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BB 2019, I
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Brexit-Steuerbegleitgesetz – Vorbereitungen für den Worst Case

Abbildung 1

Auch kurz vor Ablauf der Zweijahresfrist nach Mitteilung des Vereinigten Königreichs über seine Absicht zum Austritt aus der EU herrscht noch Unklarheit über das künftige Miteinander. Der deutsche Gesetzgeber hat ein Bündel an nationalen Maßnahmen ergriffen, die gerade auch die Herausforderungen eines ungeregelten Austritts ohne Abkommen auf europäischer Ebene bewältigen sollen. Hierzu gehört das Brexit-Steuerbegleitgesetz (Brexit-StBG), das am 29. März 2019 als Tag des ursprünglichen Fristablaufs in Kraft treten wird. Die einzelnen Übergangsregeln sind dabei weitgehend so formuliert, dass auf einen abstrakten Zeitpunkt des Austritts Bezug genommen wird. Sofern auch nach einer Fristverlängerung kein Abkommen auf europäischer Ebene geschlossen sein wird, kommen die Regeln also weiterhin zum Tragen.

Das Brexit-StBG umfasst steuerliche und finanzmarktrechtliche Regelungen. Zusammen bringt beide Materien der mögliche Wandel des Vereinigten Königreichs von einem Mitglied- zu einem Drittstaat: Bislang führt das europäische Primär- und Sekundärrecht bei unionalen Sachverhalten jeweils zu günstigeren Rechtsfolgen. Durch das Gesetz sollen unerwünschte negative Folgen des Wandels vermieden werden.

Steuerliche Regelungen

In steuerlicher Hinsicht geht es dabei um wenige spezielle Regelungen, welche den Verbleib der Ansässigkeit von Individuen oder Gesellschaften bzw. von Wirtschaftsgütern innerhalb der Union für die Gewährung steuerlicher Vorteile verlangen. Wer beispielsweise in das Vereinigte Königreich verzogen ist, bekam auf Antrag seine “Wegzugssteuer” gestundet; diese Stundung ist jedoch bei Beendigung der Steuerpflicht innerhalb der EU zu widerrufen. Hier greift nun das Brexit-Steuerbegleitgesetz zu Gunsten des Weggezogenen ein. Ein steuerlich schädliches Ereignis ausgelöst allein durch den Brexit soll vermieden werden.

Regulatorisches Übergangsregime

In aufsichtsrechtlicher Hinsicht sieht das Gesetz Regelungen zum Marktzugang von Finanzmarktakteuren aus dem Vereinigten Königreich vor, die bislang vom System des Europäischen Passes profitieren. Die Begründung des Regierungsentwurfs stellt dabei auf Schutz und Interessen des deutschen Marktes und der inländischen Geschäftspartner ab; eher als Reflex werden hierzu den britischen Instituten gewisse Erleichterungen gewährt.

Entsprechend erweist sich denn auch der Kern des regulatorischen Übergangsregimes bei genauerem Hinsehen als limitiert. Zwar kann die BaFin für die bei Austritt unter EU-Pass operierenden Akteure wie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherer anordnen, dass die bislang geltenden Vorschriften zum Marktzugang für einen Zeitraum von bis zu 21 Monaten ab Austrittszeitpunkt ganz oder teilweise fortgelten. Wird damit eine Erfüllung und Abwicklung des Bestandsgeschäfts ermöglicht, so soll gleichzeitig aber Neugeschäft nur in engem Rahmen erlaubt sein: Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der britischen Unternehmen müssen in einem “engen Zusammenhang” mit zum Zeitpunkt des Austritts bestehenden Verträgen stehen; bei Versicherungen ist die Übergangsregelung gleich auf die bloße Abwicklung der bis zum Austritt abgeschlossenen Versicherungsverträge beschränkt.

Spezialregelung zum Eigengeschäft

Die allgemeinen Übergangsfristen würden dementsprechend auch zu einer Beendigung fortgesetzter regulierter Handelstätigkeiten durch britische Unternehmen etwa an deutschen Handelsplätzen führen. In seiner angenommenen Fassung greift das Gesetz aber zusätzlich eine bestehende Übergangsregelung auf. Als Folge wird Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich die Möglichkeit eröffnet, innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt des Austritts einen Freistellungsantrag bei der BaFin zu stellen. Ist der Antrag vollständig, so gilt dann rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Austritts eine entsprechende Freistellung nach § 2 Abs. 5 KWG als vorläufig erteilt. Zu beachten ist, dass diese Befreiung nur das “Eigengeschäft” ermöglicht, also die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die nicht als Dienstleistung für andere erfolgen. Die Tätigkeit als Market Maker, die systematische Internalisierung und der Hochfrequenzhandel werden daher nicht auf die zusätzliche Maßnahme gestützt werden können.

Sonstiges

Nicht von den Regelungen des Brexit-StBG zum Marktzugang erfasst sind zudem die unselbstständigen britischen Zweigniederlassungen deutscher und europäischer Institute. Dienstleistungen aus den Londoner Zweigniederlassungen der europäischen Institute zurück an Kunden in der EU (sog. “Back-branching”) sind Gegenstand allgemeiner Debatte. Die europäischen Aufsichtsbehörden haben sich bislang kritisch gegenüber derartigen Diensten geäußert.

Weitere Vorschriften des Brexit-StBG beschäftigen sich mit Anlagen in Vermögensgegenstände im Vereinigten Königreich, etwa als Deckungswerte für Pfandbriefe. Zudem wird der Kündigungsschutz für sog. Risikoträger gelockert – eine Maßnahme, bei der sicherlich auch die Stärkung der Attraktivität des Finanzstandortes Frankfurt a. M. für britische Banken eine Rolle gespielt haben dürfte.

Insgesamt würde das Brexit-StBG in einer historisch singulären Situation zu spürbaren, aber keineswegs allumfassenden Erleichterungen führen. Vor allem aber greifen die Marktzugangsregeln des Brexit-StBG nur im Fall eines Austritts ohne Abkommen auf europäischer Ebene. Trotz aller nationalen Vorsorgemaßnahmen wie dem Brexit-StBG wird daher letztlich die entscheidende Frage sein, ob es zu einem solchen Worst Case kommt.

Dr. Michael Born, RA, ist Of Counsel in der Bank- und Kapitalmarktrechtspraxis von Norton Rose Fulbright in Frankfurt a. M. Er berät umfassend zu Fragen der Finanzmarktregulierung, insbesondere zum Marktzugang im Zusammenhang mit dem Brexit.

 
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