Stärkung des Finanzplatzes durch neues Investmentgesetz
Mehr Spielraum für Produktinnovationen
Investmentgesellschaften haben heute eine so gewichtige Marktstellung erlangt, dass die Zukunft des deutschen Finanzplatzes maßgeblich von seiner Attraktivität für Fondsgesellschaften bestimmt wird. Verzögerte Anpassungen an internationale Produktinnovationen und relativ lange Genehmigungsverfahren haben in der Vergangenheit zu einer massiven Verlagerung von Fondsvermögen ins Ausland und insbesondere in die Schweiz, nach Luxemburg und nach Irland geführt. Dies ist umso schmerzlicher, als viele dieser Fonds mit deutschem Kapital aufgebaut wurden. Der jetzt vom Bundesfinanzministerium vorgelegte Gesetzentwurf zum Investmentrecht stellt einen wichtigen Schritt zur Internationalisierung und zur Liberalisierung des Finanzplatzes dar. Gesetzlich festgelegte Fristen zur Genehmigungsdauer bei der Auflegung neuer Produkte signalisieren nach den Erfahrungen der Vergangenheit ein nachhaltiges Umdenken. Gleiches gilt für die traditionelle Zuordnung der Investmentgesellschaft zu den Kreditinstituten. Diese deutsch-österreichische Sonderkonstruktion mag sich in der Vergangenheit bewährt haben, sie verschreckt aber internationale Gesellschaften.
Auch mit seinen weiteren Liberalisierungsmaßnahmen beweist das Finanzministerium eine glückliche Hand. So erhalten Hedgefonds und Investment-Aktiengesellschaften bessere Bedingungen der Kapitalakquisition. Es werden so genannte “Sonstige Sondervermögen” geschaffen, mit denen Produktinnovationen wesentlich schneller im deutschen Markt eingeführt werden können. Meldepflichten werden abgebaut und durch Vorausgenehmigungen für gleichartige Produktgruppen werden neben Kostenreduktionen Zeitgewinne bei der Zulassung erzielt. Mit dem Gesetzentwurf wird auch auf die Schließung von drei offenen Immobilienfonds reagiert, die dem Ansehen dieser Sparform hohen Schaden zugefügt haben. Anzumerken ist dabei, dass erst mit Einführung von REITs (vgl. dazu Schroeder, BB 5/2007, Die erste Seite) dem bewertungsbedingten Liquiditätsproblem von Immobilienportfolios in ausreichender Form Rechnung getragen wird. Durch die Schaffung von Infrastrukturfonds bzw. ÖPP-Fonds (Öffentlich-Private-Partnerschaften) wird schließlich die Fondsbranche in die Finanzierung von Projekten für das Gemeinwohl einbezogen. Durch effizientere Finanzierung können dabei Haushaltsmittel eingespart werden.
Liberalisierung und Anlegerschutz kein Widerspruch
Besonders zu begrüßen ist, dass die vorgesehenen Liberalisierungsmaßnahmen nicht zu Lasten von Anlegerinteressen vorgenommen werden. Der Arbeitskreis Corporate Governance für Asset Management-Gesellschaften hat für die Geschäftsleitung, die Mitarbeiter, den Aufsichtsrat und die sonstigen Gremien von Asset-Management-Gesellschaften einen Kodex zur Vermeidung von Interessenkonflikten bei der Verwaltung der ihnen anvertrauten Mittel erarbeitet (vgl. dazu auch Gerke, BB 21/2005, Die erste Seite). Großen Wert legt der Arbeitskreis auf die unabhängige Kontrollfunktion des Aufsichtsrates. Seine Zusammensetzung soll die Wahrung der Interessen der Anleger unterstützen. Zu diesem Zweck soll dem Aufsichtsrat eine angemessene Zahl, mindestens jedoch ein Mitglied angehören, das von Eigentümern, mit ihnen verbundenen Unternehmen und Geschäftspartnern der Gesellschaft unabhängig ist. Der Gesetzentwurf sieht ebenfalls einen unabhängigen Anlegervertreter im Aufsichtsrat vor und sorgt damit für eine Annäherung der Corporate Governance der in Deutschland zugelassenen Investmentgesellschaften an internationale Usancen. In den USA sind die Boards der Investment Companies mindestens mehrheitlich mit unabhängigen “Directors” zu besetzen. Insofern stellt die vorgesehene gesetzliche Regelung eine Minimallösung zur Berücksichtigung von Anlegerinteressen dar. Besser wäre es, mindestens ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder aus dem Kreis unabhängiger Anlegervertreter zu rekrutieren. Außerdem könnte mit der Einrichtung eines unabhängig besetzten Prüfungsausschusses der Anlegerschutz ausgeweitet werden. Einer Ausrichtung an internationalen Corporate-Governance-Gepflogenheiten dient auch die Wahl konzernfremder Depotbanken. Indem die Depotbank und Kapitalanlagegesellschaften nicht demselben Konzern angehören, wird nach innen und außen das Vermeiden von Interessenskonflikten signalisiert. Voll im Sinne eines verbesserten Anlegerschutzes liegt die Veröffentlichungspflicht einer Transaktionskostenquote. Viele Anleger folgen der irrigen Ansicht, mit der Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio) über ausreichende Kostentransparenz zu verfügen. Oftmals übersehen sie dabei, dass durch die Vermögensumschichtungen der Fondsmanager hohe Transaktionskosten entstehen können. Aus Anlegersicht wäre statt der vorgesehenen Soll-Vorschrift eine Veröffentlichungspflicht wünschenswert gewesen.
Insgesamt ist dem Finanzministerium zu bescheinigen, dass es mit dem Entwurf zum Investmentgesetz einen ausgewogenen Weg zwischen Anlegerschutz und Marktliberalisierung gefunden hat.
Professor Dr. Wolfgang Gerke, Bayerisches Finanz Zentrum e. V., München