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Stahlschmidt 

Unternehmenssteuerreform – Ein Gesamtkonzept ist notwendig

Abbildung 1

Die Unternehmenssteuerbelastung ist zu hoch.

Nachdem es sehr lange still war um das Thema Unternehmenssteuern, nimmt es im politischen Betrieb scheinbar Fahrt auf. Die Bundesregierung hat das Wachstumschancengesetz im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht, um Impulse zu setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren. Geplant war eine Entlastung der Unternehmen von 7 Mrd. Euro, die sich zunächst im Laufe der parlamentarischen Beratung auf 6,2 Mrd. Euro verminderte. Wegen der Steuermindereinnahmen rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an. Das Volumen der Entlastung sank noch einmal auf ca. 3 Mrd. Euro. Dem Vernehmen nach soll in den Verhandlungen auf Arbeitsebene ein Durchbruch erzielt worden sein.

Gleichwohl ging zunächst der Bundeswirtschaftsminister in die Offensive und befand, dass “die Unternehmensbesteuerung in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sei”. Die Unternehmenssteuer müsse reformiert werden. Da die finanziellen Spielräume nicht vorhanden seien, solle ein “Sondervermögen zur Entlastung von Unternehmen” geschaffen werden. Auch der Bundesfinanzminister sieht es als notwendig an, die Unternehmen steuerlich zu entlasten. Er führte die Abschaffung des Solidaritätszuschlages in die Debatte ein. Der Vorteil sei, dass nur der Bund die steuerlichen Ausfälle zu schultern habe und nicht die Länder und Gemeinden. Der CDU-Chef Friedrich Merz schlug dagegen eine umfassende Unternehmenssteuerreform vor. Er sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei einem Steuersatz von ca. 25 % als gegeben an. Die Mindereinnahmen von ca. 20 bis 30 Mrd. Euro seien in Kauf zu nehmen, weil wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern zu mehr Wachstum und damit zu mehr Einnahmen führten. Klar sei aber auch, dass wenn alles so bliebe wie bisher, der Verlust an Unternehmen und Arbeitsplätzen und damit auch Steuern erheblich höher sei. Kritik folgte auf dem Fuße. So war aus der Ampelkoalition aus den Reihen von Bündnis 90 / Die Grünen zu hören, dass die Mindereinnahmen nicht gegenfinanziert seien und der “Wünsch-dir-was-Vorschlag” von Herrn Merz “in einem Maße unseriös sei, dass man an seiner Ernsthaftigkeit und Regierungsfähigkeit Zweifel haben müsse”. Die SPD will das Steuersystem umbauen, indem “die Steuerlast für Reiche” dringend steigen müsse. Ein Blick in den Koalitionsvertrag für die 19. Legislatur zeigt kein klares Konzept, wie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen durch die Steuer- und Finanzpolitik gesichert werden soll.

Die Studie des BDI bezüglich der steuerlichen Rahmenbedingungen von Unternehmen zeigt, dass Deutschland nicht zu den attraktivsten Standorten gehört. Andere Länder, mit denen Deutschland im Wettbewerb steht, senken Unternehmenssteuern und verbessern die Investitionsbedingungen für Unternehmen. Die Unternehmen in Deutschland werden von verschiedenen Seiten mit Belastungen konfrontiert, allesamt Standortnachteile. So leiden Unternehmen nicht nur unter einer hohen Steuerlast, sondern auch unter den hohen Energiekosten. Erste Meldungen von Stellenabbau lassen aufhorchen: Miele 2 700 Stellen, stattdessen Investition in Polen; ZF Friedrichshafen 12 000 Stellen, dafür Stellenaufbau in Amerika; Ritzenhof, deutlicher Stellenabbau wegen Insolvenz. Klar ist, dass mit jedem Arbeitsplatzverlust Steuereinnahmen und Beitragseinnahmen in der Sozialversicherung fehlen und möglicherweise Transfereinnahmen anfallen. Auch ist fraglich, ob in einem neuen Beschäftigungsverhältnis derselbe Lohn verdient wird wie in dem verlorenen. Im Hinblick auf diese Folgewirkungen ist es zu kurz gegriffen, nur auf die Steuermindereinnahmen durch eine Unternehmenssteuerreform abzustellen.

Aber den Unternehmen droht noch von anderer Stelle Ungemach, nämlich durch die Besonderheit des deutschen Unternehmenssteuersystems der Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer, die mittlerweile einen Hauptteil der Unternehmensbesteuerung ausmacht, ist dem Einflussbereich der Bundespolitik im Wesentlichen entzogen. Treiber der Gewerbesteuer ist bekanntermaßen der Gewerbesteuerhebesatz, der in der Autonomie der Gemeinden steht. Da diese finanziell auch mit dem Rücken zur Wand stehen, ist eher mit steigenden als mit sinkenden Hebesätzen zu rechnen. Für die Gemeinden ist die Gewerbesteuer die Haupteinnahmequelle.

All diese Einzelheiten zeigen, dass punktuelle Maßnahmen kaum erfolgsversprechend sein werden. Notwendig ist ein Gesamtkonzept. Die letzte umfassende Unternehmenssteuerreform liegt immerhin fast 15 Jahre zurück. Nach Untersuchungen des ZEW Mannheim betrug die effektive Steuerbelastung von Unternehmen in Deutschland 2022 im Durchschnitt 28,8 %, während der EU-Durchschnitt bei 18,8 % lag. Seit der Unternehmenssteuerreform 2008 sei der Abstand nie größer gewesen. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf. Ob die Politik die Kraft finden wird, dieses Problem zu lösen? Zweifel sind angebracht.

Prof. Dr. iur. Michael Stahlschmidt lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen, Controlling und Compliance und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Schriftleiter Der Steuerberater.

 
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