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BB 2024, I
Steinmüller 

RefE Fondsmarktstärkungsgesetz und RefE Zukunftsfinanzierungsgesetz II: Kommt jetzt der Durchbruch für den Investitionsstandort Deutschland?

Abbildung 1

Die aktuellen Entwürfe bringen gute Impulse zur Mobilisierung von privatem Kapital, der Standort benötigt aber insgesamt noch einen konsistenteren und verlässlicheren Rechtsrahmen.

Es ist nichts Neues, dass Deutschland und Europa Investitionen in Wachstum und Transformation benötigen. Die Mobilisierung privaten Kapitals aus dem Pensions- und Versicherungsbereich sowie auch von Retail-Anlegern wurde längst als bedeutsame Finanzierungsquelle identifiziert. Investmentfonds kommt eine wichtige Funktion als Schnittstelle zwischen Unternehmen mit Finanzierungsbedarf einerseits und Anlagevermögen andererseits zu. Trotz seiner hohen Anlagevermögen ist Deutschland als Fondsstandort nur bedingt attraktiv. So gelten vergleichsweise strenge Produktregeln, und Fondsanbieter und -anleger haben mit Rechtsunsicherheiten zu kämpfen. Der Gesetzgeber hat sicher dieser Themen bisher eher zaghaft angenommen. Dahinter steht nicht zuletzt die Angst vor Steuerausfällen, wie das jahrelange Gezerre um die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentfonds zeigt, das Anfang des Jahres mit der nunmehr umfassenden Befreiung durch das (erste) Zukunftsfinanzierungsgesetz (BGBl. I 2023, Nr. 354 vom 14.12.2023) ein vorläufiges Ende gefunden hat.

Mit dem zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz, dessen Referentenentwurf (RefE) seit August vorliegt (abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_
Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_
VII/20_
Legislaturperiode/2024-08-27-ZuFinG-II/2-Referentenentwurf.pdf?_
_
blob=publicationFile&v=3, Abruf: 16.9.2024), sollen u. a. die rechtlichen Bedingungen für Investitionen von Investmentfonds in Infrastruktur und erneuerbare Energien verbessert werden (s. dazu auch Walter/Mehrgardt, RdF 2024, 220 ff.). Hierzu sollen die Investitionsmöglichkeiten offener Immobilienfonds erweitert werden, indem diese in größerem Umfang als bisher in Photovoltaik oder Ladeeinrichtungen für E-Mobilität oder andere Infrastrukturanlagen investieren dürfen, ohne aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu verletzen oder ihren steuerlichen Status zu verlieren. Hervorzuheben ist auch die Anpassung der für steuerlich semitransparente Spezialfonds geltenden Produktregeln, die Beteiligungen an geschlossenen Fonds umfassend erlauben sollen. Auch eine weitere steuerliche Maßnahme geht nun in die richtige Richtung: Das Bundesfinanzministerium hat sich gegen eine umfassende Steuerbelastung von Investmentfonds bei Beteiligungen an gewerblichen Personengesellschaften entschieden. Betroffen gewesen wären viele Spezialfonds, die institutionelle Investoren in Deutschland häufig nutzen. Für eigentlich steuerbefreite Versorgungseinrichtungen, aber auch für steuerpflichtige Anleger, die auf diese Weise steuerlich doppelt belastet worden wären, hätte dies ein Investitionshindernis dargestellt, obwohl der Gesetzgeber sich gerade von ihnen erhebliche Finanzierungsbeiträge verspricht. Der nun vorgelegte Entwurf erlaubt es Investmentfonds, sich an vermögensverwaltenden Personengesellschaften zu beteiligen, ohne eine zusätzliche Besteuerung auszulösen. Dies gilt auch für Beteiligungen an Gesellschaften, die kraft Prägung oder Infektion gewerblich sind, wie dies insbesondere bei Dachfonds häufig der Fall ist. Aber auch die damit in den Vordergrund rückende Frage, inwieweit – wie international üblich – als Personengesellschaften strukturierte geschlossene Fonds vermögensverwaltend (und nicht gewerblich) tätig sind, muss dringend einer Klärung zugeführt werden, die für Initiatoren und Investoren handhabbar und verlässlich ist (s. dazu auch Duttiné/Koschmieder, RdF 2024, 212 ff.). Hier liegt bisher ein entscheidender Standortnachteil für Fonds in Deutschland.

Ein weiteres im Sommer auf den Weg gebrachtes Legislativprojekt dient vorrangig der Umsetzung der Überarbeitung der europaweiten Regeln für sog. Alternative Investmentfonds (AIF): Der RefE Fondsmarktstärkungsgesetz (abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/20_Legislaturperiode/2024-08-05-Fondsmarktstaerkungsgesetz/1-Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Abruf: 16.9.2024) sieht neben einer Eins-zu-eins-Umsetzung der entsprechenden auch unter dem Stichwort “AIFMD II” bekannten Änderungsrichtlinie nun auch die Möglichkeit vor, geschlossene Publikumsfonds in der Rechtsform eines Sondervermögens zu errichten. Während das Sondervermögen bei offenen Fonds eine in Deutschland seit Jahrzehnten gängige Rechtsform ist, wurde sie für geschlossene Fonds zuvor erst vor wenigen Jahren für den Bereich der professionellen Kapitalanlage eingeführt. Die Ausweitung auf den Retail-Bereich ist insoweit zu begrüßen, als sie Privatanlegern die Möglichkeit gibt, in ein Anlageprodukt zu investieren, das ohne die steuerliche Komplexität der Beteiligung an einer Personengesellschaft auskommt. Von den europarechtlich vorgegebenen Änderungen ist die Einführung einheitlicher Regeln für die Kreditvergabe durch Investmentfonds sowie für das Liquiditätsmanagement offener Fonds hervorzuheben, die einerseits in illiquide Anlagen investieren, andererseits aber zur Rücknahme von Anteilen auf Verlangen der Anleger verpflichtet sind. Hier ist es mit einer Änderung der Bestimmungen für die entsprechenden Fondsprodukte nicht getan. Vielmehr bedarf es auch einer Anpassung der für regulierte Investoren geltenden Bestimmungen, wie z. B. der für die Kapitalanlagen von Pensionskassen geltenden Anlageverordnung. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber möglichst auch insoweit schnell verlässlichere und konsistente Rahmenbedingungen schafft.

Dr. Jens Steinmüller, LL.M. (Boston University), RA, ist Partner bei POELLATH in Berlin und Co-Leiter des Fachbereichs Investmentfonds. Zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit gehört die rechtliche und steuerliche Beratung von Initiatoren und Managern von alternativen Investmentfonds (z. B. in den Bereichen Private Equity/Debt, Infrastruktur, Erneuerbare Energien und Immobilien) sowie Verwaltungsgesellschaften, Intermediären und Investoren im Zusammenhang mit der Kapitalanlage institutioneller Anleger und Family Offices. Er ist u. a. Mitglied des Beirats der Zeitschrift “Recht der Finanzinstrumente” (RdF).

 
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