Im Blickpunkt
Die Bundesregierung hat mit BT-Drs. 19/23735 ihre Sicht zu den Auswirkungen internationaler Steuerreformen dargelegt. Aus dieser geht hervor, dass während der 19. Legislatur die Mitgliedstaaten der EU Belgien, Luxemburg, Frankreich, Griechenland und Schweden die Gewinnsteuern für Unternehmen gesenkt haben. Die nominalen kombinierten Gewinnsteuersätze betrugen im OECD-Durchschnitt 2020 23,51 %. Deutschland liegt mit 29,9 % erheblich darüber. Der Deutsche Gewinnsteuersatz ist unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatzes berechnet worden. Nach der OECD-Methodik “Tax Policy Reforms 2020” liegen nur Frankreich (32,02 %), Portugal (31,5 %), Argentinien, Mexiko und Australien (je 30 %) über dem für Deutschland ermittelten Wert, d. h. Deutschland belegt immerhin Tabellenplatz 6. Zu der Frage, ob Steuersätze Anreize schaffen, Gewinne und Investitionen von international agierenden Unternehmen in Staaten mit niedrigeren Gewinnsteuersätzen zu verlagern, liegen der Bundesregierung keine empirisch fundierten und allgemeingültigen Erkenntnisse vor, lediglich derartige “Einschätzungen, auch aus der Wissenschaft”. Wird nicht den sog. GAFA-Konzernen ein derartiges Verhalten vorgeworfen und soll dies nicht mit einer globalen Digitalsteuer bekämpft werden? Sollte es sein, dass ein derartiges Projekt lediglich auf Einschätzungen beruht und dafür keinerlei “empirisch fundierte allgemeingültige Erkenntnisse” zur Verfügung stünden?
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht