Im Blickpunkt
Eine Reform der Unternehmensbesteuerung hat es seit 2007 in Deutschland nicht mehr gegeben. Andere Länder sind in dieser Hinsicht aktiver. So ist in den USA die Bundeskörperschaftsteuer von 35 % auf 21 % gesenkt worden. Diese Reform ist nicht gänzlich ohne Reaktion anderer Staaten geblieben. Großbritannien senkte den Körperschaftsteuersatz auf 19 % und auch aus Schweden, Belgien und Frankreich gibt es Signale zu Reformen. Was aber passiert in Deutschland? Zunächst ist festzustellen, dass im aktuellen Koalitionsvertrag keine Unternehmenssteuerreform enthalten ist. Es finden sich lediglich Ausführungen zur vorgesehenen gemeinsamen Rahmensetzung für Unternehmenssteuern in Europa und der deutsch-französischen Initiative zur gemeinsamen Bemessungsgrundlage und zu den Mindeststeuersätzen. Dahinter verbergen sich aber im Wesentlichen die Verhandlungen auf EU-Ebene, die nun bereits seit 17 Jahren andauern, um die Einführung einer gemeinsamen (konsolidierten) körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu beschließen. Daher ließen die Pressemitteilungen zum Jahresende 2019 aufhorchen, nach denen unterschiedliche Bundesministerien an Reformvorschlägen für die Besteuerung von Unternehmen arbeiten sollten. Peter Altmeier als Bundesminister für Wirtschaft und Energie identifizierte vier Kernelemente für eine Unternehmenssteuerreform (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/0-9/4-kernelemente-fuer-eine-umfassende-unternehmenssteuerreform.pdf?__blob=publicationFile). Auch Olaf Scholz als Bundesminister der Finanzen solle nach Berichten des “Handelsblatt” an einem Unternehmensstärkungsgesetz arbeiten (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/finanzministerium-scholz-arbeitet-an-geheimplan-fuer-eine-unternehmensteuerreform/25227306.html?ticket=ST-32940151-nPOkQpbQV7qqtNsHV9ke-ap1). Selbst Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel habe bei den Unternehmenssteuern Handlungsbedarf identifiziert (www.stern.de/wirtschaft/news/mehr-entlastungen-fuer-firmen–merkel-sieht-handlungsbedarf-bei-unternehmenssteuern-8998156.html). Die Berichterstattung erweckte den Eindruck, es passiere etwas. Umso ernüchternder ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 19/16665 v. 21.1.2020). Danach wird im Bundesfinanzministerium an keinem Entwurf eines sog. Unternehmensstärkungsgesetzes gearbeitet. Es heißt dort lapidar: “Ungeachtet dessen prüft die Bundesregierung laufend den Bedarf für Änderungen im Bereich der Unternehmensbesteuerung.” Ermutigende Nachrichten sehen anders aus.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht