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BB 2025, 277
 

Im Blickpunkt

Abbildung 6

Kaum eine Gesetzesänderung hat so viel Unruhe erzeugt und wurde von solch einem großen Versprechen begleitet wie die Reform der Grundsteuer. So erklärte der damalige Bundesfinanzminister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz am 23.5.2019: “Ich versichere Ihnen, dass es nicht zu einem höheren Steueraufkommen kommen wird.” Wenn auch von Anfang an Zweifel an dieser Aussage bestehen mussten, scheinen sich diese nun zu bewahrheiten. Im Hinblick auf die Tatsache, dass niemand auch nur annähernd die neuen Hebesätze der Kommunen vorhersagen konnte, war dies ein kühnes Versprechen. Schon früh kamen Zweifel am sog. Bundesmodell auf. Die Typisierung der durchschnittlichen Miete, die dazu führt, dass Bürger mit einer tatsächlich geringeren Miethöhe als die durchschnittliche Miete genauso viel Grundsteuer zahlen müssen wie Bürger, bei denen die tatsächliche Miete der durchschnittlichen Miete entspricht oder gar höher ist, steht in der Kritik. Dies zumal der Nachweis einer niedrigen Miete nicht vorgesehen ist. Auch der Rückgriff auf die Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse wird kritisiert, da diese von unterschiedlicher Qualität sein sollen. Die Zweifel am Bundesmodell haben zu einer Flut an Einsprüchen gegen die Grundsteuerwertbescheide geführt, deren Abarbeitung noch nicht beendet ist. Inzwischen hat die Grundsteuer auch die Finanzgerichte und den BFH erreicht. Während das FG Rheinland-Pfalz Zweifel an der neuen Grundsteuer äußert, kommen das FG Köln und das FG Berlin-Brandenburg zum gegenteiligen Ergebnis. Auch der BFH hat wohl offensichtlich ähnliche Zweifel wie das FG Rheinland-Pfalz. Es bestehen somit Bedenken, “dass die Regelungen des Bewertungsgesetzes überhaupt geeignet seien, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu erreichen”, so das FG Rheinland-Pfalz (vom 23.11.2023 – 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23). Nun stehen der Erlass und die Bekanntgabe der Grundsteuerbescheide bevor. Weiteres steuerliches Chaos, dieses Mal auf kommunaler Ebene, ist vorprogrammiert.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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