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BB 2023, 917
 

Im Blickpunkt

Abbildung 9

Bundeskanzler Olaf Scholz kann die Warburg/Cum-Ex-Thematik noch nicht zu den Akten legen. Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag in den Bundestag eingebracht, damit dieser einen zweiten Untersuchungsausschuss einsetzt, um die Umstände der Steueraffäre der Hamburger Warburg-Bank im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Steuergestaltungen zu untersuchen. Unter Anwendung von Bundesrecht sollen die Rückforderungen unberechtigter Kapitalertragsteuererstattungen der Warburg-Bank im Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltung Hamburg seit dem 1.1.2011 aufgeklärt werden. Prüfungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Warburg-Bank sollen im Fokus stehen. Welche Stellen in Hamburg und im Bund tragen die politische Verantwortung? Im Mittelpunkt steht der damalige Erste Bürgermeister, spätere Bundesfinanzminister und jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz. Besonders die Frage, ob Hamburg im Jahr 2016 das einzige Bundesland war, welches die Rückforderungen von zu Unrecht erhaltenen Kapitalertragsteuererstattungen aus Cum-Ex-Geschäften verjähren lassen wollte und was die Gründe dafür waren, steht im Mittelpunkt. Geklärt werden soll auch, ob sich Hamburg 2017 erst durch das BMF zu einer Geltendmachung veranlasst sah und aus welchem Anlass das Ministerium tätig wurde. Dabei geht es um die Kontakte zwischen Vertretern der Warburg-Bank und dem damaligen Bürgermeister Scholz, dem damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) sowie weiteren Bediensteten der Freien und Hansestadt Hamburg. Auch die Kontakte des damaligen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und des früheren Innensenators Alfons Pawelczyk (SPD) mit dem Steuerfall Warburg sollen Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein. Ferner geht es um Spenden und Zuwendungen der Warburg-Bank und mit ihr verbundenen Unternehmen oder Gesellschaften an die Hamburger Regierungsparteien. Dem Bundesfinanzminister wird vorgehalten, dass er sich am 1.7.2020 in einer Aussage vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags konkret an ein Treffen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Miteigentümer der Warburg-Bank, Christian Olearius, am 10.11.2017 habe erinnern können. Dies stünde so im Sitzungsprotokoll. Am 9.9.2020 im Finanzausschuss des Bundestags und am 30.4.2021 im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft habe sich Scholz nicht mehr an das Treffen erinnert. Die CDU/CSU-Fraktion fragt nun, ob dieser “rasante und umfassende Gedächtnisverlust des Bundeskanzlers” einen “tatsächlichen oder taktischen Erinnerungsverlust” darstelle, und ob Scholz der Öffentlichkeit, den Abgeordneten des Bundestags und denen der Hamburger Bürgerschaft die Wahrheit gesagt habe. Spannende Fragen und interessante Zeiten.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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