Im Blickpunkt
Nach jüngsten Angaben aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) sind aufgrund des Krieges in der Ukraine bisher rund 160 000 Geflüchtete nach Deutschland gekommen, um Schutz zu suchen. Was ist aufenthalts- und arbeitsrechtlich grundlegend zu beachten? Ukrainische Staatsangehörige dürfen grundsätzlich visumfrei nach Deutschland einreisen. Die Einreisenden benötigen im Allgemeinen einen biometrischen Reisepass. Nach der Einreise dürfen sie sich für 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen in Deutschland aufhalten. Der Aufenthalt kann auf Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde am Aufenthaltsort in Form einer Aufenthaltserlaubnis um weitere 90 Tage verlängert werden. Das BMI hat mit der Verordnung zur vorübergehenden Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels von anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen (Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung – UkraineAufenthÜV) vom 7.3.2022 eine Rechtsverordnung erlassen, mit der aus der Ukraine Vertriebene im Bundesgebiet vorübergehend vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit werden, um ihnen so die Zeit für die Einholung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet zu geben. Die Verordnung ist am 9.3.2022 in Kraft getreten und rückwirkend zum 24.2.2022 anwendbar, jedoch derweil bis zum 23.5.2022 befristet. Es kann aber auch schon jetzt eine länger gültige Aufenthaltserlaubnis auf Grundlage des vereinfachten Verfahrens für Flüchtende aus der Ukraine gemäß § 24 AufenthG beantragt werden. In der Regel ist hierfür die Ausländerbehörde zu kontaktieren, in deren Zuständigkeit eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Während des visumfreien Aufenthalts ist eine Erwerbstätigkeit in Deutschland nicht gestattet. Die Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz beinhaltet grundsätzlich keine Arbeitserlaubnis. Es bedarf einer gesonderten Erlaubnis zur unselbstständigen Beschäftigung, die von der Ausländerbehörde erteilt wird. Für einen längeren Aufenthalt benötigen die Betroffenen grundsätzlich einen Aufenthaltstitel und für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit einen Aufenthaltstitel, der ihnen die gewünschte Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt. Der Europäische Rat hat am 4.3.2022 den erforderlichen Beschluss zur Aufnahme von Vertriebenen nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20.7.2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes getroffen. Dieser ist am gleichen Tag in Kraft getreten. Daraus folgt, dass die EU grundsätzlich ein unkompliziertes und unbürokratisches Verfahren zur Aufnahme von Personen, die durch den Krieg in der Ukraine vertrieben worden sind, umsetzen wird. Den vorübergehenden Schutz können insbesondere in Anspruch nehmen: Staatsangehörige der Ukraine, die vor dem 24.2.2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten, Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine oder die vor dem 24.2.2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben und Familienangehörige der vorgenannten Personengruppen. Mit Blick auf die Corona-Pandemie gilt zum jetzigen Zeitpunkt, dass die Ukraine seit dem 27.2.2022 nicht mehr als Hochrisikogebiet eingestuft wird. Demnach besteht nach der Coronavirus-Einreiseverordnung nur eine allgemeine Testpflicht vor der Einreise, aber kein Quarantäne- und Anmeldeerfordernis mehr.
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht