zumeist im Verhaltenskodex, folgendes klares Unternehmensbekenntnis: „Wir halten uns an das geltende Recht!“ Das LkSG trat für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitende am 1. 1. 2023 in Kraft. Diese hatten ihren Bericht spätestens am 30. 4. 2024 zu erstellen, einzureichen und zu veröffentlichen, falls das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Am 29. 4. 2024, dem Vortag des Fristablaufs wurden die FAQ zum LkSG, die gemeinsam vom BMAS, dem BMWK und dem BAFA herausgegeben werden, in Frage XIII.2 dahingehend geändert, dass das BAFA eingereichte Berichte erst ab 1. 1. 2025 prüft. Die Pflicht der Unternehmen, einen Bericht zu erstellen, einzureichen und zu veröffentlichen, wird damit nicht geändert. Allerdings enthält die Antwort zu Frage XIII.2 folgenden Zusatz: „Auch wenn die Übermittlung eines Berichts an das BAFA und dessen Veröffentlichung nach dem LkSG bereits vor diesem Zeitpunkt fällig war, wird das BAFA die Überschreitung der Frist nicht sanktionieren, sofern der Bericht zum 31. 12. 2024 beim BAFA vorliegt.“ Auch diese Meldung kann man als rein informatorisch werten. Tatsächlich wird sie aber anders verstanden: „Berichte müssen erst bis Jahresende 2024 eingereicht werden.“ Zugegeben, aus Unternehmenssicht ist es verlockend, den umfangreichen Bericht verspätet einzureichen, wissend, dass eine Fristüberschreitung nicht geahndet wird. Zudem fällt es gesetzeskonformen Unternehmen schwer, den Bericht einzureichen und zugleich zu wissen, das BAFA prüft ihn sowieso nicht, obwohl es dazu gesetzlich verpflichtet ist.

Man fragt sich, warum die Ministerien und das BAFA Unternehmen in diese Entscheidungssituation gebracht haben.

Anfang des Jahres verhinderte die FDP die Zustimmung Deutschlands zur CS3D und trat eine öffentliche Diskussion zur generellen Erforderlichkeit der Richtlinie und zum Bürokratismus im Besonderen los. Die CS3D wurde dennoch in abgeschwächter Form verabschiedet, im Rückblick aber als Bürokratiemonster in Erinnerung bleiben. Um dem entgegenzuwirken, will die Bundesregierung eine parallele Berichtspflicht nach LkSG und CSRD verhindern. Im Referentenentwurf vom 22. 3. 2024 zur Umsetzung der CSRD wird daher die LkSG-Berichtspflicht bis 31. 12. 2024 ausgesetzt. Ab dem 1. 1. 2025 sollen Unternehmen ihre Berichtspflicht nach dem LkSG durch Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts gemäß CSRD erfüllen können. Da ein Referentenentwurf aber Unternehmen nicht von ihren Pflichten befreien kann, sehen nun die aktualisierten FAQ vor, dass das BAFA eingegangene Berichte erst ab 1. 1. 2025 prüfen wird. Zielvorstellung der Politik scheint die Bürokratieentlastung der Unternehmen zu sein. Dies ist zu begrüßen. Allerdings ist die Art und Weise und insbesondere die dahinterliegende Haltung unter Compliance-Gesichtspunkten desaströs. Die Ministerien und das BAFA scheinen davon auszugehen, dass Unternehmen Gesetze nur dann einhalten, wenn ihre Nichtbefolgung auch geahndet wird. Das widerspricht dem Grundgedanken der Compliance, wonach gilt: „Non-Compliance is not an option“. Gehen BMAS, BMWK und BAFA bei Frage XIII.2 hier mit schlechtem Beispiel voran und motivieren Unternehmen zum Rechtsbruch? Eine Bürokratieentlastung könnte auch durch die Reduzierung des BAFA-Fragenkatalogs auf das gesetzliche Minimum erfolgen. Dies wäre entlastend und gesetzeskonform zugleich.

Abbildung 1

Dr. Ulrich Hagel, Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator in Berlin.

Abbildung 2

Michael Wiedmann, Rechtsanwalt in Essen.

 
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